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"Ich habe alles wieder in den Griff bekommen"

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"Ich habe alles wieder in den Griff bekommen"

sampics/Christina Pahnke

Herr Hartwig, Europacupsieger, Deutscher Meister, was war Ihr größter Sieg?

Dass ich erfolgreich den Krebs bekämpft habe.

Mit 37 Jahren wurde bei Ihnen Prostatakrebs diagnostiziert. Welche Symptome hatten Sie?

Mir ging es wirklich nicht gut. Ich hatte große Probleme und Schmerzen. Das ganze Programm.

Wie ging es weiter?

Ich wurde operiert und etliche Metastasen sind entfernt worden.

Danach waren Sie aber nicht gleich wieder fit.

Nein, es folgte eine Leidenszeit, die sehr schwer war. Es hat lange gedauert, bis ich wieder richtig schmerzfrei und funktionsfähig war. Aber ich habe das alles wieder gut in den Griff bekommen. Ich hatte immer im Kopf: "Du kannst dich doch mit 37 noch nicht verabschieden!"

Was konkret konnten Sie nach der OP tun?

In erster Linie habe ich den Beckenboden trainiert. Das war anfangs echte Arbeit. Du stärkst den Muskel und übst, damit alles wieder normal funktioniert. Ich habe immer wieder "Last-Minute-Toilettengänge" trainiert. Und dann lief das allmählich wieder wie gewünscht.

Nach Prostataoperationen leiden Männer oft unter ungewolltem Harnverlust. Was sagen Sie Menschen, die sich deswegen schämen?

Wenn man an andere Folgen von Krebserkrankungen denkt, dann erscheint unkontrollierter Harnverlust weniger als Weltuntergang. Das große Problem ist der Kontrollverlust. Dieser Erkenntnis folgt oft Panik oder Resignation. Zumal Männer nicht dafür bekannt sind, sich Schwächen einzugestehen und offen damit umzugehen. Doch Probleme zu ignorieren, ist keine Lösung. Zumal es heutzutage hochwertige Hilfsmittel wie Einlagen oder Unterwäsche gibt, die im Alltag diskret und effektiv große Freiheit garantieren.

Nur zwei Jahre nach der Prostata-OP wurde Hodenkrebs bei Ihnen festgestellt. Wie haben Sie das verkraftet?

Dieser Hodenkrebs kann durch Prostatakrebs-Metastasen ausgelöst worden sein. Diese OP und die Folgen waren weniger schwerwiegend als bei der ersten Erkrankung.

Haben Sie nach Ihren beiden Krebserkrankungen in Ihrem Leben vieles umgestellt?

Insgesamt lebe ich viel gesünder. Ich esse abwechslungsreich, mehr Gemüse und weniger Fleisch. Ich treibe regelmäßig etwas Sport, ohne Stress, nur mit Spaß. Beim Beckenbodentraining muss ich allerdings wieder etwas zulegen, das kam zuletzt etwas zu kurz. Mein größter Gesundheitsfaktor sind meine beiden Mädels - meine wunderbare Ehefrau und unsere tolle Tochter.

Wollen Sie ein Vorbild sein? 

Vorbild? Ich hatte nie ein Vorbild. Ich bin meinen Weg gegangen. Tatsache ist, dass ich einer von Millionen Krebspatienten bin. Ich treibe Sport, ich trage Jeans, Lederhose oder Anzug. Ich bin im Fernsehen, ich spiele Theater. Ich mache, was ich will. Ich möchte Menschen ermuntern, ihren Weg zu gehen, auch mit einem Handicap. Ich kann nur jedem raten: Geh zur Vorsorge und konzentriere dich aufs Heute, nicht aufs Morgen.

Sie sprechen offen über Ihre Erkrankungen und engagieren sich für gesundheitliche Aufklärung. Warum?

Weil ich vielleicht mit meinen Erfahrungen anderen Betroffenen helfen kann. Obwohl es sogar Neider gibt, die behaupten: "Der Hartwig hat nie Krebs gehabt, sonst würde er damit nicht so offen umgehen."

Zum Schluss noch eine Fußballfrage: Wird Deutschland im Dezember Weltmeister?

Ich wünsche es dem Team natürlich, aber das wird nicht leicht. Der Franz würde sagen "Schau’n mer mal".