Eishockey

NHL: Leon Draisaitl, der ungekrönte Nowitzki des Eishockeys

Kommentar zum geplatzten Stanley-Cup-Traum der Oilers

Draisaitl, der ungekrönte Nowitzki des Eishockeys

Erzielte zehn Tore und sammelte 21 Assists in den Playoffs: Leon Draisaitl.

Erzielte zehn Tore und sammelte 21 Assists in den Playoffs: Leon Draisaitl. imago images

Man muss sich das einmal vorstellen: 107 Spiele lang haben die Edmonton Oilers in dieser Saison um den Stanley Cup gekämpft. Und dann fehlt im entscheidenden siebten Spiel der Finalserie bei den Florida Panthers ein Tor zum Triumph, das Glück in einem umkämpften, ausgeglichenen Spiel. Das Team von Leon Draisaitl überwand den schlechtesten Saisonstart seiner Franchise-Geschichte, zog nach dem Wechsel auf der Trainerbank zu NHL-Rookie-Coach Kris Knoblauch souverän in die Playoffs ein, dominierte dort die Los Angeles Kings, kämpfte die Vancouver Canucks und die Dallas Stars nieder und egalisierte im Finale einen 0:3-Serienrückstand gegen den neuen Champion Florida Panthers. Am Ende für die Katz, in Erinnerung bleiben die Sieger, selten die Verlierer, mag der auch noch so eine tolle Moral bewiesen haben.

Für Draisaitl endet der Traum vom Gewinn seines ersten Stanley Cups vorerst, alle persönlichen Statistiken helfen ihm nicht, werden ihn kaum trösten. Neben den Legenden Wayne Gretzky, Mario Lemieux, Mark Messier und Jari Kurri, seinem Teamkollegen Connor McDavid und Tampas Nikita Kucherov ist er einer von nur sieben Spielern in der NHL-Geschichte, der in mindestens zwei Playoff-Jahren über 30 Scorerpunkte gesammelt hat. 31 waren es in dieser Saison, Rang 3 hinter McDavid mit 42, der dafür die Conn-Smythe-Trophy für den besten Spieler der Playoffs erhielt, sowie Oilers-Verteidiger Evan Bouchard (32 Punkte). Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass Draisaitl ab dem Halbfinale kaum noch offensiv in Erscheinung trat. In den sieben Finalspielen blieb er ohne Torerfolg, sammelte nur drei Vorlagen.

Entscheidung im Stanley-Cup-Finale

Verlängert Draisaitl seinen Vertrag bei den Oilers?

Vermutlich wird in den kommenden Tagen herauskommen, welche Verletzungen er mit sich herumschleppte, Gerüchte gab es seit Wochen über einen Rippenbruch sowie gebrochene Finger. Bitter für Draisaitl und die Oilers, aber auch Alltag in den wohl härtesten Playoffs des Sports. Es wird gespielt, nicht gejammert, Blessuren ignoriert, sie können hinterher auskuriert werden. Schon 2022 schleppte sich Draisaitl mit einem Syndesmoseriss bis zum Halbfinal-Aus gegen Colorado.

Spannend wird nun, wie Draisaitl seine Zukunft plant. Sein aktueller Vertrag mit gut acht Millionen US-Dollar Jahresgehalt endet 2025. Ab 1. Juli dürfte er theoretisch bei den Oilers verlängern. Doch tut er es auch? Am wichtigsten ist dem 28-Jährigen die Perspektive auf den Cup. Die hat er bei den Oilers, das hat dieses Frühjahr gelehrt. Laut dem stets gut informierten NHL-Insider Frank Seravalli haben Draisaitl und McDavid (Vertragsende 2026) dem Oilers-Management bereits das Signal gegeben, langfristig bleiben zu wollen.

Treffen die Oilers in den kommenden Wochen in der Kader-Planung kluge Entscheidungen, kann das Team auch in den kommenden Jahren ernsthaft um den Titel mitspielen, den ersten für die Franchise seit 1990. Draisaitl ist derweil mit seinen herausragenden Leistungen der vergangenen Jahre - bester Spieler der Liga 2020, bester Torschütze, Topscorer - längst auf dem Weg zur NHL-Legende, aus deutscher Sicht ist er der Dirk Nowitzki des Eishockeys. Doch während sich der Basketballer seinen Traum vom NBA-Titel 2011 mit den Dallas Mavericks erfüllte, muss der ungekrönte Draisaitl weiter warten und erstmal die Enttäuschung verkraften, den Triumph haarscharf verpasst zu haben.