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NFL Power Ranking nach Week 4: Alarmstufe Rot für die Bengals

Das NFL Power Ranking von kicker-Experte Adrian Franke

Power Ranking nach Week 4: Alarmstufe Rot für Burrow und die Bengals

Joe Burrow und die Cincinnati Bengals stehen nach vier Spielen mit dem Rücken zur Wand.

Joe Burrow und die Cincinnati Bengals stehen nach vier Spielen mit dem Rücken zur Wand. IMAGO/USA TODAY Network

NFL Power Ranking nach Woche 4

32. Chicago Bears (Record: 0-4)

Preseason-Ranking: 28.

Auch wenn am Ende Justin Fields von seinen Aussagen nach Woche 2 zurückruderte und sich missverstanden fühlte - er wolle keine Kritik an den Coaches üben, sondern nehme sich stets selbst in die Verantwortung -, trafen seine Aussagen doch viele zumindest von außen betrachtet wahre Punkte.

Denn es ist offensichtlich, dass die Bears in dieser Saison bewusst versuchen, die Offense anders aufzuziehen. Die QB-Run-lastige Offense, mit der Chicago in der zweiten Saisonhälfte der vergangenen Saison zumindest für positive Akzente und Fields für einige Highlights sorgen konnte, scheint in der Schreibtischschublade verschwunden zu sein. Die Bears wollen mehr über eine "traditionelle" Passing-Offense kommen - doch scheint das nicht der richtige Ansatz mit Fields zu sein.

Justin Fields, Chicago Bears

Justin Fields und die Bears sind auf Kurs Nummer-1-Pick im kommenden Draft. IMAGO/Icon Sportswire

Das für sich betrachtet verrät auch etwas - nämlich, dass Fields vermutlich nicht der Franchise-Quarterback ist, den man sich in Chicago erhofft hat. Dafür scheint er als Passer im dritten Jahr in der NFL nicht gut genug zu sein. Doch wäre es mehr als unfair, ihn alleine in den Mittelpunkt der Kritik zu stellen: Das Passing Game lässt schematisch einiges zu wünschen übrig, die Offensive Line ist angeschlagen und wacklig, Chase Claypool ist ein Totalausfall, mittlerweile ist er ganz offensichtlich gar nicht mehr wirklicher Teil des Teams.

Und die Defense, die eigentlich das Steckenpferd von Head Coach Matt Eberflus sein sollte und in die ebenfalls kräftig investiert wurde, enttäuscht massiv. Der Trainerstab insgesamt wirkt Woche für Woche extrem schlecht vorbereitet, und die Bears haben bald ein volles Jahr lang kein Spiel mehr gewonnen. 

In Chicago deutet einiges auf einen größeren Umbruch nach der Saison hin, der Beinahe-Erfolg gegen Denver am vergangenen Sonntag - mit Fields’ bestem Spiel seit langem - ändert an dieser Prognose erstmal nichts.

31. Carolina Panthers (0-4)

Preseason-Ranking: 27.

Es könnte in doppelter Hinsicht eine sehr bittere Saison für Panthers-Fans werden. Einerseits dahingehend, dass Carolina im Moment wie eines der schlechtesten Teams der Liga wirkt, und eine reelle Gefahr besteht, dass die Panthers im kommenden Frühjahr einen Top-5-Pick nach Chicago schicken. Andererseits läuft man in Charlotte Gefahr, am Ende der Saison zu dem Fazit zu kommen, dass man die Rookie-Saison von Bryce Young in den Sand gesetzt hat.

Damit ist nicht in erster Linie der Record der Panthers gemeint, dass Carolina nicht auf einen Schlag zehn Spiele gewinnt, das war absehbar. Es ist mehr Youngs Entwicklung, die Carolina eigentlich schützen wollte: Mit einer guten Offensive Line, die bislang auch verletzungsbedingt die Erwartungen nicht erfüllen kann, und mit einer Receiver-Gruppe, die genug Baseline mitbringt, dass Young ausreichend Hilfe bekommt.

Auch diese Rechnung geht bislang nicht auf, Receiver sind zu selten offen und Young hat mit engen Pockets und noch engeren Passfenstern zu kämpfen. Carolinas Defense lässt ihr Potenzial zumindest aufblitzen, hier kann ich mir auch noch einen Sprung im weiteren Saisonverlauf vorstellen. Wenngleich auch hier mit den Ausfällen von Shaq Thompson und Jaycee Horn bereits zwei herbe Dämpfer zu vermelden sind. Doch wichtiger ist perspektivisch ohnehin, was auf der anderen Seite des Balls passiert.

30. New York Giants (1-3)

Preseason-Ranking: 15.

Auch wenn man die Vorsaison richtig eingeordnet hat und dem überraschenden Play-off-Einzug den entsprechenden Kontext gegeben hat, um dann eine gemäßigte Prognose für diese Giants-Saison abzugeben, selbst dann muss man von diesem ersten Saisonviertel enttäuscht sein.

Und das nicht einmal in erster Linie aufgrund des Records oder aufgrund der Art und Weise, wie chancenlos man gegen Dallas war, oder wie man sich über eine Hälfte in Arizona präsentierte - eher aus einer Big-Picture-Perspektive. Die erhoffte Entwicklung in der Offensive Line ist bislang komplett ausgeblieben, das Gegenteil lässt sich eher beobachten. Die Line ist desolat, Daniel Jones ist auch mit einem 40-Millionen-Vertrag in erster Linie ein vom Scheme abhängiger Game Manager. Das Coaching wirkt signifikant schlechter als im Vorjahr, und was mit den Edge-Rushern los ist, ist mir ein Rätsel.

Hier war der Bereich, auf den ich noch mit am positivsten auf mögliche Entwicklungen für dieses Team geschaut habe. Insbesondere Kayvon Thibodeaux hatte eine sehr vielversprechende Rookie-Saison - und wirkt bislang dieses Jahr wie ein Totalausfall, bis an den Punkt, dass ich mich frage, ob er verletzt spielt.

In jedem Fall blitzen die Giants mitunter in absurdem Ausmaß, was der Defense auch nicht mehr Stabilität verleiht. Ich glaube noch daran, dass Brian Daboll dieses Team im Laufe der Saison wieder mehr in die richtige Richtung schieben kann. Aber die ersten Wochen der Saison haben in erster Linie unterstrichen, wie weit weg die Giants doch noch sind und dass die vergangene Offseason womöglich falsch angegangen wurde.

29. Las Vegas Raiders (1-3)

Preseason-Ranking: 21.

