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Michael Martin: "Ich war heiß darauf, mich weiter oben zu beweisen"

Rieds Durchstarter im kicker-Gespräch

Michael Martin: "Ich war heiß darauf, mich weiter oben zu beweisen"

Michael Martin hat sich in der ersten Elf von Ried festgesetzt.

Michael Martin hat sich in der ersten Elf von Ried festgesetzt. GEPA Pictures

Das Fußballerleben kann sich manchmal um 180 Grad drehen und für die größten Überraschungen sorgen. So geschehen bei Ried-Profi Michael Martin, der sich als ehemaliger Jugendspieler des VfL Bochum sogar zwischenzeitlich in der siebenten Liga Deutschlands wiederfand, ehe er in Österreich eine zweite Chance erhielt und über den Umweg Steyr mittlerweile als Stammspieler bei der SV Ried in der Bundesliga überzeugen kann.

Bundesliga - 8. Spieltag

"Man kann vielleicht sagen, dass ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Mein Ziel war es, so schnell wie möglich in die erste Liga zu kommen. Dass es so schnell gelingt, damit hätte ich nicht gerechnet. Das nehme ich aber gerne an (lacht). Jetzt muss ich weiter meine Leistungen zeigen und dann sehen wir, wo der weitere Weg hinführt", so Martin im Gespräch mit dem kicker. Obwohl er bei Bochum als Jugendspieler in der U-19-Bundesliga zum Einsatz kam, dort in 48 Spielen sieben Tore erzielte und sogar bei der Profimannschaft mittrainieren durfte, erhielt seine Karriere nach dem Aus beim Klub aus Nordrhein-Westfalen einen Knick. Es ging bis in die siebente Liga hinab, wo er zwischenzeitlich beim Verein seines Bruders unterkam. Dennoch war Martin von seinem Traum Profifußballer nie abzubringen.

Steyr als "super Sprungbrett"

"Zweifel gab es eigentlich nie. Meine Familie hat mich immer unterstützt und immer an mich geglaubt. Das hat mich auch motiviert, deswegen wollte ich noch einmal ganz nach oben kommen. Fußball ist meine Leidenschaft und ich habe immer daran geglaubt, dass ich es schaffen könnte", erklärt der 22-Jährige, der nach einer Station beim damaligen Regionalligisten Bayern Alzenau und einer dreimonatigen Vereinslosigkeit schließlich im Oktober 2021 beim SK Vorwärts Steyr in der 2. Liga landete, wo er sein Talent schnell unter Beweis stellte und sich bei den Oberösterreichern zum Stammspieler entwickelte. "Als ich aber dann die ersten Spiele gemacht habe, kam in mir der Wunsch hoch, so schnell wie möglich weiter hochzugehen. Es lief sehr gut für mich und ich war heiß darauf, mich weiter oben zu beweisen", erklärt Martin.

In Steyr kam er schlussendlich in 14 Ligaspielen auf vier Treffer sowie einen Assist und machte mit konstanten Leistungen auf sich aufmerksam. Obwohl sein Start in Oberösterreich sehr erfolgreich war, verlief das Ende mit seiner Suspendierung kurz vor Saisonende aufgrund von Problemen bei den Vertragsverhandlungen äußerst unschön. Für Martin ist die Sache aber abgehakt: "Ich bin sehr dankbar, dass sie mir die Chance gegeben haben, mich dort zu zeigen. Das war ein super Sprungbrett für mich. Sie haben mich damals super aufgenommen, auch wenn es am Ende ein paar Komplikationen gegeben hat. So ist aber der Fußball. Im Nachhinein ist man immer schlauer, man hätte von beiden Seiten aus etwas mehr miteinander reden können. Es ist aber wie es ist, jeder geht seinen Weg und man kann jetzt nichts mehr daran ändern."

