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Darts-WM: Gaga Clemens steht zum zweiten Mal im Achtelfinale

Darts-WM 2023: "German Giant" wendet Aus gerade noch ab

"Ich war eigentlich tot": "Gaga" Clemens veredelt furioses Comeback mit Bullseye

Ließ die walisische Schlinge namens Jim Williams bei der Darts-WM nicht zugehen: Gabriel "Gaga" Clemens.

Ließ die walisische Schlinge namens Jim Williams bei der Darts-WM nicht zugehen: Gabriel "Gaga" Clemens. Getty Images

"Oh wie ist das schön" war von den mit nach London zur Darts-Weltmeisterschaft 2023 gereisten Fans zu hören, "ist schon ein geiles Ding". Das hatte Deutschlands Nummer 1 Gabriel Clemens nach seinem souveränen Auftakt (3:0 gegen William O'Connor) vor Weihnachten gesagt. An diesem Dienstag nun, einen Tag nach den zur Darts-Pause genutzten Weihnachtsfeiertagen, ging das diesjährige Abenteuer von "Gaga" weiter. Der "German Giant" bekam es dabei mit dem als Außenseiter geltenden Jim Williams zu tun. Doch Vorsicht: Der Waliser hatte sich in der 2. Runde überraschend gegen den viermaligen WM-Halbfinalisten James Wade durchgesetzt.

Starker Konter und erste "Watschn"

Für das erste Stirnrunzeln des Abends bei dem ein oder anderen deutschen Fan vor Ort oder auch Zuschauer vor den Endgeräten hatte dann bei den stimmungsvollen "walk ons" - Clemens lief wie gehabt mit Wonderwall von Oasis auf, Williams mit Tell Me Something Good von Ewan McVicar - John McDonald gesorgt. Der sogenannte Master of Ceremonies bei der PDC, der vor jedem Spiel die Akteure mit einer eindrucksvollen Ansage auf die Bühne holt und den Ally Pally anheizt, sprach den Nachnamen des in Saarlouis nahe der französischen Grenze geborenen und in Saarwellingen heimischen Profis französisch und nicht deutsch aus.

Sportlich gab Clemens zudem direkt das erste Leg an "The Quiff" ab. Es lief noch nicht. Davon erholte sich der erst seit 2018 auf der Tour spielende 39-Jährige aber prompt und entschied den ersten Satz souverän mit 3:1 für sich. Dass der Waliser Williams aber kein schneller Snack werden würde, verdeutlichte dann direkt Satz zwei: Diesen entschied der 38-Jährige aus Cardiff glatt mit 3:0 für sich. Die Doppel-8 als auch die Doppel-20 waren dabei die besten Freunde des frechen sowie schnörkellos werfenden Herausforderers.

Satz 3 und eine 157

Weiter ging es mit Breaks: Williams gewann Clemens' Anwurf-Leg, der Deutsche konterte und ließ in Leg drei die Halle beben. Eine stolze 157 machte "Gaga" eiskalt mit einer Triple-20, einer Triple-19 und Tops (Doppel-20) aus. 2:1 hieß es jetzt. Spannung bot dieses Duell aber von Anfang an deswegen, weil "The Quiff" (Die Haartolle) nie wirklich locker ließ und viele starke Aufnahmen hatte. Seine bisherigen Vorstellungen übertrumpfte der Underdog bei weitem, nahm den Schwung aus der James-Wade-Überraschung vollends mit.

Vertane Chancen: Clemens gibt Sätze ab

Williams nutzte zudem kleinere Patzer von Clemens oft eiskalt und legte selbst nach starken Aufnahmen des deutschen Giganten mit 100ern, einer 134, einer 137 und 140ern eindrucksvoll nach. Weil Clemens in diesem vierten Satz außerdem beim Stand von 2:2 nach 180, 137 und 122 seine 46 Rest nicht löschte, schlug Williams zu und schaffte mit seinem 2. Versuch auf die Doppel-16 den 2:2-Satzausgleich.

