Bundesliga

Kohfeldt: "Freue mich, wenn Bremen wieder 1. Liga spielt"

Wolfsburg neuer Trainer über Boss Schmadtke, seine Spielidee und den Ex-Klub

Kohfeldt: "Ich freue mich auf den Tag, wenn Werder Bremen wieder 1. Liga spielt"

Er stand Rede und Antwort: Florian Kohfeldt.

Er stand Rede und Antwort: Florian Kohfeldt. imago images/Revierfoto

Gut eine Stunde nahm er sich Zeit, Florian Kohfeldt trank dabei in bester Felix-Magath-Manier eine Tasse Tee. Der neue VfL-Trainer kann in der Länderspielpause mal kurz durchatmen, bevor er bis Weihnachten in der Champions League und Bundesliga mit seinem Team noch achtmal gefordert ist. Am Dienstag sprach der 39-Jährige über …

… die Entscheidung für Wolfsburg: Als die Telefonnummer von Jörg Schmadtke, den Kontakt hatte Florian Kohfeldt bereits im Smartphone, im Display auftauchte, wusste der Coach, dass es losging. Der VfL begab sich nach der Freistellung von Mark van Bommel auf Trainersuche und klingelte umgehend bei Kohfeldt an. "Zwei Tage und zwei Nächte" mit den Wolfsburger Verantwortlichen habe es gedauert, so der Fußballlehrer, danach war klar, dass er der neue VfL-Trainer wird. Was ihn direkt erfreute: Geschäftsführer Schmadtke und Sportdirektor Marcel Schäfer holten ihn, der sich aus dem Urlaubsdomizil Fuerteventura aufgemacht hatte, nachts vom Flughafen ab und schickten nicht, was nicht unüblich ist, einen Fahrer. Das empfand Kohfeldt als enorme "Wertschätzung".

… Jörg Schmadtke: Das Verhältnis des Managers zu Trainern wird immer wieder thematisiert, in seiner Karriere demonstrierte Schmadtke jedoch das, was er immer predigt: Ein "Trainerkiller" sei er nicht. Doch gerade in Wolfsburg sind die Erinnerungen an seine nicht frei von Komplikationen verlaufenen Beziehungen zu Bruno Labbadia und Oliver Glasner noch frisch. Sorgen macht sich Kohfeldt diesbezüglich aber nicht. "Ich habe Jörg immer als sehr herzlich empfunden, mochte seine manchmal trockene Art. Er hat eine Eigenschaft, die für einen Trainer ganz gut ist: In der Regel arbeitet er lange mit seinen Trainern zusammen."

Ich möchte ungern jemand sein, der nur für eine gewisse Art von Fußball steht.

Florian Kohfeldt

Es sei auch wichtig für ihn, der sich noch als "junger Trainer" bezeichnet, "dass da jemand ist, der nicht gleich beim ersten Problem panisch wird". Schmadtke sei jemand, so Kohfeldt, "der inhaltlich sehr stark ist und gerne den Austausch möchte. Und dem Trainer dann trotzdem die Freiheit gibt, die Entscheidung zu treffen." Die Fachkenntnis des 57-Jährigen will Kohfeldt für sich nutzen: "Ich wäre ja verrückt, wenn ich die Erfahrung eines so erfolgreichen Managers nicht einfließen lassen würde. Ich schätze den Austausch und suche ihn auch."

… sein Trainerteam: Es ist heutzutage eher ungewöhnlich, dass ein Trainer ohne sein Team bei einem neuen Klub einsteigt. Bei Kohfeldt ist dies aber der Fall - zumindest erst einmal. "Es gibt mehrere Gründe dafür", erklärt er, der mit seinem Team aus Bremer Zeiten immer noch einen guten Austausch pflegt. "Wir haben über lange Jahre vertrauensvoll zusammengearbeitet, mit jedem von ihnen habe ich eine enge und gute Beziehung." Vor allem Tim Borowski und er, "wir können uns schon sehr gut vorstellen, in Zukunft weiter zusammenzuarbeiten".

Punktevergleich zur Vorsaison: Wer sich verbessert hat und wer nicht

Jedoch: Erst einmal machte es für den neuen Coach Sinn, alleine beim VfL loszulegen, zumal er ja nicht alleine ist. Mit Michael Frontzeck, den Kohfeldt bereits seit längerer Zeit kennt, und Vincent Heilmann stehen zwei Assistenz-, mit Pascal Formann ein bewährter Torwarttrainer im Team. "Die Qualität der Mitarbeiter ist extrem hoch. Und ich wollte von Anfang an klarmachen: Hier kommt kein Team im Team." Es sei aber nicht für alle Zeiten ausgeschlossen, "dass wir uns da noch mal verändern".

… seine Spielidee: In den vergangenen Monaten unter van Bommel wurde viel über Ideen geredet. Es ging um Ballbesitz, Dominanz, kurze Pässe - die letztlich zu häufig ins Leere gingen. "Ich möchte ungern jemand sein, der nur für eine gewisse Art von Fußball steht", sagt Kohfeldt, "ich finde, dass Fußball eine Balance braucht." Für ihn, der sich in Bremen im Abstiegskampf vom gewünschten Ballbesitz- und Offensivfußball zu Teilen verabschieden musste, sei ein Aspekt ganz entscheidend: "Ich möchte in beide Richtungen extrem aggressiv und extrem temporeich Fußball spielen. Ich glaube, der VfL passt mit seiner Grundidee gut zu mir." Das Spiel mit dem Ball wird in den nächsten Wochen und Monaten weiter erarbeitet, die zuletzt verlorengegangene, aber immer noch existierende Basis des intensiven Verteidigens "werden wir aber nie weggeben".

… Werder Bremen: Einen Spieltag vor dem Abstieg musste Kohfeldt im vergangenen Mai Abschied nehmen. Nun blickt er erstmals aus der Distanz auf seinen Klub, für den er rund 20 Jahre in verschiedenen Rollen im Einsatz war. "Ich verfolge Bremen definitiv, schaue auf die Ergebnisse." Eine Bewertung der Werder-Situation in der 2. Liga maßt er sich nicht an, "das steht mir nicht zu". Aber: "Ich drücke alle Daumen, die ich habe. Ich freue mich sehr auf den Tag, wenn Werder Bremen wieder 1. Liga spielt."

Thomas Hiete