Bundesliga

So wird Ngankam immer wertvoller

Herthas junger Stürmer kombiniert Physis, Fleiß und Mut

So wird Ngankam immer wertvoller

Ziemlich eklig für de Mainzer Defensive: Herthas Offensivspieler Jessic Ngankam

Ziemlich eklig für de Mainzer Defensive: Herthas Offensivspieler Jessic Ngankam IMAGO/Matthias Koch

Grundsätzlich, daran ließ Florian Niederlechner keinen Zweifel, hätte er sich die Ausführung dieses Handstrafstoßes natürlich zugetraut. "Ich hätte ihn auch geschossen", sagte der Stürmer in den Katakomben des Olympiastadions. "Aber ich mach' da kein Fass auf. Wenn er schon am Punkt steht und sich den Ball nehmen will, bin ich keiner, der Ärger macht. Er hat ihn reingemacht, von daher ist alles super."

Ngankam - da ist einer herangewachsen

Er - das war Jessic Ngankam, der sich nach der fragwürdigen Handelfmeter-Entscheidung gegen den Mainzer Leandro Barreiro den Ball sehr entschlossen schnappte, beim Anlauf kurz verzögerte und Gäste-Keeper Robin Zentner cool verlud. Es war Ngankams sechstes Bundesliga-Tor und das zweite in dieser Saison, die für Herthas Eigengewächs nach allerhand Verletzungspech erst im Winter richtig begonnen hatte - und es war der neuerliche Beweis, dass da einer herangewachsen ist, der sich selbst eine Menge zutraut und dem auch die anderen eine Menge zutrauen. "Jessic hat auch schon in Testspielen den einen oder anderen Elfmeter geschossen und probiert es auch im Training immer wieder", sagte Abwehrchef Marc Kempf. "Wenn er sich gut fühlt, dann soll er sich den Ball nehmen und schießen."

Das tat er und sagte hinterher: "Ich habe mich gut gefühlt, bin zum Punkt gegangen, habe nach dem Ball gefragt, kurz nochmal mit Flo geredet und geschossen." Es war Ngankams Premieren-Elfmeter in der Bundesliga, und sein Trainer Sandro Schwarz war nicht überrascht, dass sich der von Routiniers wie Florian Niederlechner (32), Marvin Plattenhardt (31) und Tolga Cigerci (30) umgebene 22-jährige Ngankam den Ball schnappte.

Jessic ist einer, der sich in jeden Ball reinhaut. Wenn man richtig gedeutet hat, wie die Mainzer Innenverteidiger geredet haben, war es ziemlich eklig für sie.

Florian Niederlechner

"Jessic ist ein Spieler, der sehr selbstbewusst agiert", sagte Schwarz, der seinem wuchtigen Stürmer in den 72 Einsatzminuten "eine sehr gute Leistung" bescheinigte. "Das, was er im Tank hatte, hat er komplett abgerufen. Er ist körperlich robust und ist gut angelaufen." Das war der Grund, warum Ngankam in der Startelf den Vorzug vor Topscorer Dodi Lukebakio erhalten hatte. Ngankam tut dem Gegner auch dann weh, wenn der Gegner den Ball hat - das lässt sich von Lukebakio nicht zwingend behaupten. Nebenmann Niederlechner lobte den Youngster an seiner Seite: "Jessic ist einer, der sich in jeden Ball reinhaut. Wenn man richtig gedeutet hat, wie die Mainzer Innenverteidiger geredet haben, war es ziemlich eklig für sie."

Viele Verletzungen

Herthas Termine

Unbequem für die gegnerischen Abwehrspieler ist dieser athletische Angreifer, den Schwarz im Winter mit Blick auf dessen Leidenszeit als internen Neuzugang eingestuft hatte. Hinter Ngankam, 2018 mit Hertha Deutscher A-Jugend-Meister, liegen zwei Jahre, die gespickt waren mit Rückschlägen. Zwei Tage nach seiner Leihe nach Fürth riss er sich im Sommer 2021 das Kreuzband. Ein Jahr später, nach der Rückkehr in die Hauptstadt, verletzte sich Ngankam in der Saisonvorbereitung erneut am Knie. Im September 2022 folgte ein Muskelfaserriss.

Nach mehreren Joker-Einsätzen zu Beginn dieses Jahres sorgt er inzwischen auch als Starter für Furore. Ungetrübt war die Freude über das eigene Erfolgserlebnis am Samstag allerdings bei weitem nicht. "Ärgerlich" fand Ngankam das Ergebnis: "Wir hatten eigentlich alles im Griff, unsere Taktik ist aufgegangen. Dann wurden wir vielleicht etwas zu passiv, und Mainz traf mit der ersten Chance." Sein Fazit: "Wir haben einen Punkt gewonnen, aber auch zwei verschenkt." An ihm lag’s nicht.

Steffen Rohr

Bilder zur Partie Hertha BSC - 1. FSV Mainz 05