Josh McDaniels von den Las Vegas Raiders

Der Stuhl von Head Coach Josh McDaniels bei den Las Vegas Raiders wackelt. IMAGO/USA TODAY Network

Was in der Offseason 2022 wie eine All-In-Phase angegangen wurde, ist nur noch als Scherbenhaufen übrig. Derek Carr ist weg, Chandler Jones ist weg, Davante Adams ist immer noch ein Elite-Receiver, aber die Raiders können nicht ansatzweise den Ball so gut laufen wie im Vorjahr.

Das in Kombination mit einer seit Jahren löchrigen Defense deutet stark auf einen Rebuild hin. Doch wird der auch bewusst eingeleitet? Andernfalls dümpelt dieses Team weiter im Niemandsland vor sich hin.

Die Raiders sind gefangen im Niemandsland, und selbst das klingt fast noch zu positiv. Vielleicht ist der spannendste Storyline für die restliche Raiders-Saison ist diese: Bekommen wir mehr von Aidan O’Connell zu sehen, und kann O'Connell, der als Rookie bereits in der Preseason auf sich aufmerksam machte, sich für größere Aufgaben empfehlen?

28. Arizona Cardinals (1-3)

Preseason-Ranking: 32.

Jedem war klar, dass die Cardinals ein Umbruchsjahr erleben würden - und das war noch die freundlichste Art und Weise, um das zu formulieren.

Doch das, was auf dem Platz passiert, übertrifft die Preseason-Erwartungen. Arizona spielt defensiv zumindest in puncto Einsatz hart, während die Offense nicht nur eine klare schematische Grundlage erkennen lässt, sondern auch die Offensive Line zumindest schon andeuten konnte, dass hier vielleicht eine gute Unit zusammenwächst. Das Run Game sieht sehr gut aus, in der Hinsicht sind die Cardinals eines der besten Teams des ersten Saisonviertels.

Das Talent-Defizit ist gerade in der Defense trotzdem allgegenwärtig, und das wird auch bis zum Ende dieser Saison spürbar bleiben. Das erlaubte dann auch den Giants das Comeback in Woche 2, oder verhinderte, dass ein überraschend guter Auftritt zum Sieg in Washington in Woche 1 reichte. Gegen San Francisco bekam man ebenfalls insbesondere defensiv Grenzen aufgezeigt.

Doch solange das Team im Rahmen seiner Möglichkeiten Fortschritte zeigt, ist ein wichtiges Kriterium erfüllt. Das andere essenzielle Kriterium ist, herauszufinden, ob man mit Kyler Murray langfristig weiter plant, oder ob der mutmaßliche Top-3-Pick in dessen Nachfolger investiert wird. Murray soll im Laufe der kommenden Wochen zurückkommen, und ab dem Moment wird das die prägende Storyline für die weitere Cardinals-Saison sein.

Power Ranking Plätze 27 bis 23: Wenn nur eine Seite des Balls funktioniert

27. New York Jets (1-3)

Preseason-Ranking: 7.

Ich habe es direkt nach Rodgers' Verletzung gesagt, und bin in keinster Weise von diesem Punkt abgerückt: Die Jets können nicht mit Zach Wilson durch die restliche Saison gehen, das wäre unter dem Strich bereits nach vier Offense-Saison-Snaps die weiße Flagge für eine Spielzeit gewesen, in der die Jets endlich den Sprung zurück in die Play-offs schaffen wollten.

Wer weiß, was hier noch passiert. Die Trade-Deadline ist Ende Oktober, doch natürlich ist jede weitere Woche mit Wilson nicht nur ein erhöhtes Risiko für eine weitere Niederlage, sondern sollte es zu einem Trade kommen, will man dem neuen Quarterback möglichst viel Zeit geben. Von einem guten Auftritt gegen die Chiefs sollte man sich dabei nicht blenden lassen - sofern Wilson darauf nicht noch aufbauen kann.

Bis dahin haben die Jets eine sehr gute - wenn auch bislang nicht ganz so dominante - Defense, mit einer tollen Defensive Line, einer starken Secondary und einer vielleicht noch immer leicht unterschätzten Linebacker-Gruppe. Und sie haben eine Offense, die an der Line große Probleme hat, und davon lebt, dass Breece Hall oder Garrett Wilson ein Big Play machen kann. Das kann im Zusammenspiel mit der eigenen Defense mal klappen und für den einen oder anderen Sieg reichen, aber es ist natürlich keine verlässliche Basis.

26. Pittsburgh Steelers (2-2)

Preseason-Ranking: 13.

T.J. Watt von den Pittsburgh Steelers

An T.J. Watt und der Defense liegt es in Pittsburgh auch dieses Jahr nicht. IMAGO/ZUMA Wire

Eines der großen Preseason-Hype-Teams ist schon früh in dieser Saison auf dem Boden der Realität angekommen.

Die Steelers haben über die ersten Spiele eindrucksvoll gezeigt, dass eine Offense, so sehr man ihr individuelle Breakout-Kandidaten zutrauen mag, letztlich auf dem Weg zum erhofften Breakout immer noch über ihre Offensive Line oder den Play-Caller stolpern kann.

Beides war in Pittsburgh in dieser Saison bislang der Fall und bei beiden Problemzonen scheint keine schnelle Änderung in Sicht.

Jetzt fällt Pickett ohnehin vermutlich erst einmal aus, und auch der vereinzelte Hype um ihn individuell war vermutlich zu groß. Vielleicht kann zumindest die Offensive Line sich weiter finden und sich stabilisieren, doch wird womöglich die primäre Erkenntnis aus dieser Steelers-Saison in drei Monaten nicht sein, dass Kenny Pickett und Co. einen Breakout hatten auf dem man jetzt aufbauen kann, sondern dass Matt Canada nicht die richtige Offensive-Coordinator-Besetzung ist. 

Bis es so weit ist und bis echte Konsequenzen folgen, erwarte ich trotzdem einige enge Spiele. Und das nicht nur, weil das in der Steelers-DNA unter Mike Tomlin liegt: Die Defense ist so stark, dass sie nicht zuletzt mit Big Plays Spiele immer eng halten oder auch mal auf den Kopf stellen kann. Das ist unverändert so.

25. Denver Broncos (1-3)

Preseason-Ranking: 20.

Den Start in die Saison hatte man sich in Denver sicher anders vorgestellt, und die 70-Punkte-Schmach gegen Miami dürfte Sean Payton noch eine ganze Weile lang beschäftigen. Trotz alledem bleibe ich dabei, dass die Offense strukturell und auch Wilson individuell schon früh in der Sean-Payton-Ära signifikante Fortschritte an den Tag legen. Die Seite des Balls sollte sich weiter steigern können, sodass man kurzfristig mit Wilson weitermachen und eine kompetitive Offense auf dem Platz haben kann, während man gleichzeitig die langfristige Quarterback-Lösung sucht.

