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Popp, Schüller, Lohmann und die Sturmfrage

In Frankreich geht Hrubeschs Matchplan nicht auf

Popp, Schüller, Lohmann und die Sturmfrage

Die Doppelspitze blieb ohne Erfolg: Alexandra Popp (re.) und Lea Schüller nach Frankreichs Treffer zum 2:0.

Die Doppelspitze blieb ohne Erfolg: Alexandra Popp (re.) und Lea Schüller nach Frankreichs Treffer zum 2:0. picture alliance/dpa

Aus Lyon/Frankreich berichtet Leon Elspaß

Die Antwort folgte prompt, und sie verwunderte ein wenig. Ob man nun sagen könne, dass der Matchplan mit der Doppelspitze Lea Schüller/Alexandra Popp in der ersten Hälfte nicht richtig gepasst habe, wurde Horst Hrubesch nach dem 1:2 in Frankreich gefragt. Und der Interims-Bundestrainer verneinte: "Das würde ich nicht so sehen." Es folgte eine kurze Ausführung darüber, dass es auch in Halbzeit eins 20 Minuten gegeben habe, die unter Kontrolle gewesen seien. Richtig überzeugend waren seine Argumente allerdings nicht.

Zumal er an anderer Stelle vielfach die bessere zweite Halbzeit ansprach, explizit die fußballerische Leistung nach der Pause hervorhob und - das wog freilich am schwersten - seinen Matchplan nach den ersten 45 Minuten stark modifiziert hatte. Eine sinnige Entscheidung - die Ursprungsidee ging schließlich nicht auf. Das konnte man an mehrerlei Beobachtungen festmachen.

Spielbericht

Wer die kopfballstarken Schüller und Popp zeitgleich aufbietet, der sieht das Flankenspiel als ganz wichtiges Mittel an. Exakt dieses Mittel indes konnte die Nationalelf in der ersten Hälfte des Nations-League-Halbfinals nur sehr bedingt ausspielen. Die eine oder andere Ecke flog herein, zudem mühte sich die agile Klara Bühl auf dem linken Flügel, kam zweimal zum Abschluss. Doch dass die DFB-Auswahl über die Außen durchbrach, blieb eher eine Seltenheit. Die Folge: Bayerns Schüller und Wolfsburgs Popp fehlten verwertbare Zuspiele.

Nach der Umstellung zur zweiten Halbzeit ist die DFB-Elf besser im Spiel

Svenja Huth wurde auf der rechten Seite lahmgelegt. Die Außenverteidigerinnen Giulia Gwinn und Sarai Linder schoben nur selten selbstbewusst nach vorn - womöglich wegen des Hintergedankens, dass sie es mit äußerst flinken und konterstarken Französinnen aufnehmen mussten. Darüber hinaus kam es der wackeligen DFB-Elf nicht gerade zugute, dass der Zehnerraum oftmals unbesetzt blieb.

Popp und auch Schüller ließen sich zwar zuweilen fallen - der Ertrag blieb allerdings gering. Nach Ballgewinn wurde die Kugel oftmals ziemlich zügig wieder verloren, lange Schläge auf das Duo verpufften. Und wenn die beiden Angreiferinnen doch mal einen Ball sicherten, waren sie vorne recht isoliert. "Gerade wenn wir den Ball gewonnen hatten, haben wir schnell tief und vor allem hoch gespielt, obwohl wir relativ viel Raum hatten, gerade vor der Kette, um dort flach hineinzuspielen", sagte Popp, die in der ersten Hälfte Mut und Sicherheit vermisste.

Warum es nach der Pause besser lief? Keine der Protagonistinnen verwies konkret auf die Umstellungen. Dass sie einen Effekt hatten, und dass die deutsche Elf im 4-2-3-1 respektive 4-3-3 besser ins Spiel fand, war aber offensichtlich. Die dynamischere Jule Brand ersetzte Huth, Sara Däbritz brachte sich im zentralen Mittelfeld ein - und Sydney Lohmann machte sich fortan im Zehnerraum verdient.

Lohmann erweist sich als belebendes Element für die DFB-Auswahl

Die Spielerin des FC Bayern hat ihre Fähigkeiten in den Halbräumen schon oftmals unter Beweis gestellt, und auch in Lyon war sie ein belebendes Element, beschäftigte die beiden Sechserinnen Frankreichs, bot sich als Anspielstation an. Dass darüber hinaus Däbritz und Sjoeke Nüsken dabei mithalfen, die verschiedenen Ebenen im Mittelfeldzentrum zu besetzen und zu bespielen, kam der DFB-Auswahl im Kombinationsspiel entgegen. Die häufig klaffende Lücke zwischen dem mittleren und vorderen Mannschaftsteil wurde damit geschlossen.

Sicher war die Spielanlage gegen nun etwas abwartendere Französinnen auch in der zweiten Halbzeit bei weitem nicht perfekt, und auch in der zweiten Halbzeit traf Hrubeschs Nationalelf in Person von Gwinn nur per Handelfmeter. Dennoch taugten die Umbauten der DFB-Elf merkbar. Sie spielte flexibler, entwickelte etwas mehr Durchschlagskraft, war insgesamt gefährlicher, mutiger, weshalb sich die Frage stellt, wie Hrubesch am nächsten Mittwoch in den Niederlanden an den Start gehen will.

Popp vermeidet ein klares Bekenntnis

Dort gilt es bekanntlich, die letzte Chance auf die Olympia-Qualifikation zu nutzen. Setzt er in dieser Partie mit Finalcharakter erneut auf Huth? Bringt er erneut Schüller, die sich zwar redlich abmühte, aber nur einmal gut in Szene gesetzt (Nüsken, 38.) und ohne Torschuss nach 45 Minuten auf die Ersatzbank versetzt wurde? Oder vertraut er neuen Kräften? Vor allem Lohmann, eventuell aber auch Däbritz und Brand, die deutlich frischer als Vize-Kapitänin Huth wirkte, böten sich gegen die Niederlande für die Startelf an.

Kapitänin Popp vermied es am späten Freitagabend, sich in dieser Frage - Doppelspitze oder nicht? - zu positionieren. "Das ist die Entscheidung des Trainers." Ihr sei es egal, ob sie im Zweiersturm oder mit einer Zehnerin im Rücken auflaufe. Das, was Hrubesch sage, werde gemacht. Bleibt also abzuwarten, was der Interims-Bundestrainer vorgibt. Sollte er an der Doppelspitze festhalten, würde es allerdings überraschen.

Bilder zur Partie Deutschland gegen Frankreich