Bundesliga

Verlängerung, Kündigung, Klage: Der Handball-Rechtsstreit zwischen Manuel Zehnder und HC Erlangen erklärt

Eine Chronik der Posse zwischen HBL-Torschützenkönig und Verein

Verlängerung, Kündigung, Klage: Der Rechtsstreit zwischen Zehnder und Erlangen erklärt

Manuel Zehnder hat vor Gericht gegen den HCE eine Niederlage kassiert.

Manuel Zehnder hat vor Gericht gegen den HCE eine Niederlage kassiert. IMAGO/Eibner

Das Arbeitsgericht Nürnberg lehnte am gestrigen Donnerstag (27. Juni) den Antrag von Manuel Zehnder ab. Ende Mai dieses Jahres hatte der 24-jährige Rückraumspieler seinen Vertrag beim HC Erlangen gekündigt - und wollte mit einer einstweiligen Verfügung die Wirksamkeit seiner Kündigung bestätigen lassen. Zehnder scheiterte vor Gericht vor allem an Formalien.

Der Torschützenkönig der abgelaufenen Bundesliga-Saison, der in dieser an den ThSV Eisenach ausgeliehen war, möchte den HCE endgültig verlassen. Zehnder strebt einen Wechsel innerhalb der Handball-Bundesliga an, wie aus den Unterlagen zur Urteilsbegründung, die handball-world vorliegen, hervorgeht. Dabei gehe es ihm um eine sportliche und finanzielle Weiterentwicklung.

Was ist wann passiert? Nachfolgend eine Chronik anhand der handball-world-Informationen.

Manuel Zehnder gegen den HC Erlangen: Chronik der Posse

Ende 2021:
Der Handball-Bundesligist HC Erlangen und der Rückraumspieler Manuel Zehnder einigen sich auf einen Wechsel. Zehnders Vertrag beim HCE beginnt im Sommer 2022, endet 2025 - und ist nur in der 1. Liga gültig. Erlangen sichert sich zudem eine Option, den Kontrakt vorzeitig zum Sommer 2024 auflösen zu können.

1. Dezember 2021:
Zehnder bekommt den Vertrag (mit einer einfachen digitalen Unterschrift des HCE-Geschäftsführers (René Selke)) per Whatsapp von seinem Berater zugesandt. Der Spieler schickt das Dokument mit einer eingescannten Unterschrift von sich per E-Mail an seinen Berater zurück. Der leitet es wiederum an den HC Erlangen weiter.

12. Januar 2022:
Der Transfer des Schweizer Nationalspielers von seinem Heimatverein HSC Suhr Aarau in die Handball-Bundesliga, zum HC Erlangen, wird öffentlich.

Sommer 2022:
Es existiert ein von beiden Seiten unterschriebener Spielberechtigungs-Antrag. Sowohl neben der Unterschrift des damaligen Erlangen-Sportdirektors Raul Alonso als auch neben der von Manuel Zehnder steht das Datum 01.07.2022.

6. Juli 2022:
Zehnder zieht nach Erlangen um.

11. bis 17. Juli 2022:
Es finden die ersten offiziellen HCE-Termine der Saison 2022/23 statt.

15. Juli 2022:
Sportdirektor Alonso bittet Manuel Zehnder per Whatsapp um Informationen zur Beantragung des Wechsels.

Mai 2023:
Der Spieler, sein Stammverein Erlangen und der Bundesliga-Aufsteiger ThSV Eisenach einigen sich auf eine Leihe. In diesem Zusammenhang wird Zehnders Vertrag beim HCE verlängert - bis 2026. Der HCE hat auch hier eine Option, das Arbeitsverhältnis mit dem Spieler frühzeitig zu beenden - zum Sommer 2025.

Manuel Zehnder bekommt den Verlängerungsvertrag via Whatsapp von seinem Berater. Er unterschreibt digital über eine App.

26. August 2023:
Der ThSV Eisenach um Manuel Zehnder startet mit einem großen Knall in die Bundesliga-Saison. Der Schweizer trifft beim überraschenden 31:30-Sieg gegen den Bergischen HC satte 13 Mal - und steuert noch fünf Assists bei.

Oktober/November 2023:
Es folgen Gala-Auftritte des Eisenacher Schlüsselspielers gegen die Top-Teams Flensburg (erneut 13 Tore) und Magdeburg (zehn Treffer). Der Name Manuel Zehnder ist in aller Munde.

20. November 2023:
Zehnder hat zu diesem Zeitpunkt in den ersten 13 Bundesliga-Spielen der Saison 101 Tore erzielt - und kommt damit auf einen starken Schnitt von 7,8 Treffern pro Partie. Sein Berater teilt der sportlichen Leitung des HC Erlangen per Mail mit, dass der Rückraumspieler im Sommer gerne eine komplett neue Challenge annehmen wolle und der HCE perspektivisch keine Option mehr für ihn sei.