Das ist alles in allem ein positives Zwischenfazit, rein auf die Offense betrachtet. Doch soll es auch nicht rosiger klingen, als es in der Realität im Hier und Jetzt ist: Denvers Offense ist in Ordnung, sie ist aber weit davon entfernt, eine Elite-Offense zu sein.

Und so haben die Broncos eben nicht die Mittel, um Shootouts gegen gute Teams zu gewinnen - was wiederum das ist, was aufgrund der eigenen Defense noch häufiger verlangt werden könnte. Denn während auf der offensiven Seite viel Positives zu beobachten ist, ist in der Defense ein massiver Rückschritt verglichen mit dem Vorjahr zu beobachten. Das Pass Rush ist zahnlos, hier fehlt fraglos auch die schematische Qualität von Ex-Coordinator Ejiro Evero. Gut möglich, dass hier Everos Nachfolger Vance Joseph schon bald angezählt ist, denn nach vier Spielen ist das die schlechteste Defense in der NFL.

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24. Atlanta Falcons (2-2)

Preseason-Ranking: 17.

Ich frage mich, wie lange es dauert, ehe Arthur Smith sehr ernsthaft über einen Quarterback-Wechsel nachdenkt - oder ob er an diesem Punkt vielleicht sogar schon ist. Zumindest scheint das Bild nach den ersten vier Spielen ziemlich klar zu sein: Wenn die Falcons offensiv das Spiel am Boden machen können, dann können sie für viele Teams ein sehr unangenehmer Gegner sein. Dann kommen Bijan Robinsons individuelle Qualitäten besonders gut zur Geltung, dann funktioniert auch Atlantas Defense als eine Unit, die vielleicht keine Spiele dominiert, aber die viel Physis an der Line of Scrimmage und mit Jessie Bates und A.J. Terrell zwei Fixpunkte in der Secondary mitbringt.

Wenn aber die Offense durch die Luft punkten muss, wenn es darum geht, den Ball verlässlich auch mit dem Passspiel zu bewegen, wenn die Defense dominieren muss, oder auch vereinfacht in eine Spielsituation gepackt, wenn Atlanta aufholen muss, dann haben wir schon sehr, drastisch die Limits für diese Offense gesehen.

Es steht außer Frage, dass die Falcons dieses Team vor allem für physische Dominanz am Boden und generell an der Line of Scrimmage zusammengebaut haben. Das ist ihr Ansatz, und das ist auch schön und gut. Aber zu sehen, wie sehr sie komplett davon abhängen, weil sie ansonsten keine Spiele gewinnen können? Das kann Arthur Smith nicht gefallen, und das reicht letztlich auch schlicht nicht.

23. New England Patriots (1-3)

Preseason-Ranking: 24.

In gewisser Weise sind die Patriots genau das Team, das man vor der Saison erwarten konnte. Die Defense ist exzellent, sehr variabel und bringt eine äußerst physische Defensive Line als ein gewichtiges Pfund mit. Rookie-Corner Christian Gonzalez spielt bislang sehr gut und scheint der Defense das zusätzliche Element geben zu können, das dieser Secondary letztes Jahr gefehlt hat.

Mit dieser Defense kann New England jeder Offense zumindest Probleme bereiten, die erst einmal gelöst werden müssen - das Spiel gegen die Dolphins war ein eindrucksvoller Nachweis dafür. Doch auch das wird jetzt durch die Verletzungen von Gonzalez und Matt Judon deutlich schwieriger, und dass Rückkehrer J.C. Jackson an alte Patriots-Tage anknüpfen kann, muss sich auch erst einmal zeigen. 

Die Offense ist zwar im Vergleich zum Vorjahr verbessert, ist aber längst nicht gut genug, um gegen starke Defenses zu bestehen, oder gar das Team insgesamt zu tragen. Dafür ist auch die Line nicht ansatzweise gut genug. Das Spiel gegen die Cowboys war ein Offenbarungseid, und auch wenn Belichick anschließend klargestellt hat, dass die Herausnahme von Mac Jones bereits im dritten Viertel kein Benching war: Die Offense sollte lieber schnell in die Spur finden. Ansonsten wird es bald ungemütlich.

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Power Ranking Plätze 22 bis 13: Junge Quarterbacks, Überraschungen - und die Bengals

22. Cincinnati Bengals (1-3)

Preseason-Ranking: 2.

Ich wollte die Bengals nach vier Spielen auf keinen Fall abschreiben - doch nach diesem Auftritt in Tennessee fällt das zunehmend schwer. Eigentlich ist die individuelle Qualität dafür zu hoch, und das ist ja kein Zufall: Das sollte eigentlich das Jahr der Bengals werden; ich hielt sie vor der Saison bereit für den großen Wurf.

Doch dann wurde schnell klar, wie dramatisch Joe Burrows Wadenverletzung ihn und damit die ganze Offense limitiert. Trotz der Playmaker tun sich die Bengals auffallend schwer damit, mit einem in seinem Bewegungsradius deutlich eingeschränkten Burrow Offense zu kreieren. Man muss hier das Scheme kritisieren, man muss aber auch die Bengals dafür kritisieren, dass sie nicht viel früher auf dem Backup-Quarterback-Markt aktiv wurden, um Burrow eine Pause gönnen zu können.

Das Problem mit dieser Verletzung, und auch das haben Bengals-Fans schon jetzt schmerzhaft zu spüren bekommen, ist die Unvorhersehbarkeit. Jede Bewegung könnte die Verletzung wieder schlimmer werden lassen. Das macht es auch kaum möglich, zu prognostizieren, wo es für die Bengals im weiteren Saisonverlauf noch hingeht, ob Burrow überhaupt bis Saisonende zurück auf 100 Prozent kommt - und ob die Bengals vielleicht schon in einem zu tiefen Loch sind, bis das passiert. Weit weg ist dieser Moment nicht mehr.

Die Defense ist nach wie vor gut und kann Spiele für die Bengals gewinnen; gegen die Rams passierte genau das. Aber um wieder zurück nach oben zu klettern, brauchen die Bengals Burrow näher an 100 Prozent. Und die Hoffnung darauf, dass das rechtzeitig passiert, schwindet.

21. New Orleans Saints (2-2)

Preseason-Ranking: 22.

So ganz weiß ich noch nicht, was ich mit den Saints anfangen soll. Die Defense hatte einen sehr starken Start in die Saison und hat jetzt zum ersten Mal seit Mitte der vergangenen Saison mal wieder 20 Punkte in einem Spiel zugelassen. Insbesondere die Secondary gefällt mir sehr gut, bei der Front habe ich mehr Fragezeichen, auch wenn die Saints hier zum Start in die Saison besser waren als gedacht.

