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Kommentar zu Andreas Rettig: DFB hat den Mut zu Robin Hood

Kommentar

Rettig: DFB hat den Mut zu Robin Hood

Auf ihn kommt große Verantwortung zu: DFB-Geschäftsführer Sport Andreas Rettig.

Auf ihn kommt große Verantwortung zu: DFB-Geschäftsführer Sport Andreas Rettig. IMAGO/Jan Huebner

Das ist dann mal eine echte Überraschung: Der Deutsche Fußball-Bund stellt Andreas Rettig als Geschäftsführer Sport ein. Damit lässt der DFB die Zugbrücke runter und lässt Robin Hood rein.

Als ein solcher hat sich Rettig immer wieder präsentiert und profiliert. Den Reichen nicht noch mehr zu geben, sondern die Armen zu unterstützen, mit diesem Anliegen streifte der Rheinländer durch die Fußball-Wälder, als er in den jüngsten Jahren unabhängig war von Vereins- oder Verbandsregierungen. Nicht als Einzelkämpfer, sondern im Zweifelsfall immer die kritischen Geister des Betriebs hinter sich wissend, darunter häufig auch die Fanvertreter.

Rettig, herausragend vernetzt, das Spiel mit den Medien beherrschend, mit Klub- und DFL-Erfahrung beschlagen, redete zuletzt immer wieder der Basis das Wort, kämpfte leidenschaftlich für den Erhalt von 50+1 und gegen Investoren.

Ein Querdenker im positiven Sinne

Themen wie Nachhaltigkeit, Diversität und gesellschaftliche Verankerung hat der versierte Funktionär längst auf der Agenda, er ist ein Sport-,  besser gesagt: Fußball-Politiker, dabei ein Querdenker im positiven Sinne, weil die Branche bei den Profis wie bei den Amateuren Reizpunkte braucht, um Beharrungstendenzen und Machtverfestigungen vorzubeugen.

Einer wie Rettig kann nerven, er tritt aufs Füßchen, nicht immer wählt er dabei diplomatische Worte, für Schlagzeilen freilich ist das gut. Das weiß er, der ebenso fröhlich wie feurig auftreten kann.

Ob der Wow-Effekt seiner Verpflichtung schnell verpufft, weil Rettig im neuen Spitzenamt die Pfeile eher im Köcher lässt, ist nicht zu vermuten.

Aber er braucht die Fähigkeit zur Moderation innerhalb des Verbandes mit seinen vielen Gremien und die Bereitschaft zu Kompromissen an den hochsensiblen, wirtschaftlich bedeutenden Schnittstellen zum Profibetrieb.

Ganz oben ist die Luft dünn, von den Burgmauern ist die Fallhöhe gewaltig. Rettig sitzt jetzt wieder mitten im System. Die Gräben sind rundum groß, zwischen DFB und DFL werden sie mit dem Namen Rettig erst einmal gewiss nicht schmäler.

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  • Am Montag stellte der DFB Andreas Rettig vor.

Wichtige Entscheidungen muss der Neue an vorderster Front sofort treffen. Die Bundestrainer-Frage, die unvorhergesehene Krise bei der Frauen-Nationalelf, das Nachwuchskonzept, der teure Campus, die bevorstehende EURO, und, und, und - im Sherwood Forest brennt es an vielen Stellen.

Dass Präsident Bernd Neuendorf die nach dem Bundestrainer zweitwichtigste Top-Personalie so gelöst hat, spricht für Mut und den Willen, alte Zöpfe abzuschneiden. Daher ist es auch ein Befreiungsschlag für den Verband, der über die jüngsten Jahre viel an Kraft und Ansehen verloren hat. Andreas Rettig ist zuzutrauen, dass es ein gelungener Befreiungsschlag wird. Dazu bedarf es nun weiterer mutiger Schritte. Ohne Konflikte wird er freilich nicht ins Laufen kommen.

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