Bundesliga

Schreuder, Thorup, Wimmer: Stuttgarter Pokerspiele

Mislintat & Co. gehen ins Risiko

Schreuder, Thorup, Wimmer: Stuttgarter Pokerspiele

Michael Wimmer bleibt bis zur Winterpause und ist einer von drei Kandidaten auf den Job als VfB-Chefcoach.

Michael Wimmer bleibt bis zur Winterpause und ist einer von drei Kandidaten auf den Job als VfB-Chefcoach. IMAGO/Team 2

Auf dem harten Boden der Realität gelandet sind sie beim VfB Stuttgart nach dem 0:5 bei Borussia Dortmund am Samstagnachmittag. Nach zwei eindrucksvollen Siegen gegen allerdings auch limitierte Kontrahenten stellt die Pleite beim Favoriten auch die erste Niederlage von Interimstrainer Wimmer dar. Ihn deshalb Hals über Kopf abzuziehen, wäre zweifelsfrei zu kurz gedacht. "Die beiden Male, wo er es unter maximalem Druck machen musste, hat er es sehr gut gemacht", spielt Sven Mislintat auf das 4:1 gegen den VfL Bochum und das 6:0 gegen Arminia Bielefeld an. Der Sportdirektor führte aus, er werde ein 0:5 nicht anders als ein 0:2 bewerten, verwies neben aller Fehleransprache in den eigenen Reihen auch immer wieder auf die offensive Klasse des BVB.

Damit hat Mislintat natürlich nicht Unrecht. Ein schmaler Grat bleibt es trotzdem, der in ihrer Leistungskurve doch von bedenklichen Ausschlägen geprägten VfB-Truppe keine Alibis zu geben à la: Die zögerliche Trainer-Entscheidung verunsichert uns. Wimmer, das bestätigte Mislintat am Samstag, bleibt nun "mindestens bis zur Winterpause" Chef. "Dann ist er einer der Kandidaten. Michi kann sich weiter die Chance erspielen, es zu behalten", so der 49-Jährige. Das klang zwischendurch schon einmal anders.

Dabei ist die Entscheidung, nüchtern und fernab aller Emotionalität betrachtet, die so ein 0:5 mit sich bringt, nachvollziehbar. Weil Wimmers Truppe eben zwei von drei Malen funktioniert hat. Ob das auch unter dem freigestellten Pellegrino Matarazzo oder einem per Schnellschuss verpflichteten Feuerwehrmann so gewesen wäre, bleibt hypothetisch.

Mislintat: "Das Risiko, dass jemand nicht mehr verfügbar ist, gehen wir ein"

Dennoch gehen die Schwaben ein erhebliches Risiko ein. Jess Thorup, im September beim FC Kopenhagen entlassen und vor Wochenfrist zu Gesprächen in Stuttgart weilend, könnte sich in der Zwischenzeit ein anderer Klub angeln. Andererseits: Die vorzeitige Trennung soll sich der dänische Meister einiges kosten haben lassen und für Thorup, bislang nur in seiner Heimat und in Belgien als Trainer tätig, wäre die Bundesliga ein sportlicher Aufstieg. "Das Risiko, dass jemand nicht mehr verfügbar ist, gehen wir ein", schilderte der VfB-Sportchef, ohne den Namen Thorup zu bestätigen oder zu dementieren.

Ebensowenig ging er in der Runde mit Journalisten nach dem 0:5 auf den Namen Alfred Schreuder ein. Der amtierende Ajax-Trainer, am Samstag mit 4:1 bei RKC Waalwijk erfolgreich, hatte am Freitag sowohl sein Interesse an dem VfB-Job als auch eine Kontaktaufnahme des Bundesligisten ins Reich der Fabel verwiesen. Das mag eine Schutzbehauptung des Niederländers sein. Wie stünde Schreuder da, spräche er trotz bis 2024 laufenden Vertrags mit einem anderen Klub? Fakt ist: Trotz Platz eins in der Eredivisie wackelt Schreuder. Beim niederländischen Meister brodelt es, da kann Generaldirektor Edwin van der Sar das interne Köcheln noch so schönreden. Man wird sehen, ob dem Coach der Flirt mit den Schwaben nur dafür taugt(e), um sein internes Standing zu überprüfen. Von der Stuttgarter Liste ist Schreuder nach kicker-Informationen keineswegs gestrichen, daran ändern seine Aussagen nichts. Zu ihm und Thorup gesellt sich nun also auch noch die Option Wimmer, die ob der finanziell angespannten Lage in Bad Cannstatt einen gewissen Charme hätte. Die Stuttgarter Pokerspiele sind eröffnet.

Benni Hofmann