Ich denke nicht, dass die Defense nochmal auf das Top-5-Level kommt, dass sie in der zweiten Saisonhälfte letztes Jahr hatte, aber gut und äußerst unangenehm sind die Saints auf der Seite des Balls definitiv auch in dieser Saison wieder.

Die Offense dagegen besticht bislang vor allem mit ihrer Inkonstanz. Das war mir zu sehr Big-Play-Abhängig bisher, und gegen Tampa Bay war klar zu beobachten, wie wacklig die Offense ist, wenn diese Big Plays eben nicht kommen - egal, ob der Grund dafür Carrs Schulter oder das Mismatch an der Line of Scrimmage war. Die Offensive Line der Saints ist in jedem Fall nach wie vor ein Problem, hier läuft die Offense Gefahr, dass sich Carr zu sehr auf die Checkdowns einschießt und eine ohnehin schon niedrige Success Rate weiter in den Keller fällt.

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20. Indianapolis Colts (2-2)

Preseason-Ranking: 26.

Viel Positives in den ersten Spielen unter Shane Steichen. Anthony Richardson konnte nicht nur sein enormes Potenzial bereits andeuten, als Passer aus der Pocket wirkt er auch weiter, als man es nach einer Saison als College-Starter erwarten sollte. Das für sich betrachtet kann Indianapolis in Spielen halten, oder auch in Spiele zurückbringen - so wie am Sonntag gegen die Rams.

Die Colts haben außerdem wieder mehr Stabilität durch ihre Defensive Line als in der vergangenen Saison. Die Offensive Line sah zu Saisonbeginn gut aus, musste zuletzt aber einige Ausfälle kompensieren, und das hat man dann doch deutlich gemerkt.

Hier sollte bald wieder mehr Stabilität Einzug erhalten, und die eine große Wildcard dieser Colts-Saison zeichnet sich jetzt am Horizont ab: Jonathan Taylor könnte zeitnah sein Comeback geben - oder er könnte zeitnah getradet werden. Beides ist denkbar.

Das ist ein junges Colts-Team, das seine Höhen und Tiefen haben wird. Aber allein das Potenzial, das man über die ersten vier Spiele gesehen hat, in Kombination mit der Stabilität, die der Coaching Staff zu liefern scheint, liefert schon mehr als nur Grund zur Hoffnung.

19. Tennessee Titans (2-2)

Preseason-Ranking: 21.

Die Titans kann man sehr viel präziser zusammenfassen als so manch anderes Team. Tennessee hat nach wie vor eine der physischsten Defensive Lines in der NFL und direkt damit zusammenhängend erneut eine Top-5-Run-Defense. Die Defense hat damit einen Floor, an dem sie sich ausrichten kann. Gleichzeitig aber hat Tennessee eine äußerst anfällige Offensive Line und scheint - womöglich zusammenhängend damit - offensiv noch auf Identitätssuche zu sein.

Selbst Spiele wie das gegen die Saints gleich zum Start, das Tennessee in früheren Jahren auf dem Rücken von Derrick Henry gewonnen hat, wirken auch in der Herangehensweise nicht mehr so klar wie früher bei den Titans. Es wirkt so, als wäre Tennessee offensiv stärker vom Spielverlauf abhängig, als man das für eine Offense sehen will.

Derrick Henry

Wirkt manchmal wie ein Fremdkörper in der Titans-Offense: Running Back Derrick Henry. IMAGO/USA TODAY Network

Die Idee, grundsätzlich vom Run Game weg zu gehen und mehr über das Quick Passing Game zu kommen, ist mit Blick auf die eigene Line keineswegs schlecht. Doch ist Ryan Tannehill nicht der Woche für Woche konstante Kurzpass-Quarterback, den es dafür bräuchte, Henry wirkt darin mitunter wie ein Fremdkörper - und bislang zumindest finden die Titans auf diesem Wege keinen Rhythmus.

So sehr ich das Waffenarsenal zumindest spannend finde und so hoch meine Meinung von dieser Defensive Front auch ist: Tennessee muss offensiv einen Weg finden, um Spiele vernünftig aufzubauen auch wenn der Spielverlauf nicht passt. Denn so ideal wie gegen Cincinnati, wo auch Derrick Henry wieder überzeugt hat, wird es nicht allzu häufig laufen.

18. Green Bay Packers (2-2)

Preseason-Ranking: 19.

Dass die Packers auf der offensiven Seite des Balls inkonstant sind, ist nachvollziehbar. Jordan Love bestreitet seine ersten Spiele als NFL-Starting-Quarterback, die Receiver und Tight Ends sind allesamt sehr jung und die Offensive Line musste sich bereits mit mehreren Verletzungen herumschlagen. Bei David Bakhtiari muss man an diesem Punkt schon fast davon ausgehen, dass er keine Rolle mehr spielen wird.

Und wir haben mit der Offense auch schon die Höhen gesehen, mal bedingt durch Matt LaFleurs Play-Calling, mal durch die Playmaker, mal auch durch individuelle Plays auch von Love selbst. Hier waren positive Phasen und Momente definitiv sichtbar, aber man merkt eben, dass aus verschiedenen Gründen die Konstanz noch nicht da ist.

Das sollte eigentlich die Defense auffangen können. Hier steckt all das Erstrunden-Pick-Kapital, hier sollte eigentlich jede Menge Stabilität herkommen. Doch auch das war nur in Phasen zu beobachten und führt auf dieser Seite des Balls abermals zu jeder Menge Frustration, zumindest bei mir als neutralem Beobachter und bei Fans mit Sicherheit umso mehr. Green Bay wird dieses Jahr Spiele haben, in denen alle Rädchen ineinander greifen, und dann kann es spektakulär werden und es kann zu Überraschungen kommen. Aber auch für den unerwarteten Griff ins Klo muss man mit diesem Team aktuell jederzeit gewappnet sein.

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17. Houston Texans (2-2)

Preseason-Ranking: 31.

Eine der für mich größten Positiv-Überraschungen dieser noch jungen Saison. Die Texans zeigen in den ersten Spielen unter DeMeco Ryans, dass sie auf beiden Seiten des Balls schnell eine Identität finden: Mit einem guten Pass Rush und einer bereits fortgeschrittenen Passing-Offense.

Hier ist insbesondere C.J. Stroud positiv hervorzuheben, aber auch die junge Receiver-Gruppe schlägt sich beachtlich. Und offensiv erwarte ich noch eine Steigerung, wenn dann mal die Offensive Line endlich wieder näher an ihrer Bestbesetzung ist.

