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Handball | Schweden betrogen: "Würde es 100-mal so machen"

Deutscher Gegner hadert mit Halbfinal-Aus

Schweden fühlen sich betrogen: "Ich würde es 100-mal so machen"

Er war konsterniert nach dem Halbfinal-Aus: Spielmacher Jim Gottfridsson.

Er war konsterniert nach dem Halbfinal-Aus: Spielmacher Jim Gottfridsson. Ingrid Anderson-Jensen

Aus Köln berichtet Maximilian Schmidt

Zur Pause lagen die Schweden in ihrem Halbfinale gegen Frankreich mit sechs Toren zurück, standen mit dem Rücken zur Wand. Mit einer furiosen Leistung nach der Pause hatte der Titelverteidiger das Final-Ticket kurz vor Schluss allerdings doch fest in der eigenen Hand. Ehe es ihnen nach schwedischer Sicht von den nordmazedonischen Schiedsrichtern Slave Nikolov und Gjorgji Nachevski aus der Hand gerissen wurde.

Kiels Eric Johansson sprach am Samstagmorgen in der Mixed Zone der Lanxess Arena von "drei falschen Entscheidungen am Ende". Ein Stürmerfoul, ein angeblicher Schrittfehler sowie besonders der direkt verwandelte Freiwurf von Frankreichs Elohim Prandi erhitzten die Gemüter der sonst so kühlen Skandinavier.

Johansson bekräftige, dass er "enttäuscht" sei, "dass die Schiedsrichter die Video Review nicht nutzen, um sich den Freiwurf nochmal anzuschauen". Der Rückraum-Shooter des THW schüttelte den Kopf und fügte an: "Das verstehe ich einfach nicht."

Die EHF stellte kurz darauf in ihrem Statement klar, dass das Gremium nach "sorgfältiger Bewertung der Situation" zu dem Schluss gekommen sei, "dass es im Ermessen der EHF-Schiedsrichter liegt und nicht verpflichtend ist, die VR-Technologie einzusetzen". Barcelonas Jonathan Carlsbogard bezeichnete die Entscheidung der Unparteiischen als "leider falsch". 

Respekt zollte er PSG-Profi Prandi dennoch: "Das ist natürlich krank, wie er den Ball von da reinschießt." Die Video Review müsse aus Sicht des ehemaligen Lemgoers aber gerade genutzt werden, "um diese Sachen zu kontrollieren". Warum Prandis Treffer durchaus regelkonform war, legte Regelexperte Jürgen Scharoff offen.

"Dann kannst du jeden Angriff abpfeifen"

Am Ende äußerte sich mit Jim Gottfridsson auch noch ein "unmittelbar" Betroffener. Beim Stand von 27:26 für die Schweden führte der Spielmacher der SG Flensburg-Handewitt noch einmal den Ball Richtung französisches Tor, wurde allerdings wegen eines Schrittfehlers zurückgepfiffen. Das Drama nahm seinen Lauf.

Start des EM-Finalwochenendes

Eine Entscheidung, die für den 31-Jährigen auch am Tag danach noch komplett unverständlich war. "Von 100 Versuchen würde ich es 100-mal so machen - immer mit der gleichen Bewegung", stellte Gottfridsson klar: "Auch wenn ich mir die Situation 1000-mal anschaue, das ist kein Schrittfehler. Und wenn das Schrittfehler ist, dann glaube ich, kannst du jeden Angriff abpfeifen."

Die Laune beim MVP der vergangenen Europameisterschaft im Jahr 2022 war verständlicherweise im Keller. "Ich finde, wir machen alles richtig, um dieses Finale zu erreichen." Drei "fragwürdige Entscheidungen binnen 18 Sekunden" hätten die Schweden das Endspiel gekostet. Neben seinem Schrittfehler und Prandis Kunstwurf stieß ihm ein nicht gepfiffenes Stürmerfoul auf. "Er pfeift ja auch und sagt mir dann, dass er nur in die Pfeife geatmet hat", erklärte Gottfridsson kopfschüttelnd.

Die "Trainer-Challenge", die Gottfridsson nicht ausspricht

Er wolle sich aber nicht mehr lange mit dem Halbfinal-Aus beschäftigen und den Blick lieber nach vorne richten. Auch in puncto etwaiger Reformen. Vielleicht gebe es künftig eine Veränderung, wer eine Draufsicht auf diese Situationen veranlassen könne. Eine sogenannte "Trainer-Challenge" nannte Gottfridsson nicht explizit, sprach aber indirekt davon.

"Wenn du diese Fernseher hast, dann pfeif lieber das Tor, geh raus und schau dir das an, um es 100 Prozent zu wissen", so Gottfridssons Ansage, dem die Reaktion der Unparteiischen nicht gefiel: "Und steh nicht nur da und sag, dass du es weißt." Es sei keine explizite Kritik an den Schiedsrichtern generell, doch im Sinne der Sportart müsse die EHF reagieren: "Sie gehen ja selbst raus und sprechen davon, dass sie Fairplay haben wollen."

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