DFB-Pokal

Drei Freiburger standen mit Streich schon im Pokalfinale

Vor dem Endspiel gegen RB Leipzig

Vom Schnuppern und Träumen: Drei Freiburger gewannen mit Streich schon ein Pokalfinale

Gewannen den U-19-Pokal mit Freiburg: Christian Günter, Nicolas Höfler und Jonathan Schmid.

Gewannen den U-19-Pokal mit Freiburg: Christian Günter, Nicolas Höfler und Jonathan Schmid. imago images/Jan Huebner

In die große Freude über den Triumph mischt sich tief empfundene Trauer. "Die Jungs loszulassen, ist nicht einfach", sagt Christian Streich mit Tränen in den Augen. Es ist Mai 2011, der Freiburger Trainer trägt Anzug. Ungewöhnliche Kleidung, mit der Streich dem Anlass Respekt zollt. Er hat im Berliner Olympiapark gerade ein nationales Endspiel bestritten - und gewonnen. Schon zum dritten Mal. Nach 2006 und 2009 sichert sich der renommierte A-Jugend-Trainer der Freiburger Fußballschule mit seinem Team den DFB-Junioren-Vereinspokal. Seit 1996 coacht er die U-19-Jahrgänge. Nun aber soll er seine Jungs loslassen. Schon zuvor arbeitet er parallel im Stab von Profitrainer Robin Dutt.

Viel Überzeugungsarbeit nötig

Volker-Finke-Nachfolger Dutt verlässt den Klub 2011 nach vier Jahren, U-23-Coach Marcus Sorg übernimmt - mit Streich als erstem Co-Trainer. Das verträgt sich nicht mehr mit der Verantwortung für die A-Jugend, für Streich Herzensangelegenheit und mehr als ein Full-Time-Job. Streich wechselt nicht ohne Widerwillen; der kehrt ein halbes Jahr später zurück, als der erfolglose Sorg entlassen wird und Streich ihm nachfolgen soll: Nach erster Ablehnung und viel Überzeugungsarbeit im Klub stimmt er zu. Elf Jahre nach seinem letzten Cup-Gewinn kehrt er nun in den Berliner Olympiapark zurück. Als Protagonist.

Finalspiele 2022 und 2011

Der SC Freiburg steht erstmals in seiner Historie im DFB-Pokal-Finale und Streich an der Seitenlinie. Nicht mehr im kleinen Amateurstadion, sondern im großen historischen Bauwerk. Über 70.000 Menschen werden es bevölkern, wenn es am Samstag gegen RB Leipzig um den goldenen Pott geht. Mit dabei: Christian Günter, Nicolas Höfler und Jonathan Schmid. Alle drei haben mit Streich schon den A-Jugend-Pokal gewonnen und greifen nach dem ersten großen Titel für den SC.

Kontinuität ist das Stichwort

"Das ist natürlich etwas ganz Besonderes in dieser schnelllebigen Fußballwelt", sagt Streich und findet: "Es ist kein Zufall, dass es in Freiburg stattfindet. Es hat mit ganz vielen Leuten zu tun, die sich wahnsinnig dafür einsetzen, dass gewisse Entwicklungen stattfinden, in der Fußballschule und überall im Verein." Stichwort: Kontinuität. Ein Attribut, für das der Sport-Club im deutschen Profibereich wie kein Zweiter steht, wenn es um das verantwortliche und das kickende Personal geht.

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Während sich Höfler (zwei Leihjahre in Aue) und Schmid (ein Jahr in Hoffenheim und drei in Augsburg) zwischenzeitlich woanders fortbildeten, spielt Günter seit 2007 ununterbrochen für Freiburg. Seit 2020 ist der Linksverteidiger Kapitän, mit nun 269 Bundesliga- Einsätzen Rekordspieler des Klubs und Nationalspieler. "Im Finale zu stehen ist ein absoluter Traum, der wahr wird. Als wir in der A-Jugend dran geschnuppert haben, wurde dieser Traum noch größer", sagt Günter. Kurz bevor er im Sommer 2012 zu den Profis befördert wurde, gewann er unter Martin Schweizer gleich noch mal den A-Jugend-Pokal. Auch Matthias Ginter schaffte diesen Doppelpack.

Streichs Abschiedssaison im Nachwuchs erlebte Ginter als fußballerisch frühreifer 16- und 17-Jähriger. "Ich kannte den Trainer aus den Erzählungen meines Bruders Niklas, der 2009 den Pokal mit Streich gewonnen hat", blickt Ginter zurück: "Anfangs habe ich nur ehrfürchtig am Training teilgenommen, insgesamt war das Jahr Gold wert für mich, ich habe sehr viel gelernt." Und gleich einen Titel als Startelfspieler und erster Torschütze im Elfmeterschießen gegen Rostock gewonnen.

Streich "wollte die A-Jugend nie abgeben"

"Die hatten ihre Ultras dabei, die Stimmung war besonders. Abends waren wir beim großen Finale. Es war ein Riesenerlebnis und fing damit an, dass wir ausnahmsweise mit dem Flugzeug reisen durften", erinnert sich Ginter: "Der Trainer war danach sehr emotional, er wollte die A-Jugend nie abgeben." Im Nachhinein könne man sagen: "Alles richtig so", meint Ginter und grinst. Ab Sommer erweitert der zurückkehrende Nationalspieler die U-19-Siegerfraktion beim SC.

Diese Erlebnisse haben für Streich nach wie vor eine riesige Bedeutung: "Es war dreimal großartig mit der A-Jugend. So etwas werde ich nicht mehr erleben, weil es einzigartig war, mit 18-, 19-Jährigen, deren Eltern, Verwandten und Freunden ein Endspiel spielen zu dürfen." Nun komme etwas neues "Unvergleichliches, aber mit einigen Jungs, mit denen ich das andere schon erleben durfte".

Klemens Hartenbach erlebte Freiburgs ersten U-19-Pokal-Sieg 2006 als Co-Trainer von Streich. Mit Blick auf das Quartett meint der Sportdirektor: "Die alle mit dem SC im großen Finale? Da hätte damals kaum jemand dran geglaubt." Nun schließe sich "irgendwie ein Kreis". Streich widerspricht: "Lieber den Kreis offenhalten für Weiteres. Wenn ich jetzt aufhören würde, wäre es wie ein Abschluss. Aber nur so richtig, wenn du gewinnst. Endspiele zu verlieren ist scheiße. Ich weiß zwar nicht, wie es im Pokal ist, aber sonst irgendwie - bei Brettspielen oder bei Tippkick-Turnieren. Endspiele gewinnen ist super."

Im seit 1987 ausgetragenen Junioren-Pokal ist Freiburg mit sechs Titeln bei sechs Finalteilnahmen sogar Rekordsieger. Zuletzt triumphierte die U 19 2014 und 2018, diese Saison unterlag sie Dortmund im Halbfinale. Am Samstag versuchen Streich und Co. die 100-prozentige Erfolgsquote aufs große Finale zu übertragen. Gelingt das, würden wohl reine Freudentränen fließen.

Carsten Schröter-Lorenz