Natürlich gibt es in diesem Kader noch personelle Defizite, die Secondary wäre hier zuallererst zu nennen. Und es ist ein junges Team in vielen Schlüsselpositionen, also ist auch eine gewisses Maß an Inkonstanz noch immer zu erwarten. Womöglich gibt es auch die sprichwörtliche "Rookie-Wall" für dieses Team in der zweiten Saisonhälfte. Aber nach vier Spielen darf man für die perspektivische Prognose bei den Texans äußerst optimistisch sein.

16. Washington Commanders (2-2)

Preseason-Ranking: 25.

Sam Howell von den Washington Commanders

Sam Howell bietet Washington-Fans Woche für Woche eine wilde Achterbahnfahrt. IMAGO/ZUMA Wire

Ob Sam Howell für Washington die mittel- oder gar langfristige Antwort sein kann, diese Frage muss man nicht nach vier Wochen beantworten.

Er zeigt als Passer viel Positives, insbesondere mit seiner Aggressivität und der Bereitschaft, vertikal und in enge Fenster zu attackieren. Umgekehrt aber reißt er sich dann mit seinem Pocket-Verhalten und seinem Verhalten unter Druck - den er viel zu häufig selbst verschuldet - vieles davon in der Gesamtanalyse wieder ein. Von Howell haben wir bereits jetzt in dieser noch jungen Saison eine ganze Bandbreite an Höhen und Tiefen gesehen.

Das macht die Commanders-Offense, die unter Eric Bieniemy einige sehr gute Ansätze gezeigt hat, unnötig instabil und inkonstant. Dabei sollte man aber nicht alle Schuld auf Howell abladen, denn die Line ist keineswegs gut, und die Playmaker-Gruppe ist nicht schlecht, aber außerhalb von Terry McLaurin muss hier auch mehr noch kommen.

Sollte die Offense noch mehr Konstanz finden - und nochmal, es ist zu früh für ein finales Urteil zu Sam Howell -, dann hat Washington mit seiner Defense eine Chance, für einige Überraschungen noch zu sorgen. Die Defensive Line jedenfalls wird den Erwartungen bislang gerecht und ist gut genug, um Spiele zu gewinnen oder zumindest maßgeblich zu prägen. Und Rookie-Corner Emmanuel Forbes hatte einen sehr guten Einstand in seine erste NFL-Saison.

15. Minnesota Vikings (1-3)

Preseason-Ranking: 14.

Nachdem in der vergangenen Saison das Glück und die 11-0-Bilanz in One-Score-Games und die Tatsache, dass Minnesota zu kaum einem Zeitpunkt der Saison so gut war wie der Record es vermuten lassen würde, die zentralen Themen waren, fast immer wenn es um die Vikings ging, ist es jetzt auch angebracht, die andere Seite zu beleuchten. Die Vikings hatten über die ersten Spiele definitiv jede Menge Pech, ob bei Fumbles oder bei Beinahe-Interceptions, die zum Touchdown beim Gegner landen. Natürlich ist das nicht alles unverschuldet; einige der Fumbles gingen auf gravierende individuelle Vikings-Fehler zurück, und wenn der Corner einen Bock schießt, dann ist das nicht per se einfach nur Pech.

Aber Minnesota ist, um im Thema zu bleiben, besser, als der 1-3-Record vermuten lassen würde. Wie viel besser, darüber kann man diskutieren. Insbesondere die Interior Offensive Line sowie die Defensive Line generell sorgen erwartungsgemäß für Bauchschmerzen. Das Passing Game aber sieht sehr gut aus, und die Defense kann mit Aggressivität Spiele vielleicht nicht unbedingt gewinnen, aber zumindest prägen und so Offenses in eine bestimmte Richtung schieben. Ich würde Minnesota trotz eines denkbar unglücklichen Starts noch nicht gänzlich abschreiben.

14. Los Angeles Rams (2-2)

Preseason-Ranking: 30.

Die Los Angeles Rams 2023

Ich würde die Rams schon jetzt als eine der positivsten Überraschungen dieser Saison bezeichnen, und der Sprung hier im Ranking verglichen mit meiner Einschätzung vor Saisonstart unterstreicht das. Und das nicht nur aufgrund der Tatsache, dass die Offense den Ball besser bewegt als gedacht, dass Matt Stafford tatsächlich zurück bei 100 Prozent zu sein scheint und dass man in Puka Nacua ganz offensichtlich einen Volltreffer im Draft gelandet hat.

Auch die Defense überrascht positiv, unter anderem weil die beiden Rookies Kobie Turner und Byron Young neben Aaron Donald schnell ihre Rollen gefunden haben und hier echten Mehrwert bieten.

Das klingt jetzt sehr rosig, wenngleich die Realität noch immer ein Top-5-Pick am Ende sein könnte, und das mitnichten ein Schocker wäre. Insbesondere wenn sich die Probleme in der Offensive Line fortsetzen. Gleichzeitig kommt bald Cooper Kupp zurück, und wer weiß, zu was die Offense dann noch in der Lage ist.

Letztlich ging es in dieser Rams-Saison vor allem darum, herauszufinden, ob man ein paar Treffer im Draft gelandet und Starter für die Zukunft gefunden hat - und darum, ob das Franchise in seiner grundlegenden Ausrichtung auf dem richtigen Weg ist, um einen schnellen Turnaround einzuleiten. Bei beiden Punkten dürften die Verantwortlichen in Los Angeles nach vier Spielen mehr als zufrieden sein.

13. Tampa Bay Buccaneers (3-1)

Preseason-Ranking: 29.

Nachdem ich die Buccaneers vor der Saison definitiv unterschätzt habe, wage ich einen neuen Versuch. Denn ich denke, dass wir nach den ersten vier Spielen relativ klar sagen können, was die Bucs sind: Wenn Tampa Bay offensiv ein sauberes Spiel bekommt - also keine eigenen Turnover und eine gute Effizienz bei Third Down -, dann können die Bucs vielen Teams Probleme bereiten.

Sie können damit nicht mit der Liga-Spitze mithalten, das hat das Eagles-Spiel eindrucksvoll unterstrichen, aber sie können in vielen Spielen mindestens kompetitiv sein. Mike Evans spielt eine sehr gute Saison, die Defensive Front kann anfälligere Lines unter Druck setzen und Baker Mayfield spielt mit einer guten Mischung aus Aggressivität und Effizienz. Der Sieg in New Orleans am Sonntag war ein eindrucksvolles Statement.

Aber gleichzeitig ist das eben auch ein Ritt auf Messers Schneide. Denn wenn dann doch die zwei, drei größeren negativen Plays für die eigene Offense kommen - und Mayfield für sich betrachtet ist ja durchaus eine wöchentliche Wildcard, auch wenn er gut in die Saison reingefunden hat -, dann kann es schon eng werden.