Raul Alonso stellt daraufhin klar, dass Erlangen mit Zehnder für die kommende Saison fest plant.

2. März 2024:
"Die Entwicklung von Manu freut uns wirklich sehr. Das war genau der Grund, was wir mit der Leihe bezwecken wollten", schildert Erlangen-Geschäftsführer René Selke auf handball-world-Anfrage.

Zehnder-Rückkehr: Erlangen-Boss mit klarer Ansage

Dabei schiebt er einem Zehnder-Verbleib beim ThSV den Riegel vor. "Es war von Anfang an klar, dass wir nach diesem einen Jahr mit ihm weiter in die Zukunft gehen werden." Selke betont: "Wir wollen eine Mannschaft mit und um ihm herum für die Zukunft aufstellen."

31. Mai 2024:
Der HC Erlangen bekommt ein Schreiben von der Zehnder-Seite. Der Spieler kündigt darin den Vertrag ordentlich zum 30. Juni 2024. Im gleichen Brief bittet der Schweizer seinen Stammverein um eine schriftliche Bestätigung der Wirksamkeit der Kündigung, um diese dem Verband gegenüber nachweisen zu können.

2. Juni 2024:
Manuel Zehnder krönt sich zum Torschützenkönig der Bundesliga-Saison 2023/24. Er verweist Mathias Gidsel (263 Tore) auf den zweiten Platz. Der Welthandballer fehlte im letzten Spiel in Eisenach verletzt, sodass es nicht mehr zu einem finalen Duell kam. Mit acht Treffern gegen die Füchse Berlin schraubt Zehnder sein Konto auf 277 hoch.

"Es ist eine schöne Bestätigung für diese Saison, aber auf keinen Fall eine Einzelauszeichnung für mich. Was diese Mannschaft geleistet hat mit Misha (Anm. d. Red.: Kaufmann) als Trainer, das hätte vor dieser Saison niemand gedacht", sagt der Schweizer Nationalspieler danach am Dyn-Mikrofon.

Unterdessen äußert sich Eisenachs Geschäftsführer René Witte zu den Gerüchten um einen Zehnder-Verbleib beim ThSV: "Aktuell ist da für uns nichts möglich. Die Leihe endet nach der Saison und alles andere liegt nicht in unserer Kraft."

4. Juni 2024:
Erlangen weist die Kündigung per E-Mail zurück.

5. Juni 2024:
Mit einem Hinweis auf den Trainingsstart am 15. Juli weist der HCE die Kündigung erneut zurück.

6. Juni 2024:
In der Folge schreiben die Zehnder-Vertreter per Mail an die HBL und übermitteln das Kündigungsschreiben samt Zustellungsnachweis. Die Liga wird zudem aufgefordert, die Wirksamkeit der Kündigung zu bestätigen.

Die Geschäftsleitung Spielorganisation der Handball-Bundesliga (Andreas Wäschenbach) antwortet am 6. Juni. U.a. heißt es darin: "Für die HBL entscheidend sind die Unterlagen zur Beantragung von Spielberechtigungen. Arbeitsrechtliche Fragen sind nicht durch die HBL, sondern durch zuständige Arbeitsgerichte zu klären. Die HBL kann daher die Wirksamkeit der Kündigung ihres Mandanten nicht bestätigen."

12. Juni 2024:
HCE-Geschäftsführer Selke telefoniert mit dem Spielleiter sowie dem Justiziar der Handball-Bundesliga. Dabei geht es darum, ob die Liga Zehnder eine Spielberechtigung für einen neuen Verein erteilen würde, sofern eine einstwillige Verfügung vorliegt. Demnach habe Justiziar Andreas Thiel das mehrfach verneint. Die HBL wolle das Hauptsacheverfahren abwarten.

19. Juni 2024:
René Selke gibt eine eidesstattliche Versicherung über den Inhalt der HBL-Telefonate ab.

Es findet ein erster Termin vor dem Arbeitsgericht Nürnberg statt: Mit einer einstweiligen Verfügung will Manuel Zehnder in einem Eilverfahren die Wirksamkeit seiner Vertragskündigung bestätigen lassen. Die Vorsitzende Richterin verkündet aber noch keine Entscheidung, sondern gewährt Zehnder und dem HC Erlangen eine Acht-Tage-Frist, um sich doch noch außergerichtlich zu einigen.

27. Juni 2024:
Die Frist ist abgelaufen. Beide Parteien konnten sich nicht einigen. Um 9 Uhr verkündet die Richterin das Urteil: Der Zehnder-Antrag wird zurückgewiesen.

Die Seite von Manuel Zehnder kann gegen dieses nun Berufung einlegen. Legt die Hamburger Kanzlei BluePort Legal, die den 24-Jährigen vertritt, innerhalb eines Monats Rechtsmittel ein, so würde die Angelegenheit beim Landesarbeitsgericht Nürnberg (die nächsthöhere Instanz) landen.

Niklas Beckmann