Jim Williams

Hatte sich nichts vorzuwerfen: Jim "The Quiff" Williams. Getty Images

Doch nicht nur das! Minuten später brach "Gagas" Average merklich ein, während Williams bei klar über 100 im Schnitt hier im fünften Durchlauf voll drin blieb und bärenstark ablieferte. Am Ende war mal wieder die Doppel-8 sein Freund, um auf 3:2 zu stellen.

Furioses Comeback nach 0:2 - und Bullseye am Ende

Es wurde hochdramatisch. Williams hatte den Schwung abermals mit rübergenommen und mit einem deutlich höheren Average als Clemens im fünften Satz auf 2:0 gestellt. "Gaga" kam bockstark zurück, verkürzte auf 2:2 und schaffte mit seinem zweiten und absolut notwendigen Break den 3:2-Satzgewinn, sodass es in den entscheidenden Durchlauf ging. 64, 110 und 16 knipste Clemens in diesen drei Legs aus. Da staunte Williams, der abgesehen von einem vergebenen Matchdart in dieser heißen Phase wenig falsch machte.

"The German Giant" fand zu seiner Form und streute neben Doppelfeldern auch viele hohe Aufnahmen ein. Das dritte Leg im siebten Satz tütete Clemens etwa mit nur elf Darts zum 2:1 ein - sein Weg: 81 Punkte durch Triple-19 und Doppel-12. Auf dieser Erfolgswelle ritt er weiter. 85 standen ganz zum Schluss noch da, waren aber schnell gelöscht mit 19, 16 und einem feinen Finale, dem astreinen Wurf aufs Zentrum - Bullseye zum Sieg, das Achtelfinale war (erneut) erreicht! Williams gratulierte seinem deutschen Kontrahenten zum Erfolg, dieser erwiderte, weil "The Quiff" erst dieses atemberaubende Spiel möglich gemacht hatte. 39:32 stand es etwa bei den Aufnahmen über 100 für den Waliser, 25:24 bei 140+ und 7:8 bei den 180ern - außerdem zeigte Williams insgesamt eine deutlich bessere Quote bei den Doppelfeldern (15 von 23, 65,2 Prozent gegenüber 15 von 37, 40,5 Prozent).

Ich hab das ganze Spiel über gut gespielt, Jim Williams aber auch fantastisch.

Gabriel Clemens

Entsprechend erleichtert zeigte sich Clemens kurz nach seinem Drama im Interview mit "Sport1", gab dabei nach Vorworten von Darts-Profi und Experte Max Hopp ("Clemens eine Comeback-Sau") unumwunden und erstaunt zu: "Ich war eigentlich tot - und habe es irgendwie noch geschafft, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Ich hab den einen oder anderen Moment gehabt. Warum das aber jetzt in diesem Match noch geklappt hat, ich weiß es nicht. Aber klar weiß man, dass man's kann. Ich hab das ganze Spiel über gut gespielt, Jim Williams aber auch fantastisch. Man hofft halt, dass man die Chancen nutzt. Das hab ich gemacht und dabei auch Glück gehabt, dass er seinen einen Matchdart - den vielleicht wichtigsten Wurf heute - nicht genutzt hat."

Schreibt Clemens Geschichte?

Damit kann Clemens weiter daran arbeiten, Darts-Geschichte zu schreiben: Weiter als unter die besten 16 hat es bis dato noch kein deutscher Profi bei einer Darts-WM geschafft. Vor zwei Jahren hatte Clemens mit einem Sieg über Weltmeister Peter Wright als erster und bislang einziger deutscher Profi das Achtelfinale erreicht. Gute Karten hat diesbezüglich auch noch Landsmann Martin Schindler.

Der Gegner des 39 Jahre alte Saarwellingers wird in der Nachmittagssession am Mittwoch ermittelt. Der an Nummer 9 gesetzte Danny Noppert (Niederlande) geht als Favorit in das Duell mit dem Schotten Alan Soutar. "Es ist jetzt egal, wer da kommt. Im Achtelfinale kommt kein schlechter mehr", sagte Clemens zu seinen möglichen Gegnern. "Ich muss auf mich gucken, dann kann ich jedem gefährlich werden."

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