Int. Fußball

Kamerun: Stimmung am Boden und rätselhafter Verzicht auf Choupo-Moting

Frust beim Gastgeber trotz Sieg im kleinen Finale

Kamerun: Stimmung am Boden und rätselhafter Verzicht auf Choupo-Moting

Als es darauf ankam nur Zuschauer: Kameruns Nationalspieler Eric Maxim Choupo-Moting.

Als es darauf ankam nur Zuschauer: Kameruns Nationalspieler Eric Maxim Choupo-Moting. imago images/ZUMA Wire

Sportlich gesehen hätte es sich Kamerun verdient, das Finale im eigenen Land zu bestreiten. Denn nicht nur hatten die Gastgeber des Afrika-Cups in der ersten Hälfte des Halbfinals gegen Ägypten mehr Chancen, auch zeigten sie erstmals auf, wie die Elf um Liverpools Mohamed Salah zu knacken ist. Schnelle, direkte Passstafetten, Aggressivität und ein Zug zum Tor, den die meisten Mannschaften im Verlauf des Turniers hatten vermissen lassen - auch die Ägypter übrigens. Doch es wurde nichts mit dem Endspiel, im Elfmeterschießen versagten gleich drei kamerunischen Schützen die Nerven.

Dabei zeigt die Geschichte des Cups vor allem eines: Der Gastgeber schafft es in fast der Hälfte der Fälle ins Finale, elfmal gewann der Gastgeber sogar das Turnier. Nun bleibt für Kamerun "nur" Platz 3, wie vor 50 Jahren. Damals, 1972, hatte Kamerun letztmals den Afrika-Cup ausgerichtet und das einzige Mal ein kleines Finale gewonnen - bis Samstag. Zwölf Jahre später folgte der erste Sieg, gefolgt von 33 äußerst erfolgreichen Jahren, während derer die "unzähmbaren Löwen" sechsmal ins Finale kamen - und viermal triumphierten.

Stimmung am Boden

Einmal, vor 30 Jahren, stand am Ende Platz 4. Die Stimmung war damals ebenso am Boden wie heute. Das Spiel um Platz 3 lief mit dem Sieg nach Elfmeterschießen und einer spektakulären Aufholjagd zwar gut, ist in den Augen der Fans kaum etwas wert, nicht einmal einen Trost. Zu beobachten war das auch an den Reaktionen der Zuschauer während des Halbfinals. Einige von ihnen blockierten den Mannschaftsbus, wollten ihn nicht vom Stadiongelände fahren lassen.

Abgang nach dem ersten Fehlschuss

Die Enttäuschung war auch zu spüren, als einige Fans das Stadion bereits nach dem Verschießen des ersten Elfmeters verließen. Diese Reaktion zeigt: Das Vertrauen in die Nationalmannschaft fehlt. Da hilft es auch nicht, dass Kamerun mit Vincent Aboubakar (acht Tore) und Karl Toko Ekambi (fünf) die beiden besten Torschützen des Turniers weder aus Ägypten noch in den Reihen des anderen Finalteilnehmers aus dem Senegal zu finden sind - und das trotz der Stars Sadio Mané und Mo Salah.

Choupo-Motings Kopfball- und Abschlussstärke fehlte schmerzlich

Ein anderer, dessen Name vor dem Turnier oft mit den beiden Liverpool-Stars in einem Atemzug genannt wurde ist Eric Maxim Choupo-Moting. Der 31-Jährige und seine Kopfball- und Abschlussstärke wurden gerade im Halbfinale schmerzlich vermisst, doch Toni Conceicao verzichtete auf den Münchner. Offenbar setzt der Trainer eher auf schnelle, wendige Außenbahnspieler, die aufs Kontern spezialisiert sind. Choupo-Motings Stil ist ziemlich genau das Gegenteil, dennoch sind weder sein Torriecher noch seine Abschlussqualitäten abzustreiten. Eine Einwechslung nach 60, 70 Minuten hätte Kamerun sicher nicht schlecht getan - ob im Halbfinale oder dem Spiel um Platz 3. Dort hatte der Trainer ohnehin fast nur Auswechselspieler auf den Platz geschickt.

Verbandspräsident Eto’o kaum zu fassen

Über die verfügte früher auch Samuel Eto’o? Der Verbandspräsident ist gerade für Journalisten kaum zu fassen, er macht den Eindruck, als flitze er von Veranstaltung zu Veranstaltung und umdribble Interviews dabei wie die Verteidiger seiner Gegner. Glücklich wirkte jedoch auch der ehemalige Starstürmer des FC Chelsea oder des FC Barcelona über das Aus seiner Landsleute keinesfalls. 

Hervé Gourlaouen

Finals beim Afrika-Cup seit 2000: Immer wieder Elfmeterschießen