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Im Sommer schlug dann die SV Ried zu und verpflichtete den Mittelfeldspieler für das Profiteam, wo er in der Mannschaft von Christian Heinle rasch seinen Platz fand. Die Umstellung auf die Bundesliga fiel dem 22-Jährigen dabei nicht allzu schwer: "Damals im Nachwuchs von Bochum war ich auch öfters bei den Profis dabei. Deswegen war die Umstellung eigentlich nicht so riesengroß für mich, weil ich schon in jungen Jahren die Chance hatte, mit den Profis zu trainieren. Dadurch fiel mir der Sprung in die Bundesliga viel leichter."

Zufrieden mit ersten Bundesliga-Auftritten

Der gebürtige Crailsheimer kam nach der schweren Verletzung von Nikola Stosic unverhofft früh zu seinem Debüt im Oberhaus und überzeugte dort schnell mit passsicherem Auftreten (seine Passgenauigkeit liegt aktuell bei über 83 Prozent) sowie einer guten Spielübersicht. "Das Passspiel ist einer meiner Stärken. Ich will immer am Ball sein und das Spiel von hinten eröffnen. Deshalb bin ich da auch so selbstsicher und mache mir keine Sorgen. Ich weiß, was ich am Ball kann und zeige das auch am Spielfeld", so Martin, der sich dadurch zum unverzichtbaren Puzzlestück im Mittelfeld der Rieder gemausert hat: "Ich bin überglücklich, dass ich die Chance bekommen habe und diese auch nutzen konnte."

Mit seinen ersten Auftritten in der Bundesliga kann Martin daher bislang gut leben: "Momentan bin ich mit meinen Leistungen zufrieden. Leider stimmen nur die Ergebnisse noch nicht. Es geht aber natürlich immer besser, ich trainiere jeden Tag hart dafür, in der Startelf zu sein und mein Bestes für die Mannschaft und mich persönlich zu geben." Auch mit den bisherigen Spielen seiner Mannschaft zeigt sich Martin weitgehend einverstanden, wenngleich man mit nur fünf Punkten aus den ersten sieben Ligapartien keinen Erfolgsstart hingelegt hat.

"Mit vier Punkten aus den ersten drei Spielen waren wir nicht schlecht dabei, aber die drei Spiele gegen die direkte Konkurrenz waren einfach nicht gut, weil wir alle verloren haben. Wir haben eigentlich sehr gut gespielt, unsere Leistung gezeigt und gekämpft, aber das Problem bei uns ist die Chancenverwertung. Daran müssen wir arbeiten."

Deutsche Bundesliga ist das Ziel

Doch Martin blickt positiv voraus, zuletzt konnte man sich im Oberösterreich-Derby gegen den LASK einen Punkt erkämpfen („Es war ein Hin und Her, wo beide Mannschaften noch hätten gewinnen können“). Als Nächstes wartet Serienmeister Red Bull Salzburg auf die Innviertler. Obwohl die Rollen klar verteilt sind, wittert der Mittelfeldprofi gegen die Mozartstädter auch eine kleine Chance: "Wir haben in diesem Spiel nichts zu verlieren und wollen wie in jeder Partie drei Punkte einfahren. Deshalb gehen wir da einfach auf den Platz und machen unser Ding. Vielleicht haben wir einen kleinen Vorteil, weil sie gegen Milan gespielt haben und nächste Woche schon wieder gegen Chelsea ranmüssen und daher im Kopf etwas müde sind."

Und in Zukunft? Eine Rückkehr nach Deutschland wäre für den 22-Jährigen durchaus eine interessante Option, Stress macht er sich in dieser Hinsicht aber keinen: "Ich will jetzt erstmal meine Spielpraxis in der Bundesliga sammeln, es ist ja doch meine erste Saison. Dann sieht man im Laufe der kommenden Zeit, wie sich das entwickelt. Mein Ziel ist es schon, in die deutsche Bundesliga zu kommen. Das kann aber auch erst in ein paar Jahren sein. Es kommt darauf an, ob ich immer meine Leitungen auf den Platz bringe. Da muss auch alles passen."

Maximilian Augustin