Bundesliga

Schmid: "Ich bin froh, dass ich nach Corona wieder spiele"

Rekord-Franzose der Bundesliga im kicker-Interview

Schmid: "Ich bin generell froh, dass ich nach Corona wieder spielen kann"

Sammelte zuletzt beim Test gegen den KSC Spielpraxis: Freiburgs Jonathan Schmid.

Sammelte zuletzt beim Test gegen den KSC Spielpraxis: Freiburgs Jonathan Schmid. IMAGO/Fotostand

"273 Bundesliga-Spiele. Wahnsinn! Das schaffen nur die Besten." Diese Worte erhielt Jonathan Schmid am 6. März 2021 per Videobotschaft von Franck Ribery. Der in der Grenzstadt Straßburg geborene Freiburger Profi stellte durch seinen Einsatz beim 0:3 gegen Leipzig die Marke des früheren Bayern-Stars ein, zu dem er als Jugendspieler aufgeschaut hatte. Eine Woche später war er nach Einsätzen alleiniger Rekord-Franzose der Bundesliga-Historie.

Seitdem kamen aber nur noch 23 Auftritte in der deutschen Beletage hinzu. Das hat vor allem mit Ende August 2021 zu tun. Da erkrankte die als Stammkraft gestartete Nummer 7 des SC so stark an COVID-19, dass sie erst knapp vier Monate später für die U 23 in der 3. Liga ein 65-Minuten-Comeback feiern konnte. In der Rückrunde setzte ihn Christian Streich, der Schmid schon in der Freiburger U19 coachte, noch 13-mal ein, achtmal als Joker.

In dieser Saison noch kein Einsatz in der Bundesliga

In dieser Saison folgte die böse Überraschung. Der SC erlebt seine historisch beste Saison, aber Schmid spielte in 23 Partien - keine einzige Minute. Ein hartes Los für den Mann, der im Franzosen-Ranking einen großen Abstand auf den ebenso noch aktiven Anthony Modeste (203 Einsätze) auf Rang drei aufweist und noch einen anderen Rekord hält. Wie Wolfsburgs Maximilian Arnold hat Schmid acht direkte Freistoßtore erzielt - Spitzenwert unter den aktuellen Bundesliga-Profis.

Eine schöne Sache, aber der letzte dieser Treffer fiel im Dezember 2019 und hilft dem früheren Rechtsaußen in der Gegenwart nicht, an zwei starken Konkurrenten auf der Rechtsverteidigerposition, Lukas Kübler und Kiliann Sildillia, vorbeizukommen. Schmid kämpft sich jedoch heran, wird voraussichtlich auch am heutigen Donnerstag im dritten Dezember-Testspiel gegen Young Boys Bern (14.30 Uhr, LIVE! bei kicker) wichtige Praxisminuten erhalten. Im kicker-Interview spricht der Elsässer über seine komplizierte Lage und seine Perspektiven über den nächsten Sommer hinaus.

Herr Schmid, wie geht’s Ihnen körperlich?

Ich kann jetzt sagen, dass ich die Rückstände nach der Corona-Infektion aufgeholt habe und wieder vollkommen fit bin.

Jonathan Schmid

Super. Ich habe in den letzten zwei Wochen in den Testspielen gegen Luzern und den KSC 45 und 60 Minuten gespielt. Ich habe seit Sommer fast jeden Tag zusätzliche individuelle Läufe gemacht. Das war hart, aber richtig gut für mich. Ich kann jetzt sagen, dass ich die Rückstände nach der Corona-Infektion aufgeholt habe und wieder vollkommen fit bin. In der Sommervorbereitung hatte ich, wenn ich rechts vorne gespielt habe, noch Probleme mit den vielen Tiefenläufen, die kann ich jetzt wieder durchziehen.

Wie sieht es mental aus? Mit null Pflichtspielminuten dürften Sie alles andere als zufrieden sein.

Ich bin natürlich nicht zufrieden, jeder Fußballer will so viel wie möglich spielen. Die bisherige Hinrunde war schon anders für mich, trotzdem bin ich generell froh, dass ich nach meiner Corona-Infektion wieder Fußball spielen kann. Jetzt ist wieder alles gut mit dem Körper und sportlich haben es die Jungs einfach auch super gemacht. Wenn sie es so gut machen, muss ich es akzeptieren.

Als einer der erfahrensten Spieler standen Sie in 23 Pflichtspielen nur viermal im Kader. Was sagt Ihnen Christian Streich, der Sie schon zu A-Jugendzeiten gefördert hat, warum es nicht für eine wichtigere Rolle gereicht hat bisher?

