Euroleague

Punktsieg über die NBA: Was die Basketball-Euroleague ausmacht

Teambasketball, Reisestress, gesetzte Klubs und vereinzelte Millionen-Gehälter

Punktsieg über die NBA: Was die Basketball-Euroleague ausmacht

Startet mit Mailand in die Euroleague: Weltmeister Johannes Voigtmann (re.).

Startet mit Mailand in die Euroleague: Weltmeister Johannes Voigtmann (re.). IMAGO/Independent Photo Agency Int.

13:7! So lautet ein alternatives Ergebnis des diesjährigen Finales der Basketball-WM. Schon klar, Deutschland hat 83:77 gegen Serbien gewonnen und sich sensationell zum ersten Mal die globale Krone in dieser zweiten großen Weltsportart neben dem Fußball aufgesetzt. Das leuchtet im Vordergrund. Das Endspiel in Manila war aber auch ein Triumph des europäischen Basketballs. Ein Triumph über die seit Jahrzehnten übermächtig erscheinenden Stars aus den USA, dem Mutterland des Basketballs. Und im Speziellen ein Punktsieg der Euroleague, der europäischen Königsklasse, über die nordamerikanische NBA.

Euroleague-Auftakt 2023/24

Die NBA ist zwar nach wie vor die beste Liga der Welt. In ihrem glitzernden Multimillionen-Zirkus tummeln sich nun mal die besten Einzelspieler dieses Planeten. Im WM-Finale 2023 standen aber nur sieben NBA-Stars auf dem Parkett - und 13 Euroleague-Profis! Bei der fast reinen NBA-Veranstaltung zwischen den USA und Kanada ging es nur um Bronze. Team USA war zwar nicht mit den allerbesten Spielern am Start - die kommen oft nur zu Olympia. Dennoch war es ein hochambitioniertes Ensemble mit drei All-Stars, dem viermaligen NBA-Meistercoach Steve Kerr und dem klaren Ziel Gold, das die deutsche Mannschaft um Kapitän Dennis Schröder da im Halbfinale in einem epischen Schlagabtausch mit 113:111 besiegt hat.

"Stolz unter den Europäern": Melli gratuliert Voigtmann

Natürlich spielten die deutschen NBA-Akteure Schröder (Toronto), Franz und Moritz Wagner (Orlando) und Daniel Theis (Indiana) sowie ihre drei serbischen Pendants Bogdan Bogdanovic (Atlanta), Nikola Jovic (Miami) und Filip Petrusev (Philadelphia) im Finale tragende Rollen. Aber auch Aleksa Avramovic (Partizan Belgrad), Vanja Marinkovic (Baskonia Vitoria-Gasteiz) oder Marko Guduric (Fenerbahce Istanbul), die Bayern-Profis Isaac Bonga und Andreas Obst sowie vor allem Vize-Kapitän Johannes Voigtmann (Mailand), der im Gold-Spiel seine beste Turnierleistung zeigte. Sie alle sehen sich der Euroleague-Saison wieder, die an diesem Donnerstag startet.

Taktischer Teambasketball - mit mehreren US-Amerikanern pro Klub

"Unter den Europäern ist schon ein bisschen Stolz zu spüren, dass der europäische Basketball auf dem höchsten Niveau so gut performt hat", sagt Voigtmann, der noch im gemeinsamen Teamhotel auf den Philippinen nach dem Halbfinale euphorische Glückwünsche von Teamkollege Nicolo Melli empfangen hat. Der hatte zuvor mit Italien eine deftige Viertelfinalschlappe gegen die USA einstecken müssen.

Prototyp Voigtmann: Schon seit 2016 in der Euroleague

Voigtmann ist ein prototypischer Euroleague-Leistungsträger, spielintelligent, variabel, ein guter Werfer mit einem ausgezeichneten Auge für den freien Mitspieler. Und das als 2,11-Meter-Mann. Die Liga, in der bei aller europäischen Stärke pro Team mehrere US-Amerikaner spielen, ist von taktischem Teambasketball geprägt, während die NBA vor allem athletisch und in puncto individueller Stärke ein anderes Level darstellt.

Schon 2016 wechselte Voigtmann von den Frankfurt Skyliners, wo er unter Weltmeister-Coach Gordon Herbert zum Profi reifte, in die Euroleague, spielte erst für das spanische Team Baskonia und ab 2019 für ZSKA Moskau. Den Klub verließ der gebürtige Eisenacher direkt nach Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine im Februar 2022, wenig später wurde ZSKA aus der Euroleague ausgeschlossen.

