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Wegen Demiral-Sperre: Türkei unterstellt UEFA Voreingenommenheit

Auch Präsident Erdogan äußert sich

Wegen Demiral-Sperre: Türkei unterstellt UEFA Voreingenommenheit

Weil er den Wolfsgruß zeigte, wird Merih Demiral am Samstagabend nicht im Berliner Olympiastadion auflaufen.

Weil er den Wolfsgruß zeigte, wird Merih Demiral am Samstagabend nicht im Berliner Olympiastadion auflaufen. IMAGO/ZUMA Press Wire

Vor dem Viertelfinale zwischen der Türkei und den Niederlanden droht der Fußball zunehmend zur Nebensache zu werden. Die Debatte um den umstrittenen Wolfsgruß, den der türkische Nationalspieler Merih Demiral beim Bejubeln seines zweiten Tores im Achtelfinale gegen Österreich Anfang der Woche gezeigt hatte, erhielt am Freitag neues Futter, als die UEFA entschied, den Spieler für seine nächsten beiden Spiele zu sperren.

Die Geste ist umstritten, weil sie die Zugehörigkeit oder das Sympathisieren mit der türkischen rechtsextremen Ülkücü-Bewegung und ihrer Ideologie ausdrückt. Der Verfassungsschutz beobachtet die Bewegung, die auch als "Graue Wölfe" bekannt ist, und geht von etwa 12.000 Anhängern in Deutschland aus. In der Türkei wird der Wolfsgruß etwa von der ultranationalistischen Partei MHP genutzt, die Partner der Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan ist. In Deutschland ist sie nicht strafbar, aus der Politik kamen in der Vergangenheit aber schon Forderungen nach einem Verbot, die nun neu aufflammten.

In seinem Statement lieferte der europäische Fußballverband Gründe für die Sperre Demirals. Dieser habe "allgemeine Verhaltensgrundsätze nicht eingehalten, die grundlegenden Regeln des guten Benehmens verletzt, Sportereignisse für Kundgebungen nicht-sportlicher Art genutzt und den Fußballsport in Verruf gebracht". Eine Ansicht, die in der Türkei offenbar nicht flächendeckend geteilt wird.

Zahlreiche türkische Politiker melden sich zu Wort

Nur wenige Stunden nach der Urteilsverkündung meldete sich der türkische Sportminister Osman Askin Bak auf der Kurznachrichtenplattform X zu Wort und bezeichnete das Urteil als "unfair" und "voreingenommen". Die Entscheidung der UEFA besitze keine Rechtsgrundlage und sei "rein politischer Natur". Das türkische Außenministerium veröffentlichte eine Pressemitteilung, in der es heißt, die Entscheidung habe bei der türkischen Bevölkerung "die Einschätzung bestärkt, dass die Tendenz zu Vorurteilen gegenüber Ausländern in einigen europäischen Ländern zunimmt".

Und auch Präsident Erdogan, der dem Spiel am Samstagabend in Berlin (21 Uhr, LIVE! bei kicker) persönlich beiwohnen wird, äußerte sich zu dem Fall. "Sagt jemand etwas darüber, dass die Deutschen den Adler auf ihren Trikots haben? Sagt jemand, die Franzosen haben einen Hahn auf dem Trikot, warum führen sie sich wie Hähne auf?", sagte er laut der Nachrichtenagentur Anadolu. Demiral habe lediglich seine "Begeisterung" gezeigt, so Erdogan. "Die Symbole türkischer Rechtsextremisten haben in unseren Stadien nichts zu suchen", schrieb hingegen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Mittwoch bei X. Die EM "als Plattform für Rassismus" zu nutzen, sei "völlig inakzeptabel".

Ultra-Gruppierung ruft zu Aktion auf

Die Partie im Olympiastadion hat sich in den vergangenen Stunden somit weiter zur politischen Affäre entwickelt, die Polizei hat sie längst als "Nonplusultra-Hochrisikospiel" eingestuft. Auch eine türkische Ultra-Gruppierung möchte das Spiel als Plattform nutzen. Auf ihrem X-Profil, dem rund 200.000 Nutzer folgen, fordert sie alle Anhänger im Stadion auf, während der Nationalhymne den Wolfsgruß zu zeigen.

Mit ihrem Aufruf wollen die Ultras ein Zeichen setzen und ausdrücken, dass der Wolfsgruß nicht rassistisch zu verstehen sei, sondern "das nationale Symbol des Türkentums" darstellt.

kmx

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