Europa League

Ist das noch Fußball? Mourinhos Alter-Hut-Konter: "Sie würden das Gleiche machen"

"The Special One" noch einen Schritt vom alleinigen Trainerrekord entfernt

Ist das noch Fußball? Mourinhos Alter-Hut-Konter: "Sie würden das Gleiche machen"

Fleißig an der Uhr gedreht: Lorenzo Pellegrini liegt mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden - und steht schnell wieder.

Fleißig an der Uhr gedreht: Lorenzo Pellegrini liegt mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden - und steht schnell wieder. IMAGO/RHR-Foto

Leverkusens Kerem Demirbay sprach von einer "am Ende ekelhaften" Gangart der Römer, Mitspieler Nadiem Amiri meinte klipp und klar: "Das ist eine Frechheit gewesen. Bei jeder Aktion fallen sie hin, schießen die Bälle weg. Das ist kein Fußball - und das war in Rom (0:1 aus Sicht der Werkself im Hinspiel; Anm. d. Red.) auch schon so."

Bayer-Coach Xabi Alonso dagegen musste sich im Gespräch mit RTL sichtlich die Emotionen verkneifen. Am Ende sagte der ehemalige Schützling von José Mourinho über die Spielweise der vom "The Special One" trainierten Italiener nur: "Das ist Fußball." Sportlich fair schob der Spanier, der seinen ehemaligen Mentor "Mou" direkt nach dem Schlusspfiff inniglich umarmt hatte, noch nach: "Ich will hier nicht weinen. Wir konnten unsere Tore machen, denn wir hatten genügend Chancen. Glückwunsch an die AS Rom und viel Erfolg im Finale."

Ein fader Beigeschmack aber blieb - vor allem aus neutraler Sicht. Die Werkself hatte 23 Torschüsse verzeichnet, die Giallorossi einen. Die Werkself hatte 72 Prozent Ballbesitz generiert, die Giallorossi 28 Prozent. Die Werkself probierte viel, die Giallorossi im Grunde nichts.

Der Fußball hat heute verloren.

Wiederkehrende Stimmen von Fußballfans in den Sozialen Netzwerken

Passend dazu fragte manch ein Fußballfan auf den Sozialen Netzwerken: "Gibt's ne Statistik, wie oft die Römer auf dem Boden lagen?" Oder auch: "Wow, was für ein schlechter Fußball von Rom." Andere wurden gar Folgendes los: "Der Fußball hat heute verloren."

"Niemand kann uns unsere Opferbereitschaft nehmen"

Europa League, Halbfinale

Doch wie sahen die Beteiligten ihren Auftritt voller Zeitspielerei, wie standen die Spieler und vor allem der Trainer der Roma dazu? Nun ja, wenig verwunderlich erkannten sie alle nichts Unerlaubtes an ihrer Spielweise.

"Natürlich können und müssen wir viele Dinge in unserem Spiel verbessern", sagte etwa Kapitän Lorenzo Pellegrini, der selbst einige Mal liegend auf dem Boden anzutreffen war und nach Sekunden oder Hinweisen von Schiedsrichter Slavko Vincic wieder aufstand. Der gebürtige Römer ergänzte aber auch, dass ihn allgemein Kritik kalt lasse, denn: "Niemand kann uns unsere Opferbereitschaft und unseren Zusammenhalt auf dem Platz nehmen. Bayer ist eine starke Mannschaft, gut im Ballbesitz, sie mussten angreifen. Aber wir hielten als Familie zusammen und haben uns am Ende durchgesetzt."

Mourinho, der nun im Endspiel im ungarischen Budapest am 31. Mai gegen Sevilla sein sechstes europäisches Finale bestreitet und bis dato alle Endspiel gewonnen hat (zweimal Champions League, zweimal UEFA-Cup bzw. Europa League, Conference League 2022), sah es genauso: "Die Jungs geben immer wieder aufs Neue alles. Das hat man heute wieder gesehen. Wir haben erst Spinazzola und dann Celik verletzungsbedingt verloren." Da sei klar gewesen, dass sein Team gegen ein spielstarkes Leverkusen Probleme bekommen kann.

José Mourinho jubelt nach Schlusspfiff ausgiebig - hier mit dem verletzt ausgewechselten Leonardo Spinazzola.

José Mourinho jubelt nach Schlusspfiff ausgiebig - hier mit dem verletzt ausgewechselten Leonardo Spinazzola. IMAGO/Uwe Kraft

Etwas Verwerfliches, wie etwa auch von Leverkusens Geschäftsführer Sport Simon Rolfes angemerkt ("Das ist schon bitter, dass diese Art und Weise zum Erfolg geführt hat"), erkannte "The Special One" hierbei allerdings nicht. "Ich denke, es ist die alte Geschichte: Das Team, das verliert, sieht es immer als Entschuldigung. Aber umgekehrt würden sie immer das Gleiche machen", sagte der Portugiese trocken.

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Dieser Finaleinzug "hilft den Roma-Fans"

Seine Schützlinge hätten "alles gegeben - und dieses Spiel ist das Resultat von harter Arbeit, Erfahrung, taktischer Weisheit - und dem Wissen, wie man in solchen Spielen auftritt. Es ist ein außergewöhnliches Team." Deswegen sei sein möglicher Geschichtsbucheintrag, als erster Trainer sechs internationale Titel auf Vereinsebene zu gewinnen (Giovanni Trapattoni hat mit Juventus und Inter einst fünf geholt), auch nur nebensächlich: "Es geht mir nicht darum, meinen Platz in den Geschichtsbüchern der Roma zu markieren. Dieser Erfolg hilft diesen 'Kindern', zu wachsen und wichtige Dinge zu erreichen. Und es hilft den Roma-Fans, die mir vom ersten Tag an so viel gegeben haben."

Auch stete Verletzungssorgen, die sich über die gesamte Saison erstrecken, klammere seine Mannschaft wie im Falle des seit Wochen nur angeschlagen auf der Bank sitzenden Paulo Dybala teils aus: "Die Spieler finden immer wieder Kraft - taktisch und mental. Für mich ist es kein Vergnügen, sondern eine Ehre, mit diesen Spielern zusammenzuarbeiten."

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