34 Hauptrundenspieltage, Play-Ins und Play-offs - alles gipfelt im Final Four

Anders als im Fußball gewohnt, ist die Königsklasse kein Pokalformat, sondern eine komplette 18er Liga, in der sich die Teams an 34 Hauptrundenspieltagen jeweils zweimal begegnen. Neben Alba Berlin und dem FC Bayern, die sich gleich zum Start am Donnerstag in München duellieren, kommen die Teams aus Spanien (4), der Türkei, Griechenland, Italien, Serbien (je 2) Frankreich, Litauen, Israel und Monaco (je 1).

Oscar da Silva (FC Barcelona) gegen Guillem Vives

Reift beim FC Barcelona: Oscar da Silva, gebürtiger Münchner. IMAGO/NurPhoto

Es ist ein gesetztes Teilnehmerfeld mit fixen Mitgliedern und einigen Wildcards, der deutsche Überraschungsmeister Ulm startet beispielsweise nur im zweitklassigen Eurocup. Parallel zur Organisation der Euroleague bietet der europäische Verband FIBA Europe mit der Champions League - die Telekom Baskets Bonn waren 2023 der erste deutsche Sieger in diesem Wettbewerb - und dem Europe Cup noch zwei Konkurrenzformate an, die sportlich aber jeweils schwächer einzuschätzen sind.

Nach Play-Ins für die Siebt- bis Zehnplatzierten und Viertelfinal-Play-offs (Best of Five) gipfelt in der Euroleague alles im Final Four. An einem Wochenende geht es in einer Stadt mit großer Arena in Halbfinals, dem Spiel um Platz drei und dem Finale ums Ganze. Vier Teams und ihre Fans machen den Final-Four-Ort Jahr für Jahr zum Basketball-Hotspot. Zu diesem Sehnsuchtsereignis schaffte es allerdings noch nie ein deutsches Team. Alba und die Bayern zählen europäisch nicht zu den Schwergewichten, zumindest die Münchner streben nach diesem Status, sind in puncto Budget aber noch ein Stück von der Spitze entfernt. 2023 triumphierte Real Madrid vor Olympiakos Piräus, der AS Monaco und dem FC Barcelona. Vier von zehn klangvollen Fußballnamen in der Liga.

Zehn NBA-Spieler wechselten im Sommer in die Euroleague

Es ist ein intensiver, parallel zum jeweils heimischen Ligabetrieb stattfindender Wettbewerb, der durch teilweise zwei Spieltage unter der Woche hohen Reisestress verursacht, vor allem aber Basketball auf höchstem Niveau bietet und in dem die Klubs vereinzelt auch Millionen-Jahresgehälter stemmen können. Während immer mehr in der Euroleague geformte Profis in der NBA überzeugen, gingen zehn Spieler in diesem Sommer den anderen Weg. Darunter Stars wie Serge Ibaka (FC Bayern), NBA-Champion von 2019, Kemba Walker (Monaco), viermaliger Allstar, sowie die Hernangomez-Brüder Willy (Barcelona) und Juancho (Panathinaikos Athen), mit Spanien Weltmeister 2019 und Europameister 2022.

Sieben Weltmeister, ein Routinier und ein Trumpf in der Hinterhand

In Mailand will neben Voigtmann auch Maodo Lo (kam im Sommer aus Berlin) die Hoffnungen aufs Final Four nähren. Weitere 2023er Weltmeister neben Bonga und Obst in der Euroleague: Johannes Thiemann (Alba), Niels Giffey (Bayern) und erstmals Justus Hollatz, der sich bei Anadolu Istanbul, dem Champion der Jahre 2021 und 2022, versuchen wird. Dort ist Center-Routinier Tibor Pleiß seit 2018 eine Säule, fand aber seit der EM 2015 keinen gemeinsamen Nenner mehr mit dem DBB. Dessen Auswahl hat auch ohne Pleiß mit Spielern wie Oscar da Silva (25) noch Trümpfe in der Hinterhand. Der gebürtige Münchner reift seit 2022 beim FC Barcelona. Einem Topteam der Euroleague, die auf der großen WM-Bühne gerade ein beeindruckendes Statement gesetzt hat.

Carsten Schröter-Lorenz

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