Bundesliga

Nagelsmann wehrt sich: "Das war keine Quantenphysik"

Bayern-Trainer über Arbeitsteilung und Systeme

Nagelsmann wehrt sich: "Das war letztes Jahr keine Quantenphysik"

Bayern-Chefcoach Julian Nagelsmann reflektiert die Arbeit mit seinen Profis.

Bayern-Chefcoach Julian Nagelsmann reflektiert die Arbeit mit seinen Profis. IMAGO/ActionPictures

Wer beim FC Bayern "nur" deutscher Meister wird, bekommt das hin und wieder vorgehalten. Julian Nagelsmann machte sich neulich, bevor der VfL Wolfsburg zu Gast war in München, sogar über sich selbst lustig, als er auf den gegnerischen Trainer Niko Kovac angesprochen wurde: "Er hat auf jeden Fall mehr Titel in seiner ersten Saison bei Bayern geholt als ich." Lacher erntete Nagelsmann von den anwesenden Journalisten im Presseraum, ein Witz war es jedoch nicht.

Überbeanspruchung im Training

Die schlechte Rückrunde führte in der Vorsaison dazu, dass der deutsche Meister in der Champions League am FC Villarreal scheiterte und spielerisch immer ideenloser wirkte. Intern bemängelten Spieler insbesondere die Überbeanspruchung im Training. Nagelsmann, so hieß es, verlange zu viel, verändere zu oft das System, spreche zu schnell.

Aus seinen Fehlern will der nach wie vor erst 35-Jährige lernen, unter anderem die eigene Meinung öffentlich zurückhalten, wenn sie - wie noch in dieser Sommer-Vorbereitung bei Robert Lewandowski oder Harry Kane - für Gegenwind sorgt. Im Training will er sich mehr auf die eigene Mannschaft als auf den Gegner konzentrieren. Und statt mehrerer Systeme liegt der Fokus in diesem Jahr auf zwei Grundordnungen. Die Bayern-Spieler, so sagte es Nagelsmann vor dem anstehenden Pokalspiel in Köln selbst, "waren über die letzten Jahre daran gewöhnt". Da spielten sie fast ausschließlich im 4-2-3-1-System - und gewannen 2020 unter Hansi Flick das Triple.

"Die Abläufe werden für den Einzelnen so jetzt klarer"

Vielleicht hat der neue Bayern-Trainer zu viel gewollt in der vergangenen Saison, seiner ersten beim Rekordmeister und deutschen Vorzeigeklub. Das gab Julian Nagelsmann zwischen den Zeilen einerseits zu verstehen. Seine veränderte Führung, auf die er konkret angesprochen wurde, und die Arbeit auf dem Platz will er nun mehr auf seine Spieler verteilen, mehr auf die Spieler hören, zu gewohnten Mustern zurückkehren. "Die Abläufe werden für den Einzelnen so jetzt klarer", sagt er und schiebt nach: "Das heißt nicht, dass sie letztes Jahr unklar waren, aber letztes Jahr war es vielleicht ein bisschen mehr Arbeit für den Spieler als jetzt, durch alles durchzusteigen. Von daher ist die Führung jetzt ein bisschen abgegeben an die Spieler, die vertraut sind mit den Dingen, die wir jetzt machen. Man sieht ja, dass das relativ schnell auch gut funktioniert." 16 Tore in den ersten vier Ligaspielen sind schließlich eine sehr gute Ausbeute.

Die Spieler sollen Entscheidungen auf dem Platz selbst treffen, denn "wenn man immer betont, dass Profifußball das 'players game' ist, müssen die 'player' das Heft des Handelns in die Hand nehmen", sagt Nagelsmann. Es geht nicht mehr nur darum, was der Trainer seinen Spielern vermitteln will und dass die Spieler das alles aufsaugen. Weil dann "am Ende vielleicht gewisse Dinge auf der Strecke bleiben".

Ich pinkle mir auch nicht jeden dritten Tag selber ans Bein, weil ganz so schlimm war das letztes Jahr auch nicht.

Julian Nagelsmann

Alles soll harmonischer werden, gemeinschaftlicher. Zusammen lernen und wachsen. Dass Nagelsmann dann aber noch einen ganz entscheidenden Absatz anfügt, passt eher nicht in dieses neue Bild. "Ich betone nochmal, dass man letztes Jahr auch gewisse Dinge hätte besser machen können."

Damit meint er offenbar nicht sich, sondern die Spieler, wenn er anfügt und sagt: "Das war nicht so, dass man das alles nicht verstehen konnte. Ich pinkle mir auch nicht jeden dritten Tag selber ans Bein, weil ganz so schlimm war das letztes Jahr auch nicht. Es war keine Quantenphysik, das war auch Fußball tatsächlich. Jetzt ist es einfach ein bisschen runtergebrochen oder reduziert, um den Spielern mehr Selbstsicherheit zu geben."

Mario Krischel

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