Das Run Game ist nach wie vor nicht gut, was direkt damit zusammenhängt, dass die Interior Offensive Line nicht gut ist. Und die Defense ist noch immer schlagkräftig, aber gehört gleichzeitig nicht in die Elite-Top-3-Kategorie, sodass diese Unit die Bucs durch ein Tief trägt. Solange aber Mayfield nicht komplett einbricht, sollte diese Formel reichen, um bis zum Schluss um die NFC South mitzuspielen und diese Division womöglich auch zu gewinnen.

Baker Mayfield, Tampa Bay Buccaneers

Baker Mayfield spielt bislang eine überraschend starke Saison für die Buccaneers. IMAGO/ZUMA Wire

Power Ranking Plätze 12 bis 8: Play-offs sind drin - aber auch mehr?

12. Cleveland Browns (2-2)

Preseason-Ranking: 18.

Skepsis mit Blick auf die Offense ist nach wie vor angebracht, und nach der schweren Verletzung von Nick Chubb umso mehr. Ich habe weiterhin ernsthafte Zweifel daran, dass man um Deshaun Watson herum nochmals ein High-End-Dropback-Passing-Game aufbauen kann - und umso größere Zweifel, dass das im Zusammenspiel mit Kevin Stefanski noch passieren wird.

Angesichts dessen, was wir bisher in dieser Saison allerdings gesehen haben, darf die Folgefrage lauten: Inwieweit brauchen die Browns aktuell überhaupt ein High-End-Dropback-Passing-Game? Oder reicht womöglich eine solide Offense, die den Ball noch immer halbwegs in Ordnung laufen kann, und deren Playmaker auf den Skill-Positions hier und da Big Plays auflegen?

Denn Clevelands Defense hat sich über das erste Saisonviertel als die beste Defensive in der NFL positioniert. Ich hatte einen deutlichen Sprung auf der Seite des Balls erwartet, einfach dadurch, dass Myles Garrett mehr Hilfe bekommt, dass die Run-Defense stabilisiert sein sollte und dass der dringend benötigte Play-Caller-Wechsel vollzogen worden war. Diesen Sprung allerdings hatte ich nicht kommen sehen. Cleveland hat auf der defensiven Seite des Balls bislang eine Dominanz, welche die Browns in dieser Saison weit bringen könnte - solange die Offense halbwegs funktional ist.

11. Seattle Seahawks (3-1)

Preseason-Ranking: 12.

Mit dem 11-Sack-Spiel gegen die Giants am Montagabend werden die Total Stats einmal gehörig nach oben geschraubt, aber ich denke, dass die Spiele gegen Carolina und New York auch einen echten Analyse-Punkt liefern: Seattles Defense ist in der Lage, wacklige Offensive Lines und mittelmäßige (oder schlechtere) Quarterbacks vor erhebliche Probleme zu stellen - inklusive mit mehr Blitzing und einem generell aggressiveren Ansatz.

Außerdem ist ohne Frage noch Upside in dieser Defense. Gleichzeitig war auch schon in dieser Saison zu beobachten, dass bessere Offenses ohne Probleme den Ball gegen diese Defense bewegen können.

Und dementsprechend sehe ich Seattle auch genau in diesem Bereich. Die Seahawks werden gegen etwa zwei Drittel der Liga im Spiel sein und haben eine echte Chance, zu gewinnen - auch weil die Offense Shootouts für sich entscheiden kann, selbst mit einer angeschlagenen Offensive Line. Für ganz oben reicht es auf der anderen Seite aber noch nicht.

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10. Jacksonville Jaguars (2-2)

Preseason-Ranking: 9.

Nach vier Wochen ist natürlich noch kein endgültiges Urteil über irgendein Team möglich, ganz egal, wie verlockend es manchmal auch sein mag. Mein Eindruck zu den Jaguars aber ist, dass die Vorschusslorbeeren der Offseason noch ein wenig zu hoch für dieses Team waren. Nicht dahingehend, dass Jacksonville absolut ein Kandidat für einen erneuten Auftritt in der Divisional-Runde ist - aber dahingehend, dass die Jaguars vielleicht schon ein Titelanwärter sein könnten.

Zumindest über die ersten vier Spiele war mein zentraler Takeaway zu Jacksonville, dass der Spielraum für Fehler für diese Passing-Offense doch sehr gering ist. Defensiv steht und fällt viel zu viel allein mit Josh Allen, der Pass Rush um ihn herum ist nicht gut und die Defense insgesamt ist extrem inkonstant.

Und in der Offense hatte Trevor Lawrence ein deutlich besseres erstes Saisonviertel, als die Stats nahelegen würden. Doch die Line ist ein wöchentliches Problem, das Run Game funktioniert noch nicht - und die Receiver leisten sich zu viele individuelle Fehler. Die Jags kommen so weit, wie ihr Passing Game sie tragen wird. Und zwar, und das ist dann der Knackpunkt mit diesem Team, ausschließlich ihr Passing Game.

9. Detroit Lions (3-1)

Preseason-Ranking: 16.

Die Lions gehören genau an den Rand der Top-10-Konversation, und genau so spielen sie auch. Detroit ist an einem Punkt angekommen, an dem sie mittelmäßige Teams mit ihrer Offensive Line dominieren können, mit genügend Plays von insbesondere Amon-Ra St. Brown und Rookie-Tight-End Sam LaPorta, während defensiv Aidan Hutchinson eine herausragende Saison spielt, und auch hier mit Brian Branch ein Rookie direkt ein Leistungsträger wurde.

Das Passing Game ist nicht auf dem Level der absoluten Top-Teams, und die Defensive Front hatte jetzt schon einige Spiele, in denen außerhalb von Hutchinson - der bis dato eine herausragende Saison spielt - zu wenig kam. Es fehlen bisweilen die "Elite-Traits" als Team, also der Bereich, in dem Detroit so herausragend gut ist, dass er den Lions Upside auch Richtung Play-offs ermöglicht.

Das macht es schwer, Detroit signifikant höher als rund um den zehnten Platz zu platzieren. Das ist ein rundum gutes Team, Detroit hat sich eine Mannschaft mit einem sehr stabilen Floor aufgebaut, und das könnte dieses Jahr ohne Frage für den Division-Titel im Norden und damit erstmal ein Play-off-Heimspiel reichen.

8. Los Angeles Chargers (2-2)

Preseason-Ranking: 8.

Justin Herbert, Los Angeles Chargers

Wie weit kann Justin Herbert die Chargers dieses Jahr tragen? IMAGO/USA TODAY Network

Wenn man die positiven Punkte der bisherigen Chargers-Saison hervorheben will, dann wären es für mich diese: Die offensive Identität ist unter Kellen Moore flexibel, sodass die Chargers Matchup-spezifischer attackieren können.

