Die erste Niederlage der deutschen Nationalmannschaft im WM-Jahr war alles andere als ein gutes Omen für die Spiele in Japan und Korea. Positiv bleibt unter dem Strich, dass die Niederlage gegen einen der hohen Favoriten auf den Titelgewinn in bescheidenem Maße ausfiel und der zweite Anzug von Rudi Völler sich bemühte, mit Einsatzwillen auf sich aufmerksam zu machen. Negativ war die Erkenntnis, dass für wirkliche Spitzenmannschaften eben dieser zweite Anzug spielerisch und taktisch viel zu klein geschneidert. So bleibt nur zu hoffen, dass alle Verletzten rechtzeitig für das Endturnier zu ihrer Topform zurückfinden. Bezeichnend für die Personalnot Völlers war das Comeback des Langzeitverletzten Jancker ausgerechnet im Nationalteam. Dass es gegen die am Schluss bedächtig ihr Pensum abspulenden Argentinier nicht einmal zu einer ernsthaften Chance reichte, stimmt nachdenklich.
Wer geglaubt hatte, dass nach den vielen Absagen auf beiden Seiten (allein elf bei der deutschen Mannschaft) und in Anbetracht der entscheidenden Saisonphase die Spieler mit wenig Engagement oder fehlendem Verständnis zur Sache gehen würden, sah sich getäuscht. Vom Anpfiff an entwickelte sich ein schnelles und kampfbetontes Spiel. Die Akteure waren sich der Brisanz eines Duells zwischen zwei mehrfachen Weltmeistern und dessen Bedeutung für die Stammformationen bei der WM bewusst.
Rudi Völler bot wie üblich eine Dreier-Abwehrreihe auf, in der vor allem Linke eine taktisch äußerst problematische Vorgabe hatte, weil er auf der für ihn ungewohnten rechten Seite abwechselnd mit Kily Gonzalez und dem immer wieder auf den linken Flügel vorstoßenden Sorin häufig zwischen zwei Gegnern stand. Der Münchner präsentierte sich souveräner als zuletzt im Verein. Weil Böhme auf der anderen Seite zu selten konzentriert den defensiven Part anging, stand Metzelder bisweilen vor der schwierigen Situation, den gesamten Bereich allein zumachen zu müssen. Er kam damit nicht so gut zurecht wie Linke.
Die deutsche Mannschaft versuchte, von Beginn an den Gegner mit sehr viel Druck nach vorne und Aufrücken des gesamten Mittelfeldes zu bedrängen. Doch sie konnte nicht verhindern, dass die erfahrenen, selbstbewussten, lauf- und spielstarken Südamerikaner die Oberhand gewannen. Die Umstellungen nach der Pause bekamen Völlers Team nicht. Frings, der von der rechten auf die ganz linke Seite musste, und Baumann, der für den angeschlagenen Linke eingesetzt wurde, provozierten durch Unachtsamkeiten den perfekt vorgetragen argentinischen Konter und dessen Vollendung zum 0:1 durch Sorins Kopfball. Anstatt danach hohes Tempo und spielerische Möglichkeiten, beides in der Anfangsphase noch vorhanden, zu reaktivieren, versuchte es eine hektische deutsche Mannschaft meist mit langen Bällen durch die Mitte. Dies zu kontrollieren, war ein relativ leichtes Unterfangen für die argentinische Defensive. Es fehlte vor allem das konsequente Spiel über die Flügel, wobei sich zeigte, dass Frings in der Mitte wesentlich besser aufgehoben ist als außen.
Im Zentrum selbst konnte Ballack nie die Rolle eines Gestalters ausfüllen, und da Jeremies noch meilenweit von seiner Bestform entfernt ist, blieb ein konstruktiver Aufbau vielfach im Ansatz stecken. Auch der Einsatz von Jancker und Debütant Max brachte keine entscheidende Wende.
Von der Nationalelf berichten Rainer Holzschuh, Wolfgang Tobien, Rainer Franzke, Harald Kaiser und Bernd Salamon