Handball

THW ohne Meister-Abo: Das große Saisonfazit von Bob Hanning

Die Handball-Kolumne von Füchse-Boss Bob Hanning

THW ohne Meister-Abo, SG zerfleischt sich selbst: Mein großes Saisonfazit

Einer verlässt die Bundesliga, zwei sehen weiter ganz genau hin: Niklas Landin, Bob Hanning und Holger Glandorf (v.li.).

Einer verlässt die Bundesliga, zwei sehen weiter ganz genau hin: Niklas Landin, Bob Hanning und Holger Glandorf (v.li.). imago images (3)

Erstmal Glückwunsch an den THW Kiel zur deutschen Meisterschaft. In diesem Jahr war es bei Weitem nicht so eine klare Angelegenheit wie in so manch anderer Saison. Die Kieler haben mitunter auch gegen Lemgo und Leipzig verloren, manche THW-Profis waren zudem mit ihren Einsatzzeiten nicht so glücklich. Aber als es darauf ankam, ist der Rekordmeister als Einheit aufgetreten. Deswegen sind sie auch verdient Meister geworden. 

Es wird jetzt spannend zu sehen sein, was die Abgänge um Welthandballer Niklas Landin mit dem THW machen werden. Ein Meister-Abonnement haben die Kieler im nächsten Jahr auf jeden Fall nicht. Sollte mit Gonzalo Perez de Vargas ein internationaler Topstar kommen, tut das auch der Liga gut.

Der SC Magdeburg hat die unsägliche Verletzungsmisere mit unglaublichem Einsatz weggesteckt. Die Nachverpflichtung von Oscar Bergendahl war sicher ein Faktor. Und jetzt hat der Vizemeister - anders als der THW - sogar noch die Chance auf den Champions-League-Titel.

Meine Füchse Berlin haben einen Europapokal gewonnen, allerdings mit den Niederlagen in Göppingen, beim BHC und in Stuttgart alle anderen Ziele aus den Augen verloren. Mit dem dritten Platz wäre man vor dem Start der Runde sicherlich glücklich gewesen, doch das Ende der Saison war eine Enttäuschung.

Pytlick hat eine Strahlkraft wie Perez de Vargas

Mehr mit sich selbst als mit der Liga zu kämpfen hatte sicherlich die SG Flensburg-Handewitt. Die Worte von Mark Bult und Lars Christiansen zeigen, dass sie sich ein Stück weit selbst zerfleischt haben. Der Trainerwechsel von Maik Machulla auf Nicolej Krickau, das Austauschen von Christiansen durch Ljubomir Vranjes - man darf gespannt sein, was in Flensburg in der neuen Saison passiert. Mit Simon Pytlick, der für mich wie Perez de Vargas viel Strahlkraft mitbringt, und Lukas Jörgensen haben sie aber definitiv starke Transfers getätigt.

Bei den Mannschaften dahinter gab es ein recht chaotisches Auf und Ab - mit den Rhein-Neckar Löwen an der Spitze. Die Löwen verloren in der Liga sieben Spiele am Stück, gewannen dazwischen aber mal so eben den DHB-Pokal mit Siegen über Flensburg und Magdeburg. Hinten raus haben sie sich auch in der Liga wieder stabilisiert und mir macht es ehrlichweise wirklich Spaß, ihnen beim Handball spielen zuzusehen.

Nicht unerwähnt lassen will ich die TSV Hannover-Burgdorf, die sich sehr teuer verkauft hat und völlig verdient mit Rang sechs in die European League eingezogen ist. Das liegt zum einen an Trainer Christian Prokop, zum anderen aber auch an der guten Einkaufspolitik - die zwei Transfers aus Kielce und der von unserem deutschen Top-Talent Renars Uscins sprechen für sich. 

Hamburg und Gummersbach als positive Überraschungen

Zur MT Melsungen verkneife ich mir diesmal jeglichen Kommentar. Ich bin einfach gespannt, ob der Plan von Trainer Roberto Garcia Parrondo aufgeht, sich als eine Art Alleinherrscher wie bei Vardar Skopje eine Champions-League-Mannschaft zusammenzustellen. 

Zwei Teams haben mich positiv überrascht, denen ich gerne ein Kompliment aussprechen würde: der HSV Hamburg und Aufsteiger VfL Gummersbach. Die Absteiger sind die Teams, die man auch als solche erwarten konnte - da gab es keine Überraschungen. Wer sicherlich nicht zufrieden sein wird mit der Saison ist Frisch Auf Göppingen. Sie sind mit höheren Zielen in die Spielzeit gestartet, bestätigen konnten sie diese nicht. Was meiner Meinung nach auch an der Konstanz der Torhüter lag.

Ein paar Worte noch zu den Keepern: Wie wichtig sie wirklich sind, sieht man immer wieder, wenn die Kleinen die Großen geärgert haben. Das war immer dann auch einer herausragenden Torhüterleistung zu verdanken - der Leipziger Sieg in Kiel ist nur eines von ganz vielen Beispielen. 

Über DYN können wir als Sportart explodieren

Noch kurz zur 2. Bundesliga, die ich in meiner Funktion als Trainer des 1. VfL Potsdam hautnah miterlebt habe. HBW Balingen-Weilstetten und ThSV Eisenach sind für mich die verdienten Aufsteiger. Die Mannschaft des Jahres war in unserer Liga aber Dessau-Roßlau, die für mich Unglaubliches geleistet haben und so etwas wie der emotionale Aufsteiger sind. Mit Balingen-Weilstetten und Eisenach bekommt die Bundesliga zwei Teams, die nicht automatisch als Absteiger feststehen. Das verspricht einen noch spannenderen Abstiegskampf.

Ein ausdrückliches Dankeschön möchte ich abschließend noch "Sky" aussprechen. Sie haben sieben Jahre lang eine Menge für den Handballsport getan und uns auf ein neues Level gebracht. Über DYN können wir, das ist meine klare Meinung, als Sportart nochmal explodieren. Ich freue mich sehr, dass wir dort ein richtiges Zuhause für den Handball haben mit Champions League, European League, Bundesliga und 2. Bundesliga.

Bob Hanning (55) hat die Füchse Berlin von der 2. Liga bis in die Champions League geführt, den DHB in acht Jahren als Vizepräsident auf links gedreht und einen Spiegel-Bestseller (Hanning. Macht. Handball.) geschrieben. In seiner Kolumne analysiert er für den kicker die Geschehnisse rund um Nationalmannschaft und Bundesliga.

Deutschlands Handballer des Jahres seit 2000