Bundesliga

Glasner: "Wir sind nicht der Nabel des europäischen Fußballs"

Frankfurts Trainer ärgert sich über die Erwartungshaltung

Glasner: "Wir sind nicht der Nabel des europäischen Fußballs"

Will mit seinem Team in München was mitnehmen: Oliver Glasner.

Will mit seinem Team in München was mitnehmen: Oliver Glasner. IMAGO/Sportfoto Rudel

Noch nie holte die Eintracht in einer Hinrunde 31 Punkte. Erfolgreicher war sie zuletzt in der Saison 1993/94, als sie nach 17 Spieltagen mit zehn Siegen, vier Unentschieden und drei Niederlagen die Tabelle vor den Bayern anführte. Die Drei-Punkte-Wertung wurde erst zur Spielzeit 1995/96 eingeführt. Eine Premiere ist auch die Teilnahme an der Champions League, das Überwintern in der Königsklasse ist ein riesiger Erfolg. "Wir haben relativ viel gut gemacht und eine wahnsinnig große Konstanz an den Tag gelegt", resümiert Glasner zufrieden.

Die Erwartungshaltung, die er in diesen Tagen wahrnimmt, ist ihm allerdings ein Dorn im Auge. "Wir müssen alle mal einen Schritt zurück machen. Im glorifizierten Herbst war auch nicht jedes Spiel ein Fußballfest. Natürlich gab es absolute Highlights wie gegen Hoffenheim oder Leverkusen, aber es gab auch Spiele wie in Mainz oder Augsburg", rekapituliert der Coach und fährt fort: "Wenn wir nach Freiburg fahren, erwarte ich nicht, dass wir 80 Prozent Ballbesitz haben, völlig dominant sind und sie 4:0 aus dem Stadion schießen. Dafür ist der Gegner viel zu gut. Die Jungs haben alles reingeworfen und hinten heraus das Spiel unter Kontrolle bekommen, obwohl es schwierig war."

Was der Trainer nicht sagt: Keine Menschenseele hat erwartet, dass Frankfurt den SC aus dem eigenen Stadion schießt. Bei einem Chancenverhältnis von 1:6 und einer schwachen Zweikampfquote von nur 38 Prozent ist eine kritische Aufarbeitung der Leistung jedoch angemessen und nötig. Das bedeutet keine Geringschätzung vergangener Erfolge.

Glasner: "Das ärgert mich"

Wohl keine andere Mannschaft wurde 2022 in Deutschland so sehr gefeiert wie der Europa-League-Sieger Eintracht Frankfurt - zu Recht. "Wir sind nicht der Nabel des europäischen Fußballs, der jede Mannschaft aus dem Stadion schießen muss", sagt Glasner. Auch das behauptet keiner, eine solche Erwartungshaltung existiert nicht. Der Trainer präzisiert, was ihn stört: "Diese Mannschaft hat jetzt das erste Mal in der Champions League gespielt und ist ins Achtelfinale eingezogen. Aber gefühlt ist es immer noch ein bisschen zu wenig. Das ärgert mich, weil man den Leistungen der Spieler nicht gerecht wird. Ich erlebe, mit welcher Inbrunst die Jungs jedes Spiel angehen."

Es ist nachvollziehbar, dass Glasner seine Spieler in Schutz nimmt. Trotzdem verwundert es etwas, dass er so ausdrücklich auf vergangene Erfolge verweist. Schließlich hatte Sportvorstand Markus Krösche bereits zum Jahreswechsel in einem vereinseigenen (!) Interview betont: "Was geschehen ist, ist Geschichte. 2022 interessiert mich nicht mehr! Ich möchte, dass wir alle im Klub und im Team ab jetzt den Fuß wieder aufs Gaspedal treten. Und zwar so, dass wir ab sofort wieder Vollgas haben. Die Zeit der Lobhudelei ist jetzt vorbei!" Diese Worte konnte man durchaus als Weckruf verstehen. Das Saisonziel ist klar: Die Eintracht will den vierten Platz verteidigen. Um das zu schaffen, muss sie besser spielen als gegen Schalke und Freiburg. Das sie das kann, hat sie oft genug bewiesen.

Julian Franzke

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