EM

Nagelsmann: "Ich habe meine Entscheidung getroffen"

Vor Achtelfinale gegen Dänemark: Bundestrainer setzt auf Rüdiger - und auf Füllkrug?

Nagelsmann: "Ich habe meine Entscheidung getroffen"

Julian Nagelsmann (re.) kann auf Antonio Rüdiger bauen.

Julian Nagelsmann (re.) kann auf Antonio Rüdiger bauen. IMAGO/Sven Simon

Zwei Tage hatte die deutsche Mannschaft länger Zeit als die dänische, sich vor dem Achtelfinale der EM zu regenerieren. Ein Vorteil? Ganz sicher. Ebenso wie die Tatsache, dass am Samstag deutlich mehr deutsche als dänische Fans im natürlich ausverkauften Dortmunder Stadion sein werden. Doch allein diese äußeren Umständen sind nicht verantwortlich für die Zuversicht, die Julian Nagelsmann mit in sein bislang wichtigstes Spiel als Bundestrainer nimmt: Der 36-Jährige fühlt sich nach der akribischen Arbeit der vergangenen Tage gut vorbereitet auf das erste K.-o.-Spiel seiner Elf beim Heimturnier: "Ich bin noch nicht angespannt. Denn wir haben gut gearbeitet im Trainerteam und mit der Mannschaft. Wir hatten mehrere Videositzungen, im individuellen Bereich und mannschaftstaktisch. Wir sind extrem gut präpariert", sagte Nagelsmann am Freitag in der Pressekonferenz vor dem Spiel. "Wir haben alles außenherum getan. Dann kann man am Abend vor dem Spiel auch beruhigt ins Bett gehen. Ich habe großes Vertrauen in die Mannschaft und weiß, was sie leisten kann."

Füllkrugs Körperlichkeit als Faktor?

Was Nagelsmann auch bereits weiß, aber noch nicht verraten wollte, ist, mit welcher Startaufstellung er in das Duell mit den Dänen gehen wird. Zwar verriet er, dass Antonio Rüdiger - Stand Freitagabend - spielfit ist und dementsprechend auch auf dem Platz stehen dürfte, sollte über Nacht keine unerwartete Reaktion am hinteren Oberschenkelmuskel auftreten. Nicht in die Karten schauen lassen wollte er sich allerdings bei der zweiten spannenden Frage: Spielt Niclas Füllkrug - zuletzt als Joker zweimal erfolgreich - in seinem Heim-Stadion in Dortmund von Anfang an? "Ich habe meine Entscheidung getroffen, aber ich werde sie nicht verraten", sagte er - und veränderte damit seine Taktik. Denn zuletzt hatte er tags zuvor nie ein Geheimnis daraus gemacht, mit welchen Spielern er für die Startelf plant. Ein Indiz für eine Füllkrug-Aufstellung? Möglich. Zumal es auch die Option gäbe, Füllkrug und den bisherigen Start-Neuner Kai Havertz gemeinsam aufzustellen - zulasten von Florian Wirtz.

Füllkrugs Körperlichkeit könnte gegen die großgewachsenen und robusten Innenverteidiger der Dänen durchaus ein Argument für seine Aufstellung sein. Zumal der deutsche Gegner auch nach Standards gefährlich ist und ein zusätzlicher Kopfballspieler mehr Verteidigungsoptionen bieten würde. Grundsätzlich stellt sich das deutsche Team auf eine Mannschaft ein, "die gut organisiert ist und physisch stark. Die Phasen hat, in denen sie aggressiv verteidigt und mit Ein-Kontakt-Passagen im letzten Drittel zu Abschlüssen kommt", wie es Nagelsmann beschrieb. Dänemark verfüge über "einen erfahrenen Kader und eine klare Struktur" und sein "tougher Gegner, der sehr eingespielt ist über die Quali und die Vorrunde".

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Die Dänen sind bislang noch sieglos im Turnier

Anders als die deutsche Mannschaft, die gegen Schottland (5:1) und Ungarn (2:0) gewinnen konnte, ehe sie im abschließenden Gruppenspiel gegen die Schweiz dank des späten Ausgleichs von Füllkrug noch 1:1 spielen konnte, ist die Mannschaft von Kaspar Hjulmand im bisherigen Turnierverlauf noch sieglos. In der Gruppenphase gab’s drei Remis gegen Slowenien (1:1), England (1:1) und Serbien (0:0). Erschwerend könnte für die Dänen hinzukommen, dass Superstar Christian Eriksen aufgrund von Magen-Darm-Problemen ausfallen könnte. "Wir wissen nicht, ob er morgen dabei sein kann, deshalb wird das an der Vorbereitung nichts ändern", sagte Nagelsmann und präsentierte sich als fairer Sportsmann: "Ich hoffe, wir sehen ihn auf dem Platz. Er ist ein besonderer Spieler, der sehr gut darin ist, freie Räume zu finden."

Gleich mehrmals wurde Nagelsmann in der Presserunde von dänischen Reportern auf das Ungleichgewicht der Fans angesprochen. Der Bundestrainer allerdings sah sich als den falschen Ansprechpartner und verwies an die UEFA: "Ich mache die Regeln nicht", sagte Nagelsmann, der auf eine lautstarke Unterstützung setzt in Dortmund, wo er erstmals als Heimtrainer antreten wird: "Bislang kenne ich das nur als Trainer der Gastmannschaft. Wenn du da aus dem Tunnel kommst, ist es sehr laut und es steht gefühlt bereits 1:0 für Dortmund. Ich hoffe, dass morgen ein ähnlicher Druck erzeugt wird von den Tribünen", sagte Nagelsmann, der sich zuletzt in Frankfurt über die phasenweise ruhigen deutschen Fans gewundert hatte. In Dortmund soll der Heimvorteil nun tatsächlich einer sein - zumal seine Mannschaft für besondere Momente sorgen wolle.

"Wollen neue Bilder und Videos produzieren"

"Unsere Fans geben uns eine große Unterstützung. Wir sehen die Bilder und Videos von den Fanfesten. Das gibt uns als Team einen zusätzlich Push", sagte Nagelsmann und versprach dem Anhang: "Wir wollen morgen Abend neue Bilder und Videos produzieren." Auch wenn er Vorteile darin sah, in der Gruppenphase bereits schwierigere Situationen als Mannschaft überstanden zu haben: Wieder so viel Spannung wie gegen die Schweiz müsse es diesmal nicht wieder geben. "Ich hoffe, wir gewinnen morgen auf leichtere Weise", sagte Nagelsmann. "Noch so ein spätes Tor brauche ich nicht." Dagegen wehren würde er sich am Samstag allerdings sicher auch nicht.

Matthias Dersch