Bundesliga

TSG Hoffenheim: Was hinter dem Wittmann-Protest steckt

"Rogon die Rote Karte zeigen"

Was wirklich hinter dem Wittmann-Protest der TSG-Fans steckt

Choreographie der TSG-Fans vor dem Spiel gegen Union.

Choreographie der TSG-Fans vor dem Spiel gegen Union. IMAGO/Eibner

"Rogon die Rote Karte zeigen", hieß es auf einem Transparent in der TSG-Kurve vor dem 0:1 am Samstag gegen den 1.FC Union. Dazu Schmähgesange gegen den Mitgründer der Agentur, Roger Wittmann, der bekanntlich über enge Drähte zu Hauptgesellschafter Dietmar Hopp verfügt. Dazu hatte eine Fangruppierung einen zweiseitigen Flyer verteilt, der deren Sicht auf die Dinge darstellt.

Der Unmut gegenüber Rogon sei "kein neues Thema, das gab es immer wieder mal", erzählte Sportgeschäftsführer Alexander Rosen hinterher und unterstrich: "Wir haben extrem positive Reaktionen für die Vertragsverlängerung mit Umut Tohumcu bekommen. Der beliebteste Spieler der vergangenen fünf Jahre, würde man eine Umfrage machen, wäre Georginio Rutter", meinte Rosen und urteilte: "Ganz ausgewogen erscheint mir das nicht." Der 44-Jährige meint, die Ursachen zu kennen: "Der Punkt, der unsere Fans am meisten stört, ist, dass Attila Szalai im Derby (gegen den Sportclub, Anm. d. Red.) im Kader war und am nächsten Tag in Freiburg unterschrieben hat." Den Ärger über den Umstand könne er nachvollziehen und erläuterte, dass die Leihe zum SC bereits vor dem Duell festgestanden habe. Es sei kein Thema gewesen, dass Szalai spiele. "Es war aber auch kein Thema, ihn deshalb aus dem Kader zu nehmen."

Rosens Erklärung greift zu kurz

Rosens Gesamterklärung allerdings greift zu kurz, denn die Anhänger thematisieren zwar in der Tat in ihrem Flyer die Szalai-Thematik als Aufhänger, doch im Gesamtkontext prangern sie an: "Wittmann, der seit über zehn Jahren zu viel Einfluss auf unsere TSG nimmt und regelmäßig Transfers abwickelt, ist sich seiner Machtposition im Verein selbst bestens bewusst. (…) Er handelt stets im eigenen Interesse an überzogenen Provisionen. Kein vergleichbarer Bundesligist kann es sich herausnehmen, regelmäßig 10-15 Millionen Euro teure Flops zu kaufen." Eine Anspielung auf Szalai und wohl auch Stanley Nsoki - beides linksfüßige Innenverteidiger, beide von Rogon betreut. Die TSG hatte im Sommer 2023 12,3 Millionen Euro für Szalai investiert und eine ähnliche Summe für Nsoki ein Jahr zuvor.

Um die Verästelungen Wittmanns in den Kraichgau zu vervollständigen, müssen jedoch auch Personalien wie Rutter, Roberto Firmino oder Joelinton erwähnt werden, die dem Emporkömmling Millionen brachten. Allerdings gibt es auch eine enorme Liste an Flops, Spieler wie Bruno Nazario, die zigmal verliehen wurden und es nie nachhaltig in die Bundesliga schafften. Eine Gesamtauflistung der Ausgaben, Gehälter und Provision und dazu eine Gegenüberstellung der Transfereinnahmen wäre in der Tat spannend. Tatsächlich wies etwa die TSG-Spielbetriebs-GmbH 2016, ein Jahr nach dem 41-Millionen-Verkauf Firminos an den FC Liverpool 18,2 Millionen Euro an Verbindlichkeiten an der Transfair-Rechteverwertungs-GmbH aus, die laut Football Leaks Rechte an dem Spieler übernommen haben soll.

Über mit dieser Gesellschaft, die heute Hobra GmbH & Co. KG heißt, verbundene Firmen wiederum hat Hopp 2020 einen Klub in Brasilien übernommen, der von Personen und Firmen aus dem Rogon-Dunstkreis aufgebaut wurde. Zudem hält die Hobra die Mehrheit an dem portugiesischen Zweitligisten Academico de Viseu, bei dem seit der Übernahme immer wieder Rogon-Profis aufschlagen. Alles in allem also steckt deutlich mehr hinter dem Protest, als nur der Unmut über eine unglückliche Kader- und Leihkonstellation.

Benni Hofmann

Zuschauer-Ranking 2023/24: Sieben Zweitligisten in der Top 15