Wenn zwei Jungs auf deiner Position spielen, die die Ergebnisse auf ihrer Seite haben, ist es schwierig wieder in die Mannschaft zu kommen.

Haben Sie trotz dieser komplizierten Situation weiter einen guten Austausch mit Streich?

Wir reden ab und zu und er fragt mich immer, wie es mir geht. Es ist nicht einfach für einen Trainer, wenn du zwei Jungs hast, die es so gut machen. Dann muss der dritte meistens auf die Tribüne. Das ist einfach Fußball, das akzeptiere ich, das ist kein Problem.

Auch auf Ihrer früheren Position, rechts offensiv, gibt es viel Konkurrenz im SC-Kader.

Wir haben mittlerweile überall viel Konkurrenz. Dieses Jahr ist schon sehr speziell für mich. Aber ich mache mir keinen Kopf, gebe einfach Gas im Training. Mal schauen, was rauskommt.

Das erste Spiel nach Ihrer Corona-Infektion im August 2021 machten Sie knapp vier Monate später mit der U 23 in der 3. Liga. Warum haben Sie seit Sommer nicht wie andere Rekonvaleszenten erneut in der zweiten Mannschaft gespielt, um wenigstens ein bisschen Wettkampfpraxis zu bekommen?

Der Trainer hat mich danach gefragt und es mir angeboten. Ich wollte aber lieber meine zusätzlichen Läufe durchziehen, um wieder komplett fit zu werden. Jetzt bin ich darauf fokussiert, in der Winterpause wieder voll in meiner Mannschaft anzugreifen.

Sie waren 2012/13 Leistungsträger, als der SC überraschend Fünfter wurde, danach aber wieder gegen den Abstieg kämpfte und 2015/16 auch eine Saison in der 2. Liga spielte. Was denken Sie über Platz zwei mit der Rekordausbeute von 30 Punkten nach 15 Spielen?

Es ist schon vieles anders geworden, viele Spieler haben eine höhere Qualität als damals. Die jungen Spieler geben richtig Gas, wollen sich zeigen und sind nicht mehr so schüchtern. Diese Mischung aus viel Erfahrung und Talent tut uns richtig gut.

Viele Mitspieler kennen und schätzen Sie seit vielen Jahren. Hat sich der Umgang verändert, seit Sie nicht mehr spielen?

Nein, aber für mich ist es aktuell schon schwierig. Trotzdem bin ich immer da, trainiere und gebe Gas. Ich lache auch weiterhin mit den Jungs, ich bin nicht deprimiert. Ich mache keinen Mist, wenn ich nicht spiele, ich bin ein richtiger Teamplayer. Ich helfe trotzdem den jungen Spielern und versuche weiterhin gute Laune ins Training zu bringen.

Ausgerechnet die beiden anderen französischsprachigen Spieler im Kader, die 20-jährigen Sildillia und Hugo Siquet, konkurrieren mit Ihnen und Lukas Kübler um den Platz rechts hinten.

Natürlich helfe ich den beiden trotzdem. Kiliann braucht gerade nicht so viel Hilfe, weil er spielt. Aber für Hugo ist es auch schwierig, ich werde für ihn weiterhin da sein und ihm sagen, dass er den Kopf nicht hängen lassen darf und weiter Gas geben soll. Im Fußball kann es schnell gehen, in beide Richtungen.

Spüren Sie unabhängig von der Corona-Infektion den Alterseffekt, fühlen Sie sich zum Beispiel langsamer als früher?

Ich bin vielleicht nicht mehr ganz so spritzig wie früher, aber immer noch schnell genug für die Bundesliga.

Mal schauen, wo dann die Reise hingeht. Es fehlen nur noch vier Spiele bis zum 300. Bundesliga-Einsatz, das ist ein Ziel.

Jonathan Schmid

Ihr Vertrag beim SC läuft am Saisonende aus. Wie lauten Ihre Ziele für das Jahr 2023?

Zunächst einmal gesund zu bleiben und so viel möglich zu spielen. Mal schauen, wo dann die Reise hingeht. Es fehlen nur noch vier Spiele bis zum 300. Bundesliga-Einsatz, das ist ein Ziel.

Das Kapitel Freiburg geht im Sommer höchstwahrscheinlich zu Ende. Haben Sie ein Karriereende in Erwägung gezogen?

Auf gar keinen Fall will ich aufhören. Zunächst müssen wir sehen, wie die Rückrunde läuft, es kann sich immer jemand verletzen. Falls es in Freiburg zu Ende geht, werde ich für alles offen sein.

Wie Freiburgs Sportdirektor Klemens Hartenbach die Lage von Schmid einschätzt, lesen Sie im aktuellen kicker (Donnerstagsausgabe oder hier im eMagazine).

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