Bundesliga

So wird Gregoritsch Streichs Ansprüchen nicht gerecht

Der zur Führungskraft qualifizierte ÖFB-Stürmer ohne den letzten Punch

So wird Gregoritsch Streichs Ansprüchen nicht gerecht

Christian Streich holte Michael Gregoritsch nach einer knappen Stunde in Dortmund vom Feld. 

Christian Streich holte Michael Gregoritsch nach einer knappen Stunde in Dortmund vom Feld.  IMAGO/Beautiful Sports

Nach der dritten Niederlage in Serie mit 2:9 Toren entschied sich Streich, im Urteil Milde walten zu lassen und "die Jungs aufzubauen". Schließlich steht für Freiburgs Trainer und seine Profis in einem anderen Wettbewerb am Donnerstag ein entscheidendes Spiel an. Beim RC Lens, aktuell Sechster in Frankreich, steigt das Play-off-Hinspiel in der Europa League.

Bei allen positiven Ansätzen, die Streich hervorhob, gab es allerdings auch eine längere Mängelliste beim Auftritt in Dortmund: Individuell schlechtes Abwehrverhalten vor den Gegentreffern (Sildillia, Makengo, Szalai), immer wieder verlorene Bälle und Zweikämpfe gegen gut aufgelegte, Champions-League-erprobte BVB-Profis, sowie einige Unzulänglichkeiten in der komplett wirkungslosen Offensivabteilung.

21. Spieltag

Nur 14 Ballkontakte und ohne die letzte Konsequenz

"Wir waren nicht durchschlagskräftig genug, weil wir vorne die letzten Pässe und bei Flanken die Laufwege in die Box nicht gut genug machen", kritisierte Streich: "Wir hatten genug Balleroberungen, aber du musst vorne mal einen Laufweg machen, bei dem du klar zum Abschluss kommst." Gegenüber zehn Dortmunder Torchancen verzeichnete der SC nur eine: Michael Gregoritschs Kopfball sei laut Streich "nicht scharf genug" gekommen. Lukas Küblers Flanke kam allerdings auch nicht optimal.

Von dieser Szene abgesehen legte Gregoritsch jedoch einen auffällig enttäuschenden Auftritt hin. Nicht, weil er sonst keinen Abschluss verzeichnete oder keinen Torschuss vorlegte. Er hätte zwar besser und öfter von den Mitspielern eingebunden werden können, dass er aber nur 14 Ballkontakte hatte, lag auch an ihm. Gregoritsch ließ die letzte Konsequenz, den letzten Punch in seinen Aktionen vermissen. Im Anlaufen und im Infight mit den Gegenspielern, wo er meist gar nicht hinkam. Seine sechs Zweikämpfe waren allesamt Luftduelle, von denen er laut Statistik zwei Drittel verlor.

Leichtes Spiel für Süle und Schlotterbeck

Von der Statistik abgesehen trat Gregoritsch nicht mit der letzten Bereitschaft auf, den BVB-Innenverteidigern Niklas Süle und Nico Schlotterbeck im Zweifel auch mal wehzutun, ihnen einen unangenehmen Abend zu bereiten. Das Duo hatte vielmehr leichtes Spiel mit ihm. Ein Foul ist für Gregoritsch notiert, selbst gefoult wurde er gar nicht. Zum Vergleich: Dortmunds herausragender Mittelstürmer Niclas Füllkrug (ein Tor, vier Torschussvorlagen, darunter zwei Assists), der etwa Sildillia vor dem 2:0 robust abtropfen ließ, foulte trotz der BVB-Überlegenheit selbst dreimal und wurde einmal gefoult.

Im November 2023 hatte Gregoritsch Füllkrug noch in den Schatten gestellt

Dabei gab es erst im November 2023 einen Abend, an dem Gregoritsch Kollege Füllkrug klar in den Schatten stellte. Bei Österreichs verdientem 2:0-Sieg gegen Deutschland gehörte der SC-Angreifer (Note 2) zu den besten ÖFB-Akteuren und Füllkrug blieb blass (Note 5). Gregoritsch hat spielerisch, in der Luft und in Sachen Torabschluss einiges drauf. Zusammen mit seiner Erfahrung qualifiziert ihn das zur Führungskraft. Doch statt entschlossen voranzugehen, lässt er immer wieder in puncto Aggressivität, Pressing und Präsenz den letzten Punch vermissen.

Dabei kann er auch ohne Scorerpunkt und eigene Großchance einen wichtigen Beitrag fürs Team leisten - zuletzt bewiesen beim 3:2 gegen Hoffenheim vor drei Wochen. Für Präsenz, Balleroberungen, Lufthoheit und defensive Aktionen in dieser Partie gab es ein Lob von Streich - verbunden mit klaren Ansprüchen an seinen Neuner mit der Nummer 38. 

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"Gregerl war ein richtiger Unruheherd. Er hat sich richtig was vorgenommen, aber das muss auch so sein, wenn er diesen nächsten, richtigen Schritt machen will - egal wie alt er ist. Manchmal hat bei ihm früher ein bisschen was gefehlt, dann lief es nicht so, dann war er irgendwo anders", sagte Streich und forderte: "Hier durchbeißen und das alles machen, dann wird er ein richtig guter österreichischer Nationalspieler und ein Sturmtank vorne."

Streichs Lob für Doan kam nicht zufällig

Im kommenden Spiel in Bremen erfüllte Gregoritsch (Note 5) die Erwartungen nicht, durfte zwar noch durchspielen, kam gegen Stuttgart aber dann nur als Joker. In Dortmund wechselte Streich seinen Stürmer mit dem ähnlich wirkungslosen Top-Scorer Vincenzo Grifo schon in der 59. Minute aus und hat danach nicht zufällig einen der eingewechselten Offensivkräfte gelobt: "Ritsu Doan kam mit Power rein." Die zeigte der Japaner vor allem in den Zweikämpfen.

Um das bei aller Kritik klarzustellen: Viele Freiburger blieben in Dortmund unter ihren Möglichkeiten und selbst mit einem Gregoritsch in Topform hätte der SC mutmaßlich klar verloren. Steigern sollte sich der SC-Stürmer dennoch erheblich. Spannend, ob er in Lens nochmals die Chance dazu in der Startelf bekommt. Zumindest der Wettbewerb könnte ein gutes Omen sein. Nach langer Durstrecke ohne Tor und persönlich weitgehend verkorkster Hinrunde hatte sich der 1,93-Meter-Mann Ende November durch einen Hattrick beim 5:0 gegen Piräus den Frust von der Seele geschossen.

Carsten Schröter-Lorenz

Bilder zur Partie BV 09 Borussia Dortmund gegen SC Freiburg