Mit Justin Herbert haben die Chargers zudem einen Elite-Quarterback, dem sie im Zweifelsfall den Ball in die Hand geben und das Spiel gewinnen lassen können; selten habe ich das in einem Spiel eindrucksvoller vom ersten bis zum letzten Snap gesehen als gegen die Vikings in Woche 3.

Die schlechten Nachrichten? Durch das Saisonaus von Mike Williams fehlt ein essenzieller Playmaker, sodass Quentin Johnston jetzt mehr zeigen muss. Auch Center Corey Linsley ist erstmal raus, eine empfindliche Schwächung für ein Team, das auch über seine Line gewinnen will. Und die Defense lässt bisher extrem viel zu wünschen übrig - trotz einer bis dato tollen ersten NFL-Saison von Rookie-Pass-Rusher Tuli Tuipulotu und trotz des 6-Sack-Spiels von Khalil Mack am Sonntag gegen die Raiders, nachdem Mack über die ersten drei Spiele weitestgehend unsichtbar war.

Das ergibt in der Summe ein Team, das eigentlich, was die Timeline seiner Kaderentwicklung angeht, dieses Jahr einen tiefen Play-off-Run anpeilen sollte. Doch stattdessen scheint es ein Team zu sein, das dank seiner Offense und mit dem gelegentlichen defensiven Big Play bis zum Ende der Regular Season relevant sein kann und auch eine reelle Chance auf die Postseason hat. Doch um verlässlich ganz oben mitzuspielen, dafür reicht es noch nicht und das ist ein aus Chargers-Sicht frustrierendes Zwischenfazit nach dem ersten Saisonviertel.

Power Ranking Top 7: Die Titelanwärter nach vier Wochen

7. Baltimore Ravens (3-1)

Preseason-Ranking: 10.

Obwohl die Ravens schon früh in der Saison einmal mehr diverse Ausfälle kompensieren mussten - unter anderen die von Ronnie Stanley, Marcus Williams, Marlon Humphrey, Tyler Linderbaum und J.K. Dobbins -, legte Baltimore einen Start nach Maß hin. Und das ist kein Zufall: Nach jahrelanger Abhängigkeit von Lamar Jackson offensiv sowie dem eigenen eindimensionalen Blitzing-Scheme defensiv könnten die ersten Spiele dieser Saison nicht deutlicher unterstreichen, wie sehr sich das Bild in Baltimore geändert hat.

Die Ravens haben offensiv viel mehr Möglichkeiten im Passing Game, und auch das Run Game ist in mancher Hinsicht vielseitiger geworden als vorher. Das entlastet sowohl Jackson als auch die Line - und gleichzeitig können die Ravens den Ball laufen, oder Jackson ein First Down am Boden herausholen, wenn nötig. Das Spiel gegen eine sehr starke Browns-Defense am vergangenen Sonntag war ein weiterer klarer Hinweis darauf - und es war eines der besten Spiele, das ich von Jackson überhaupt bislang gesehen habe.

Die Defense wurde schon letztes Jahr umgebaut, und hier erntet man schon erste Früchte. Mit einer extrem variablen, aber gut abgestimmten Secondary können die Ravens Offenses auch ohne High-End-Pass-Rush vor Probleme stellen. Die Production im Pass Rush kommt dann eher im Gesamtverbund, in diesem Zusammenspiel aber haben die Ravens eine Top-10-Defense. Ich bin gespannt, wo sich die Offense noch hinentwickeln kann, hier könnte schon dieses Jahr für die Ravens ein Play-off-Run drin sein. Dafür aber muss Baltimore auf beiden Seiten des Balls noch konstanter spielen als bisher.

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6. Dallas Cowboys (3-1)

Preseason-Ranking: 5.

Fast überflüssig zu erwähnen, dass der Ausfall von Trevon Diggs den Cowboys wehtun wird. Erst recht, wenn es später in der Saison und gegebenenfalls dann in den Play-offs darum geht, kritische Spiele zu gewinnen und die besten Offenses in der NFL zu neutralisieren.

Die Cowboys haben immer noch eine Elite-Front mit einem der besten Pass Rusher in der NFL in Micah Parsons, und sie haben die Secondary, um Diggs' Ausfall zumindest in der Breite aufzufangen - in der Spitze kann man den Verlust des Nummer-1-Corners Mid-Season nicht kompensieren.

All diese Punkte sind umso relevanter, weil die Offense bisher nicht gezeigt hat, dass sie das Team tragen kann. Zugegeben, die Sample Size ist überschaubar, und in den ersten beiden Spielen der Saison musste die Offense aufgrund der Dominanz der eigenen Defense nicht allzu viel zeigen. Dazu kamen Verletzungen in der Offensive Line, sodass das Bild bislang noch einigermaßen unscharf ist.

Nichtsdestotrotz war die Niederlage in Arizona und die Art und Weise, wie insbesondere die Passing-Offense dabei aussah, Grund zur Sorge und vor allem Wasser auf die Mühlen von all denen, die ernsthafte Zweifel daran hatten, dass Mike McCarthy die Offense von Kellen Moore übernimmt. Die Cowboys müssen mehr Kreativität in der Passing-Offense und insbesondere in der Red Zone an den Tag legen - erst recht jetzt, wenn die Offense bald einen größeren Anteil übernehmen muss.

5. Miami Dolphins (3-1)

Preseason-Ranking: 11.

Selten hat mich eine Offense über die ersten Spiele einer Saison so begeistert, wie die Dolphins dieses Jahr. Diese Mischung aus Kreativität, neuen Ideen im Play-Design, dem absurdesten Speed in der NFL und einem Quarterback, der das System immer und immer wieder blitzartig umsetzt - das sorgt für echtes Spektakel, und es sorgt für jede Menge Punkte.

Zweifel daran, zu wie viel Prozent Miami das über die ganze Saison aufrechterhalten kann, sind sicher gerechtfertigt. Einerseits durch die Vorgeschichte an Verletzungen, die dieses Team nun einmal hat, andererseits aber auch dahingehend, was passiert, wenn Defenses sich im Laufe der Saison auf manche Dinge besser einstellen. Kann Tua dann mehr übernehmen? Was, wenn die Offensive Line stärker in den Fokus rückt?

All das sind berechtigte Bedenken, Tua spielt besser als in der vergangenen Saison, das erste Saisonviertel hat aber auch gezeigt, dass sich die Defense noch deutlich besser finden muss, damit die Dolphins dann auch als Team insgesamt einen Play-off-Run hinlegen können. Miami ist ein wöchentliches Spektakel (abgesehen vom hinteren Teil des jüngsten Spiels in Buffalo), und ich will immer lieber die Elite-Offense mit der fragwürdigen Defense haben, als andersherum. Aktuell aber ist das Pendel bei Miami doch sehr unausgeglichen.

