Formel 1

Formel 1 - Mick Schumacher: Bereit auf der Bank

Aushilfe statt Stammpilot

Mick Schumacher: Bereit auf der Bank

Mick Schumacher in Lauerstellung.

Mick Schumacher in Lauerstellung. IMAGO/Kolvenbach

Das Lauern auf den Ernstfall, Timo Glock kennt dieses Gefühl. 2004 war er bei Jordan ganz kurzfristig eingesprungen, und durfte anschließend vier Rennen in der Formel 1 fahren. Dann musste er wieder in den Wartestand. 2007 war Glock einer der Ersatzfahrer beim Team BMW-Sauber. Doch als sich Stammpilot Robert Kubica in Kanada bei einem Crash verletzt hatte, durfte beim nächsten Grand Prix nicht er ins Auto steigen, sondern ein anderer Mann von der Einwechselbank: Es war das Formel-1-Debüt von Sebastian Vettel, dem später viermaligen Weltmeister.

Solche Wendungen gibt es immer wieder, nun hofft Mick Schumacher auf seine spontane Chance. Der bald 24-Jährige bekam für diese Saison kein festes Cockpit in der Königsklasse, nachdem auch sein zweites Jahr bei Haas ein Auf und Ab gewesen war und letztlich damit endete, dass sein Vertrag nicht verlängert wurde. Teamchef Günther Steiner baut auf die Erfahrung des zwölf Jahre älteren Nico Hülkenberg, statt einem talentierten Fahrer die Chance zur Entwicklung zu geben, der im Vorjahr immerhin mit einem 8. und 6. Platz seine ersten WM-Punkte geholt hatte. Der aber auch das teure Auto erneut völlig zerstört hatte, diesmal in Monaco.

Glock: "Er hat jetzt die Chance, sich weiterzuentwickeln"

Schumacher fiel durch das Aus bei Haas nicht in ein Loch, sondern vergleichsweise weich. Mercedes sicherte sich seine Dienste als Test- und Ersatzfahrer, jener Rennstall also, bei dem einst sein Vater Michael seine große Karriere beendet hatte. Für die einen mag der Job ein herber Rückschritt sein, doch Glock, heute Experte beim TV-Sender Sky, sieht darin auch Positives für die weitere Karriere. "Er hat jetzt die Chance, sich bei einem Topteam weiterzuentwickeln und zu lernen", sagt Glock im Interview mit dem kicker. "Da müssen Russell oder Hamilton nur eine Magen-Darm-Verstimmung haben - und schon sitzt Mick im Mercedes, in einem der besten Autos im Feld." Die Chancen auf einen Einsatz stehen sogar doppelt gut, weil Schumacher überdies auch noch Ersatzfahrer bei McLaren ist.

Durch den Alltag im Simulator wäre er wohl auf jeden Fall gut vorbereitet, ansonsten ist der Job absolutes Neuland für ihn. "Ich fahre Rennen, seit ich neun Jahre alt war oder so", sagt er. Jetzt heißt es aber Hilfsdienste leisten für die Silberpfeile, die nun wieder ganz in Schwarz antreten, dafür hat ihn Teamchef Toto Wolff geholt. Und Hamilton, der seinen achten WM-Titel gewinnen und endlich allein vor Schumacher Sr. Rekordchampion sein will, lobt bereits: "Mick ist ein tolles Talent, er ist ein Zugewinn für Mercedes." Bei den Tests ab diesem Donnerstag in Bahrain vor dem Saisonstart dort in der Woche darauf, kann er das sogleich unter Beweis stellen.

Sonderheft

In einer Umfrage für das neue Sonderheft Motorsport des kicker glaubten immerhin drei Viertel der fast 40000 Teilnehmer, dass Schumacher noch einmal eine Chance als Stammfahrer in der Formel 1 erhalten werde. Doch vorerst heißt es: bereit sein für den Moment, ob er kommt oder nicht. Wie schnell es gehen kann, hat auch schon sein Vater vor 32 Jahren erlebt. Damals saß Jordans belgischer Pilot Bertrand Gachot nach einem angeblichen Reizgas-Angriff auf einen Taxifahrer in London im Gefängnis. Und so nahm stattdessen Schumacher am 25. August 1991 in Spa hinter dem Steuer Platz. Wegen eines Kupplungsschadens kam er zwar nur wenige Hundert Meter weit, doch an diesen Aushilfsfahrer erinnerten sich später alle. 

kicker-Sonderheft Motorsport 2023

Weitere Hintergründe zu Mick Schumachers neuer Doppelrolle lesen Sie im Sonderheft Motorsport des kicker, das ab Freitag, den 24. Februar erhältlich ist, im Kiosk und als e-Magazine. Darin finden Sie Interviews mit Nico Hülkenberg, Lewis Hamilton oder Timo Glock sowie allerlei spannende Storys und Hintergründe nicht nur zur Formel 1, sondern auch zu vielen anderen Rennserien.

Martin Gruener

Red Bull und Co.: Die Formel-1-Boliden 2023