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Sommermärchen-Verfahren eingestellt: Millionenregen für den DFB?

In der WM-Affäre stellt Zwanziger nun Strafanzeige gegen Ankläger

Sommermärchen-Verfahren eingestellt: Millionenregen für den DFB?

Für den DFB ist das Verfahren noch nicht vorbei.

Für den DFB ist das Verfahren noch nicht vorbei. IMAGO/Nico Herbertz

Damals hatte der DFB aufgrund eines entsprechenden Bescheids der Frankfurter Finanzbehörden 22,57 Millionen Euro an Steuern nachzahlen müssen, aber direkt Rechtsmittel eingelegt. Ein solches Verfahren landet normalerweise beim zuständigen Finanzgericht, hier wäre das Kassel. Allerdings muss die Behörde bei einer solchen Sachlage zunächst warten. Denn zunächst galt es, den Hintergrund der Zahlung von 6,7 Millionen Euro des DFB via FIFA an den damaligen Adidas-Chef, Robert Louis-Dreyfus, strafrechtlich zu klären. Das ist mit der Einstellung der Sache gegen die damaligen DFB-Funktionäre Theo Zwanziger, Horst R. Schmidt und Wolfgang Niersbach nun geschehen.

Dass das Geld zugunsten des damaligen Chefs des Organisationskomitees der WM 2006, Franz Beckenbauer, floss, war nach dem vom DFB 2015 in Auftrag gegebenen Freshfields-Ermittlungsbericht rasch klar. Beckenbauer hatte sich 2002 das Geld von Louis-Dreyfus geliehen, weil der notorisch korrupte, katarische Ex-FIFA-Funktionär Mohammed Bin Hammam 6,7 Millionen Euro forderte - in der Diktion Beckenbauers als Vorschuss für einen späteren WM-Organisationskostenzuschuss der FIFA in Höhe von 170 Mio. Euro.

Dies hätte als Betriebsausgabe die Gemeinnützigkeit des Verbandes nicht gefährdet. Darüber hinaus argumentierte zum Beispiel Zwanziger: Beckenbauer hätte als OK-Chef hingeworfen, hätte der Verband ihn nicht bei Louis-Dreyfus ausgelöst. Auch dies entspräche dann einer Betriebsausgabe. Anno 2020 war der Sachverhalt auch Gegenstand eines Strafprozesses in der Schweiz, der nie zu Ende geführt wurde, weil der Tatbestand nach absurd verschleppten Aufklärungen verjährt war. Genau darauf begründet das LG Frankfurt nun die Einstellung auch in Deutschland. "Das Gericht hat zutreffend festgestellt, dass durch den Einstellungsbeschluss des schweizerischen Bundesstrafgerichts vom 20. Mai 2021 Strafklageverbrauch nach Art. 54 SDÜ eingetreten ist, da beide Strafverfahren denselben Sachverhalt betrafen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse", teilten Schmidts Verteidiger, die Rechtsanwälte Dr. Bernd Groß und Dr. Tilman Reichling, mit.

"Die Entscheidung ist konsequent und rechtlich richtig. Das ewige juristische Gerumpel um das Sommermärchen 2006 findet damit jedenfalls vorläufig einen sauberen Abschluss", findet der Strafrechtsexperte und Rechtsanwalt Dr. Ingo Bott. "Es wäre zu wünschen, dass das auch die weiterhin sehr angespitzt auftretenden Strafverfolgungsbehörden akzeptieren."

Allerdings will mit Zwanziger auch ein einstmals Beschuldigter keinen Schlussstrich ziehen. Der 77-Jährige sieht sich durch den geplatzten Prozess um die Chance gebracht, "im Rahmen der Hauptverhandlung durch das Gericht in der Sache feststellen zu lassen, dass er keine Täuschung begangen hat und insbesondere nicht die ihm von der Staatsanwaltschaft Frankfurt unzutreffend vorgeworfene schwere Steuerhinterziehung", ließ er über seinen Anwalt Hans-Jörg Metz verkünden. Der Diezer Jurist und Zwanziger haben bereits Ende September beim Hessischen Justizminister Roman Poseck, wie früher Zwanziger ein CDU-Politiker, eine Strafanzeige gegen Beamte der Steuerfahndung, Staatsanwälte und Richter des Oberlandesgerichts eingereicht.

Und auch für den DFB ist das Verfahren noch nicht vorbei, allerdings dürften dem Verband eher positive Nachrichten ins Haus stehen. Denn nun kann wiederum das Finanzgericht Kassel seine Arbeit aufnehmen und den Rechtsstreit zwischen Verband und Fiskus behandeln, wobei die Behörde mit Verweis auf das Steuergeheimnis den Fall nicht kommentiert auf kicker-Nachfrage. Auch Zwanziger, der Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche nicht unter 50.000 Euro geltend macht, fordert die Rückzahlung der 22,57 Mio. Euro an den DFB, "nebst Zinsen in beträchtlicher Höhe". Laut Experten könnte es sich dabei um ein Plus von 1,5 bis 2 Mio. Euro handeln. Ob der Einstellung des Verfahrens vor dem LG dürfte der DFB gute Erfolgschancen haben.

DIE WM-AFFÄRE - CHRONOLOGIE DER EREIGNISSE

Benni Hofmann