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Die Resilienz des DFB-Teams lässt Titelträume reifen

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Die Resilienz des DFB-Teams lässt Titelträume reifen

Freude pur: Deutsche Nationalspieler beim Torjubel.

Freude pur: Deutsche Nationalspieler beim Torjubel.

Nach dem verdienten 2:0-Sieg über Ungarn steht die DFB-Elf bereits nach dem zweiten Gruppenspiel als Achtelfinalist fest - und präsentiert sich in Stuttgart widerstandsfähig, kampfstark und effektiv. Auch wenn es noch früh ist im Turnier: Spätestens jetzt reift in Deutschland der Traum vom Gewinn der Heim-EM. Zumal am Mittwoch ein neuer Rekord aufgestellt wurde: Noch nie zuvor hat eine DFB-Elf in einer EM-Vorrunde sieben Tore geschossen - und das Spiel gegen die Schweiz folgt ja noch am Sonntag.

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Die Atmosphäre in Stuttgart, sie hatte bereits - im positiven Sinne - Feuer gefangen, bevor der erste Ball überhaupt gespielt war. 40 Minuten vor dem Anpfiff meldete die Smartwatch am Handgelenk die erste von vielen weiteren Warnungen vor einer gesundheitsgefährdenden Lautstärke in der Umgebung. Gerade eben war die deutsche Mannschaft aufs Feld gekommen und von den Klängen von Major Tom begleitet worden. Die 45.000 deutschen Fans unter den 60.000 Zuschauern sangen lauthals mit und signalisierten damit ihre Bereitschaft, das DFB-Team zu unterstützen.

Stadion-DJ spielt auf Wunsch der Mannschaft "Erfolg ist kein Glück"

Zehn Minuten später spielte der Stadion-DJ "Erfolg ist kein Glück" von Kontra K ab. Es war ein Wunsch der Mannschaft, die den Song des Berliner Rappers zum Soundtrack ihrer Reise zum Titel auserkoren hat. "Da, wo sie scheitern, musst du angreifen, in einen höheren Gang schalten, und auch wenn der Rest dann aufgibt, heißt es festbeißen, dranbleiben, anspann’n und standhalten", heißt es dort in der ersten Strophe.

Es war auch das Motto des folgenden Spiels, das die Mannschaft von Julian Nagelsmann vor allem in der Anfangsphase vor weitaus schwerere Aufgaben stellte als es beim 5:1 im Eröffnungsspiel gegen Schottland der Fall gewesen war. Die Ungarn, die beim 1:3 gegen die Schweiz lange deutlich unterlegen gewesen waren, präsentierten sich diesmal zu Beginn als gut organisiert, giftig und zielstrebig.

MUNICH, GERMANY - JUNE 14: Head coach Julian Nagelsmann of Germany with Assistance coach Sandro Wagner (L-R) after the UEFA EURO 2024 group stage match between Germany and Scotland at Munich Football Arena on June 14, 2024 in Munich, Germany. (Photo by Marvin Ibo Guengoer - GES Sportfoto/Getty Images)

Laute Sprechchöre: Deutsche Fans feiern Sieg mit Major Tom

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Die DFB-Elf kann sich gegen Ungarn auf einen starken Neuer verlassen

Die verunsicherte deutsche Mannschaft aus dem vergangenen November hätte sich mit hoher Wahrscheinlichkeit davon aus der Ruhe bringen lassen. Doch das von Nagelsmann im März neustrukturierte Team bestand diese ersten Prüfungen - auch weil sie sich diesmal auf einen hellwachen Manuel Neuer im Tor verlassen konnte, der im ersten Durchgang mehrmals stark parierte.

Anders als gegen die Schotten dauerte es gegen Ungarn zehn Minuten, ehe die DFB-Elf im Spiel war, nach 22 Minuten lag sie in Führung, nach 30 Minuten hatte sie das Spiel unter Kontrolle, auch wenn die Ungarn situativ gefährlich blieben. In der zweiten Hälfte bot sich zunächst ein ähnliches Bild: Deutschland ließ den Ungarn Luft, so dass diese das Spiel ausgeglichen gestalten konnten. Doch ehe es unangenehm werden konnte, traf der erneut starke Kapitän Ilkay Gündogan zum 2:0 - mittenhinein in eine Phase, in der die Gäste Mut schöpften.

Es ist diese gestärkte Resilienz, die das deutsche Team inzwischen zu einem Mitfavoriten auf den Titel macht - und die die Fans dankbar aufnehmen. Wie das Stuttgarter Publikum permanent durch Gesänge die Stimmung hochhielt, war beachtlich, gerade auch im Vergleich zum Auftakt in München, als insbesondere der schottische Anhang für Lautstärke sorgte. Die Kulisse, in der nach 70 Minuten erstmals "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin" erklang, setzte Maßstäbe für die weiteren Spielorte des EM-Gastgebers - und wurde dafür gewissermaßen mit den laut beklatschten Einwechslungen der Stuttgarter Lokalmatadoren Chris Führich und Deniz Undav belohnt.

"Das Ergebnis von Blut, Schweiß und Tränen"

"Erfolg ist kein Glück, sondern das Ergebnis von Blut, Schweiß und Tränen", rappt Kontra K über die harten Beats des inoffiziellen deutschen Turnier-Songs. Die deutsche Mannschaft erweckt den Eindruck, als würde sie diesen Rat beherzigen. Die Rückwärtsbewegungen überzeugten, die Zweikampfführung war griffig und aggressiv. Von Überheblichkeit, vor der Team-Mahner Thomas Müller nach dem souveränen Auftakt gegen die Schotten gewarnt hatte, war nichts zu spüren.

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Genau so muss Deutschland nun, da der Einzug ins Achtelfinale feststeht, weitermachen, will es sein großes Ziel erreichen. Auch wenn Nagelsmann im abschließenden Gruppenspiel gegen die Schweiz in Frankfurt seine Startelf erstmals verändern sollte, darf davon nicht das Signal ausgehen, eine Turnierpause einzulegen. Zu wichtig ist es, den aufgenommen Rhythmus weiter hochzuhalten.

So überzeugend der Start ist: Deutschland wird sich weiter steigern müssen

Denn feststeht: Auch wenn sich die Ungarn erwartungsgemäß als größere Aufgabe erwiesen als zuvor die Schotten - will die DFB-Elf den Traum vom Titel bei der Heim-EM in die Tat umsetzen, wird sie noch weitaus schwerere Brocken aus dem Weg räumen und sich dementsprechend weiter steigern müssen. Ein Anfang ist gemacht. Mehr aber noch nicht, das zeigten die Szenen vor den ungarischen Chancen. Auch dazu gibt es eine mahnende Zeile von Kontra K: "Denn man erntet nur so viel, wie man auch gibt. Und wenn deine Flamme dann erlischt, warst du nur ein kleines Licht."

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