Bundesliga

Ein passendes Ende: Die Gründe für Terzics Aus

Analyse

Ein passendes Ende: Die Gründe für Terzics Aus

Schluss beim BVB nach zwei Jahren als Cheftrainer: Edin Terzic.

Schluss beim BVB nach zwei Jahren als Cheftrainer: Edin Terzic. picture alliance/dpa

Um 12.08 Uhr verließ Edin Terzic die Sport-Geschäftsstelle auf dem Dortmunder Trainingsgelände durch den Hinterausgang, an dem die Autos der Führungskräfte stehen. Es war der schwere letzte Gang als Cheftrainer von Borussia Dortmund nach einem abschließenden Gespräch in der sogenannten Elefantenrunde der BVB-Verantwortlichen um Sport-Geschäftsführer Lars Ricken. Die Entscheidung, den Herzensverein aus eigenem Antrieb zu verlassen, aber stand schon vorher. "Ich möchte euch heute mitteilen, dass ich den BVB verlassen werde", wandte er sich rund eine Stunde später mit einer aufgezeichneten Video-Botschaft an die Fans.

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Der Coach habe "den BVB um die sofortige Auflösung seines Vertrages" gebeten, der Verein "der Bitte nach einem gemeinsamen Gespräch entsprochen", hieß es in der Pressemitteilung des Klubs. Terzic selbst erklärte den Schritt in der gemeinsamen Pressemitteilung: "Ich habe die Verantwortlichen nach unserem Endspiel in Wembley um ein Gespräch gebeten, weil ich nach nunmehr zehn Jahren beim BVB, davon fünf Jahre im Trainerteam und zweieinhalb Jahre als Cheftrainer, das Gefühl habe, dass der anstehende Neustart von einem neuen Mann an der Seitenlinie begleitet werden sollte." Jeder, der ihn kenne, wisse, "dass während dieses Entscheidungsprozesses der vergangenen Wochen zwei Herzen in meiner Brust geschlagen haben. Aber auch nach intensiven Gesprächen hat sich mein Grundgefühl nicht geändert".

Es ist wohl ein Stück weit das passende Ende für Terzic, der seine Interessen stets hinter die des Klubs gestellt hatte: Ein Abgang, um der Weiterentwicklung des Vereins nicht im Wege zu stehen. Ein Abgang, dessen Motivation in den letzten Wochen und Monaten von kritischen Stimmen innerhalb des Vereins genährt wurde. Ein Abgang, der ihm sehr weh tun dürfte.

Gestörtes Verhältnis zu wichtigen Führungsspielern

"Beruf und Berufung" sei der "für mich schönste Job der Welt", hatte Terzic im April in einem Interview mit dem kicker gesagt. Die Kritik, die ihn in den zwei Jahren als Cheftrainer mal stärker, mal weniger stark begleitete, sei ein Teil dieses Jobs. "Und es gibt ohnehin keinen Druck von außen, der so groß sein kann wie der, den ich mir selbst mache." Damals brannte der Trainer spürbar darauf, allen beweisen zu wollen, dass sein Weg mit dem BVB trotz schwerer Zeiten noch lange nicht am Ende ist. "Solange die Freude an der Reise zum Erfolg größer ist, als der Druck, den ich verspüre, mache ich das gerne. Und ich kann versichern: Ich habe richtig Bock darauf."

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In den letzten Monaten der Saison aber haben sich die Vorzeichen offenkundig geändert. Der enttäuschende Rang 5 zum Abschluss in der Bundesliga blieb hängen, das gestörte Verhältnis zu wichtigen Führungsspielern wie Marco Reus und Mats Hummels zeigte sich spätestens durch das vom Zeitpunkt direkt vor dem Champions-League-Finale und der Heftigkeit der Kritik entlarvende Interview des Weltmeisters in der Sportbild auch öffentlich.

Die zwischenzeitliche Abkehr von den Dortmunder Offensiv-Grundwerten mit einer Mauertaktik in den Liga-Spielen bei Bayer Leverkusen und dem VfB Stuttgart im Herbst hatte ihn Vertrauen im Team gekostet. Die fehlenden Ergebnisse in der Liga, zum Ende des vergangenen Jahres gab es nur einen Sieg in den letzten acht Partien, führten dazu, dass ein Ende der Zusammenarbeit im Winter schon einmal kurz bevorstand.

Kam Terzic einer Entlassung zuvor?

Terzic selbst, der das Team im vergangenen halben Jahr wieder stabilisierte, zu unerwarteten Höhenflügen in der Champions League brachte und durch sein Auftreten und seine Rhetorik auf internationaler Bühne viel Anerkennung im Ausland sammelte, sah sich selbst im Verein und im Umfeld zu wenig wertgeschätzt - die Stimmung kippte immer mehr.

Offen bleibt, ob Terzic mit seinem Rücktritt einer Entlassung zuvorkam. Eigentlich, so die Tendenz der vergangenen Wochen, war der Plan, mit ihm in die neue Saison zu gehen und dabei auch mit Blick auf den im Sommer 2025 auslaufenden Vertrag sehr genau auf den Start und das Auftreten des Teams zu achten. Klar war, dass sich der Coach nicht eine dritte Hinrunde unter den Erwartungen hätte leisten dürfen - auch wenn er sie in seinen beiden zweiten Saisonhälften jeweils selbst zu großen Teilen korrigierte.

2010 war Terzic als Mitarbeiter zum BVB gekommen, war unter anderem an der Seite seines ehemaligen Kommilitonen Hannes Wolf Co-Trainer in der Jugend und der zweiten Mannschaft sowie Scout. Nach einer Zeit als Assistent von Slaven Bilic bei Besiktas Istanbul und West Ham United tätig stieg er 2018 unter Lucien Favre erneut in Dortmund ein und übernahm nach dessen Entlassung im Dezember 2020 bis Saisonende. Nach der Trennung von Marco Rose im Sommer 2022 wurde er fester Cheftrainer.

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Terzic und die zitierten Fangesänge

Sicher gelang Terzic in den vergangenen beiden Jahren nicht alles. Auch wenn seine Ausbeute in der Liga in beiden Amtszeiten nur knapp unter zwei Punkten pro Spielen blieb, waren die Auftritte des BVB spielerisch häufig ausbaufähig, gegen tiefstehende Gegner tat sich Dortmund oft schwer, immer wieder fehlte es an fußballerischen Lösungen. Nicht jedem gefiel die manchmal etwas pathetische, fast pastorale Ansprache des Trainers oder das Zitieren von Fangesängen im Aktuellen Sportstudio. Doch bei aller Kritik verliert der BVB einen Trainer, der mit maximalen Herzblut Angestellter des Vereins war; der den Klub nicht als Sprungbrett sah, sondern als Podest; der zwei Jahre lang die romantische Vorstellung nährte, der Weg von der Südtribüne auf die Trainerbank wäre einer für immer.

Es bleibt der Sieg im DFB-Pokal 2021, die denkbar knapp verpasste Meisterschaft 2023 und der wundersame Einzug ins Champions-League-Finale in der abgelaufenen Spielzeit. Es sollte das letzte Spiel sein.

Patrick Kleinmann

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