Bundesliga

"Wir lehnen sämtliche Vorschläge einer Deregulierung von Investoren ab"

Intensiver Austausch mit der UEFA - DFL warnt vor neuen Auswüchsen

"Wir lehnen sämtliche Vorschläge einer Deregulierung von Investoren ab"

Die DFL positioniert sich nun auch öffentlich klar gegen eine Deregulierung von Investoren.

Die DFL positioniert sich nun auch öffentlich klar gegen eine Deregulierung von Investoren. imago images/Jan Huebner

Seit gut zwei Jahren verantwortet Dr. Marc Lenz bei der DFL die Bereiche Unternehmensstrategie und Internationale Angelegenheiten, zuvor arbeitete er bei der UEFA. Entsprechend verfügt er über tiefe Einblicke in die wirtschaftlichen Strukturen des europäischen Fußballs und die Pläne einiger Investorenklubs. Lenz ist alarmiert und warnt vor einer Deregulierung, die es Investoren ermöglichen würde, noch viel mehr Geld als bisher in den Fußball zu pumpen: "Wir lehnen sämtliche Vorschläge einer Deregulierung oder Liberalisierung von Investoren ab."

Das Financial Fair Play (FFP) wird oft und auch durchaus zu Recht als Papiertiger verspottet. Erinnert sei daran, dass der Internationale Sportsgerichtshof CAS vor einem Jahr die von der UEFA gegen Manchester City verhängte zweijährige Europa-Cup-Sperre wegen Verstößen gegen das FFP aufhob. Nichtsdestotrotz unterband das FFP bisher noch krassere Auswüchse. Lenz erklärt anhand eines Beispiels: "Wenn ein Investor einem Verein 100 Millionen Euro gibt, dürfen unter den aktuellen Regularien innerhalb von drei Jahren nur 25 Millionen für Spieler und Transferkosten genutzt werden. Die restlichen 75 Millionen Euro fließen in die Jugendentwicklung, Infrastruktur oder andere förderungswürdige Projekte. Doch die neuen Ideen sehen unlimitierte Gesamtkosten vor, solange sie durch Investorengelder gedeckt sind. Das lehnen wir strikt ab."

"Fortlaufende Diskussion zur Reform des Financial Fair Play"

Wie der kicker bereits im Frühjahr exklusiv berichtete, warnte die DFL die Klubs im Rahmen einer Mitgliederversammlung vor den Deregulierungsplänen. Nun geht die DFL bei diesem Thema auch öffentlich deutlicher als bisher in die Offensive. "Wir haben das nie so offen kommuniziert, aber in 2020 waren wir federführend daran beteiligt, dass es das FFP im aktuellen Status Quo überhaupt noch gibt. Es gab klare Intentionen, die Regularien auszusetzen - mit der aus unserer Sicht opportunistischen Begründung der Pandemie und Liquiditätsschwierigkeiten", erklärt Lenz. Für die Bundesligisten gehe es bei diesem Thema um die "wirtschaftliche und sportliche Wettbewerbsfähigkeit unter Berücksichtigung der 50+1-Regel".

Auch 2021 gebe es eine "fortlaufende Diskussion zur Reform des Financial Fair Play", so Lenz. In der vergangenen Woche sickerte durch, dass eine Gehaltsobergrenze und Luxussteuer die aktuellen Regelungen ablösen sollen. "Wenn man rein objektiv die Personalkostenquote in Deutschland und im Ausland betrachtet, sieht man sehr deutlich, wer rational agiert und wer nicht. Wir liegen nach UEFA-Definition bei einer Personalkostenquote von 54 Prozent, andere Ligen bei weit über 70 Prozent", erläutert Lenz. Ergo: "Eine Gehaltsobergrenze bei 70 Prozent wäre für einige schon einschneidend."

Im Schatten der medialen Diskussion über eine Gehaltsobergrenze beobachtet die DFL jedoch mit Sorge die heraufziehende Gefahr durch die Deregulierungspläne einiger investorengeführter Vereine. Dabei muss allerdings differenziert werden. Es gehe um die Frage, "inwiefern ein Investor mit oder ohne Renditeerwartung wirtschaftet", erklärt Lenz - und führt aus: "Investoren mit Renditeerwartung - vielfach in England - präferieren eine Kostenregulierung, denn deren Taschen sind nicht unendlich. Sie möchten wettbewerbsfähig sein, aber in einem vernünftigen Rahmen. Es gibt aber auch Investoren ohne Renditeerwartung. Deren Interesse ist es, aktuell limitierende Regularien aufzuweichen oder abzuschaffen." Konkrete Namen nennt er nicht, doch es liegt auf der Hand, dass es dabei um Klubs wie Paris St. Germain geht. Salopp formuliert könnte man sagen: Wo das Öl sprudelt, ist das Gehalt eines Messi nicht mehr als ein Taschengeld. Die Haltung der DFL ist eindeutig und wird in einem aktuellen Positionspapier dokumentiert. Darin heißt es: "DFL unterstützt Maßnahmen zur Stärkung der finanziellen Stabilität plus Kostenrationalität sowie deren strikte Implementierung/Sanktionierung; DFL lehnt Vorschläge zur Deregulierung/Liberalisierung von Investoren-Geldern ab."

Bundesliga hält sich bei Transfers zurück

Wie unseriös in einigen Ligen gewirtschaftet wird, offenbart der jüngste Benchmarking-Report der UEFA. Mit 639 Millionen Euro gaben die Bundesligisten im Jahr 2020 deutlich weniger für Transfers aus als die Klubs in den anderen vier europäischen Top-Ligen. In England waren es 1,8 Milliarden, was vor dem Hintergrund der exorbitanten Vermarktungserlöse allerdings noch erklärbar ist. Erstaunlicher ist schon, dass in Frankreich 821 Millionen Euro in neue Spieler flossen, obwohl dort die Liga im Frühjahr 2020 coronabedingt abgebrochen wurde. "Es gibt auch Ligen, die haben doppelt so hohe Transferausgaben wie die deutschen Klubs bei einer wesentlich schlechteren finanziellen Position", sagt Lenz. Damit kann nur die Serie A gemeint sein, deren Transferausgaben sich im vergangenen Jahr auf 1,2 Milliarden Euro summierten. Für viele Fans ist das Rad längst überdreht, die drohende Deregulierung könnte jedoch für noch gewaltigere Auswüchse sorgen.

Die DFL setzt im Austausch mit den anderen europäischen Ligen alles daran, die Deregulierungspläne zu verhindern; zudem positioniert sich die Bundesliga über ihre Vertreter innerhalb der European Club Association (ECA) klar. Doch es ist offen, ob es ein Happy End für den Fußball geben wird. Der große öffentliche Aufschrei, den es bei den Plänen zur Super League gab, blieb bisher aus. Wohl auch deshalb geht die DFL nun mit mahnenden Worten an die Öffentlichkeit. Laut "Times" will die UEFA schon im September ihre Reformpläne vorstellen, um sie 2022 umzusetzen. Auf dem Spiel steht nicht nur die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Klubs, es droht auch eine weitere Entfremdung von den Fans.

Julian Franzke