4. Philadelphia Eagles (4-0)

Preseason-Ranking: 3.

Die Eagles sind in der angenehmen Situation, dass sie, obwohl man einige Schwachstellen noch relativ klar benennen kann, diese Probleme lösen können - während sie gleichzeitig Spiele gewinnen. Den amtierenden NFC-Champion erwartet noch ein brutaler Schedule, sodass die Siege in der Frühphase dieser Saison noch sehr wichtig sein werden.

Jalen Hurts und Lane Johnson von den Eagles

Jalen Hurts und die Eagles-Offense finden nach und nach besser in die Spur. IMAGO/USA TODAY Network

Philadelphia ist mit vier Siegen in die Saison gestartet, und das gegen einige sehr spezielle Defensive Coordinators; es ist keine Überraschung, dass Jalen Hurts über die ersten drei Spiele mehr geblitzt wurde, als jeder andere Quarterback - in diesen drei Spielen ging es gegen Bill Belichick, Brian Flores und Todd Bowles.

Philadelphia konnte diese Spiele für sich entscheiden, auch weil die individuelle Qualität nach wie vor extrem hoch ist, und weil man sich aufs Run Game und auf die Defensive Front stützen kann, während das Passing Game stockt. Das Spiel gegen Washington war für mich das mit Abstand rundeste dieser Offense im Gesamtbild und auch das beste Spiel von Jalen Hurts als Passer bislang in dieser Saison.

All das ist eine angenehme Grundlage, während man versucht, das Passing Game wieder effizienter zu machen. Aber damit die Eagles auch am Ende der Saison bereit für einen tiefen Play-off-Run sind, müssen hier wieder mehr Lösungen gefunden werden. Denn ich denke nicht, dass die Secondary auf dem gleichen Level ist wie letztes Jahr, und dann wird es früher oder später vorkommen, dass trotz einer Elite-Front die eigene Offense mehr zeigen muss.

3. Kansas City Chiefs (3-1)

Preseason-Ranking: 1.

Dass die Chiefs offensiv noch ein paar Dinge in Ordnung bringen müssen, steht außer Frage. Ich will sehen, dass einer der Receiver den nächsten Schritt macht und sich zumindest so etabliert, dass Kansas City die Rolle, die JuJu Smith-Schuster letztes Jahr hatte, wieder besetzen kann. Und ich will eine verlässlichere Offensive Line sehen, und das betrifft vor allem die beiden Tackles.

Das sind keine geringen Fragezeichen, gleichzeitig hat Kansas City mit Patrick Mahomes, Travis Kelce und Andy Reid eine so sichere Baseline, dass man bei den anderen Punkten etwas gelassener draufschauen und abwarten kann, was passiert. Selbst mit den aktuellen Problemzonen ist das eine Top-8-Offense.

Dass ich bei den Chiefs als Top-3-Team so sicher bin, liegt aber auch maßgeblich daran, dass die Chiefs dieses Jahr eine Defense haben. Das ist mindestens eine Top-10-, und man könnte einen Case für eine Top-5-Defense machen. Kansas City hat sich hier sehr gezielt entwickelt, die jungen Spieler und Draft-Picks der letzten Jahre schlagen ein - und mit Chris Jones zurück ist das eine schlagkräftige Unit. So komplett insgesamt waren die Chiefs vielleicht noch nie in der Mahomes-Ära. Und so viel fehlt offensiv nicht.

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2. Buffalo Bills (3-1)

Preseason-Ranking: 4.

Der Auftakt in die Saison war gleichermaßen holprig wie auch enttäuschend: In einer Partie, in der es nach der frühen Verletzung von Aaron Rodgers einfach nur darum ging, gegen Zach Wilson eben nicht selbstverschuldet das Spiel herzuschenken, machte Josh Allen genau das.

Das krasse Gegenbeispiel kam dann gegen die Dolphins am vergangenen Wochenende. Das war nicht nur die Bills-Offense, die aus allen Rohren feuert, sondern auch Allen in Topform; als Game Manager, wenn das von ihm verlangt wird, und als Big-Play-Monster, wenn das Play oder die Situation das erfordert.

Seit dem Auftritt im ersten Spiel hat Allen sich generell merklich stabilisiert, auch weil die Bills offensiv dann doch die Veränderungen eingebaut haben, auf die ich anhand ihrer Offseason-Moves gehofft hatte: Das Run Game wird mehr eine tragende Säule, damit Allen nicht mehr vorschnell in den Superman-Modus schaltet, weil er denkt, jedes Play machen zu müssen.

Diese Balance macht Buffalos Offense so viel gefährlicher. Und die Defense, seit dieser Saison komplett in der Hand von Head Coach Sean McDermott, ist immer noch wahnsinnig solide - und wenn Von Miller im Laufe der Saison zurückkommt, steigert sich hier auch das Big-Play-Potenzial, wenngleich jetzt erst einmal der Verlust von Cornerback Tre’Davious White aufgefangen werden muss. Dennoch: Die Bills sind auf einem sehr guten Weg.

1. San Francisco 49ers (4-0)

Preseason-Ranking: 6.

Brock Purdy

Funktioniert weiterhin sehr gut in der 49ers-Offense: Brock Purdy, Quarterback in San Francisco. IMAGO/USA TODAY Network

Das kompletteste Team in der NFL aktuell. An dieser Stelle spare ich mir alle Brock-Purdy-Debatten (die gibt es nächste Woche im Quarterback-Ranking!) und halte einfach fest: Er ist ein sehr, sehr guter Quarterback für Kyle Shanahans Offense. Dieses Zusammenspiel sieht nach nicht einmal einer vollen Purdy-Starter-Saison schon sehr gut aus - und natürlich hilft es, einen der besten Play-Caller und das vielleicht Quarterback-freundlichste Waffenarsenal in der NFL an seiner Seite zu haben.

Es ist spektakulär zu beobachten, wie Purdy den Ball hier verteilt und was dann die Playmaker mit dem "Ei" in der Hand machen. Brandon Aiyuk wäre in vielen Offenses die Waffe Nummer 1, hier ist er die dritte, oder, je nach Matchup, vierte Option. Das unterstreicht die enorme Qualität, die San Francisco hier hat.

Die Offense ist nicht ganz so explosiv wie die der Dolphins - welche Offense ist das schon? -, aber sie hat einen spektakulär hohen Floor. Im Gegensatz zu den Fins haben die Niners dafür aber, mal wieder, eine Top-5-Defense. Dieses Zusammenspiel macht die Kalifornier im Moment zu einer sensationell effizienten Maschine.

Adrian Franke

Mahomes, Young, Rodgers & Co.: Die NFL-Quarterbacks 2023