2. Bundesliga

Zingler: "Für den Fußball in Berlin ein riesengroßer Gewinn"

Unions Präsident teilt Sorge über Gefahr des Identitätsverlusts nicht

Zingler: "Für den Fußball in Berlin ein riesengroßer Gewinn"

Union-Präsident Dirk Zingler bei den Aufstiegs-Feierlichkeiten.

Union-Präsident Dirk Zingler bei den Aufstiegs-Feierlichkeiten. picture alliance

Am Tag danach wirkte Dirk Zingler immer noch leicht gezeichnet. Gezeichnet von einer langen Partynacht und den emotionalen Aufwallungen, die der Aufstieg des 1. FC Union Berlin für den Präsidenten des Klubs mit sich gebracht hatten. Was Zingler am späten Montagabend, als der erstmalige Bundesliga-Aufstieg der Eisernen amtlich war, noch als "surreal" bezeichnet hatte, konnte der 54-Jährige auch am Dienstagmittag noch nicht wirklich fassen. Union Berlin in der Bundesliga, so der Klub-Boss im Rahmen einer Medienrunde, "das hört sich immer noch ein bisschen komisch an. Wenn ein Verein wie Union in der Bundesliga spielt und Vereine wie der Hamburger SV, Hannover 96, der VfB Stuttgart oder der 1. FC Nürnberg in der 2. Liga spielen, ist das etwas Außergewöhnliches".

Der erstmalige Sprung in die Beletage des deutschen Fußballs bedeutet für Zingler, dass er in seinem Bestreben, den Klub unter den Top-20 in Deutschland zu etablieren, ein erhebliches Stück vorangekommen ist. Der Aufstieg hat aber auch eine große Bedeutung für Berlin, wie der Präsident findet. "Für den Fußball in der Stadt ist das ein riesengroßer Gewinn", sagte Zingler, "ich glaube schon, dass der Fußball der Stadt noch mehr Leben einhauchen wird, davon bin ich überzeugt." Deshalb freut sich der Union-Präsident auch besonders auf die Derbys mit Hertha BSC. "Stadt-Derbys sind das Salz in der Suppe. Diese Rivalität in einer Stadt tatsächlich jetzt austragen zu können, gibt Fußball für mich nochmal eine neue Dimension."

1. FC Union Berlin - Vereinsdaten
1. FC Union Berlin

Gründungsdatum

20.01.1966

Vereinsfarben

Rot-Weiß

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Glück muss man teilen, sonst macht es keinen Spaß, glücklich zu sein.

Dirk Zingler

Einen ganz speziellen Wert habe der große Wurf jedoch für den Klub selbst, für seine Fans und alle, die bei Union im Schatten der Fußballer arbeiten, so der Präsident. Er freue sich deshalb auch "am meisten darüber, dass unheimlich viele Menschen ernten konnten, den Lohn einfahren konnten." Ihn habe "am meisten überwältigt, das Glück und die Freude der Mitarbeiter und der Menschen zu sehen. Hier gibt es Mitarbeiter, die sind schon 20, 30 Jahre im Verein, haben schon auf Gehalt verzichtet und viele Sachen miterlebt. Für die war am Montagabend ein sehr schöner Moment. Glück muss man teilen, sonst macht es keinen Spaß, glücklich zu sein."

Dass Union nicht mit Glanz und Gloria aufstieg, sondern " wir uns den schwerstmöglichen Weg ausgesucht haben", passt nach Ansicht des Klubchefs zu den Eisernen, ihren Wurzeln und ihrem Selbstverständnis. Dass es passt, sagte Zingler auch über Erfolgstrainer Urs Fischer. "Bodenständig und ambitioniert" habe sich der Schweizer vor einem Jahr vorgestellt, so Zingler, "das passt perfekt zu uns. Er lässt sich hier ein, nimmt Kontakt zu allen Gruppen im Verein auf." Und hat mit dem Aufstieg Historisches geschafft.

Eventies? Zingler: "Wo sollen die denn hin?"

Bisweilen geäußerte Befürchtungen, Union könne nun als Erstligist seine Werte und damit seine Identität verändern, teilt der Inhaber eines Beton-Logistik-Unternehmens nicht. "Ich stelle mal eine These auf: Es verändert sich nichts, dann müssten wir uns ja verändern. An Ende spielen wir hier, und gegen wen wir spielen, das verändert uns nicht", betont Zingler, "wir haben jetzt knapp 24.000 Mitglieder, und 22.000 passen ins Stadion. Ich habe am Montag irgendwo gelesen, jetzt kämen die ganzen Eventies. Wo sollen die denn hin?"

In Zukunft soll das Stadion an der Alten Försterei indes 37.000 Zuschauern Platz bieten. Allerdings nicht in der Debüt-Saison in der Bundesliga. Zingler hätte "nichts dagegen, wenn das Stadion größer ist". Gleichzeitig machte der Präsident deutlich, dass es dem Team von Trainer Fischer in der ersten Bundesliga-Saison vielleicht sogar helfe, wenn an der Alten Försterei noch die Enge und Nähe der Zuschauer zum Spiel manchem Konkurrenten eventuell beeindrucke. "Es wird für alle ein Brett sein, hierherzukommen, das hat man gegen Stuttgart gesehen." Zingler bekräftigte nochmal, dass es in der Saison 2019/20 keine baulichen Maßnahmen am Stadion geben werde, "die unsere Zuschauer-Kapazität verändert". Zum Stand des Stadionausbaus sagte der Klubchef. Das Genehmigungs-Verfahren für das Bauvorhaben "läuft, und aus unserer Sicht mit guten Fortschritten". Union, so Zingler, werde in den nächsten zwölf Monaten "Baurecht bekommen".

Den neuen Hauptsponsor - der bisherige Layenberger steigt zum Saisonende aus - wollen der Union-Präsident und seine Mitstreiter derweil "zeitnah präsentieren". Der ungewisse Saisonausgang habe dazu beigetragen, dass Union die Gespräche mit potenziellen Trikotpartnern nicht abgeschlossen habe. Darüber hinaus stellte Zingler erneut klar, dass Union die deutlichen Mehreinnahmen durch den Aufstieg nicht dazu nutzen werde, um das noch vorhandene negative Eigenkapital (um die 11 Millionen Euro) senken. "Meine Philosophie ist ganz klar", sagte der Klubchef, "negatives Eigenkapital kannst du nur durch Überschüsse reduzieren. Wir werden weiter investieren, um unsere Umsätze und Erträge weiter zu steigern. Ob es in Infrastruktur oder den Sport ist - um damit Überschüsse zu erhöhen. Und aus den Überschüssen werden wir das negative Eigenkapital senken."

Andreas Hunzinger