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Ex-Teamspieler Dospel: "Ich denke, dass sie es in Schweden klarmachen werden"

Früherer Innenverteidiger von EM-Teilnahme überzeugt

Ex-Teamspieler Dospel: "Ich denke, dass sie es in Schweden klarmachen werden"

Ernst Dospel (r.) bestritt für Österreich insgesamt 20 Spiele. Sein Länderspieldebüt feierte er gegen EM-Quali-Gegner Schweden.

Ernst Dospel (r.) bestritt für Österreich insgesamt 20 Spiele. Sein Länderspieldebüt feierte er gegen EM-Quali-Gegner Schweden. GEPA pictures

Über fünf Jahre zählte Ernst Dopsel zum rot-weiß-roten Aufgebot. Der kicker hat mit dem ehemaligen Nationalteam-Spieler über die anstehenden Spiele gegen die Republik Moldau und Schweden, den aktuellen Kader, seine Karriere und seine Zeit danach gesprochen.

Herr Dospel, Österreich trifft am Donnerstag auf die Republik Moldau. Beim ersten Duell der beiden Nationen im Jahr 2002 waren Sie mit von der Partie, damals hat Österreich 2:0 gewonnen. Haben Sie Erinnerungen an das Spiel?

Vage. Es war jetzt kein besonderes Spiel, aber wenn man zurückblickt: Solche Spiele sind nie leicht. Man erwartet sich immer einen Sieg und gegen solche Gegner ist es nicht einfach, wenn du nicht früh in Führung gehst. Das sind immer schwere Spiele und das war auch damals so. Aber es war ein wichtiger Sieg, soweit ich mich erinnern kann. Gegen solche Gegner haben wir uns früher immer schwergetan, vor allem auswärts, aber auch im eigenen Stadion. Zuhause erwarten sich die Zuschauer sowieso immer, dass man solche Gegner aus dem Stadion schießt.

Damals ging das Quali-Rückspiel in Tiraspol 0:1 verloren. Zählt die Republik Moldau zu den Nationen, die man gerne unterschätzt?

Ich glaube, dass unser Team niemanden unterschätzt. Teilweise wird das von den Medien oder den Fans im Nachhinein so interpretiert. Früher war das noch mehr Thema als heute. Aber ich glaube kein Spieler, kein Trainer unterschätzt irgendwen. Im Gegenteil. Genau in diesen Spielen warnt der Trainer und jeder Spieler weiß das auch. Auch wenn es damals um nichts mehr gegangen ist, aber wie ich schon gesagt habe: Gerade gegen diese Gegner erwartet sich jeder einen Sieg. Doch heutzutage gibt es kaum mehr Gegner, gegen die du drei Punkte fix einplanen kannst. Deshalb gibt es im Fußball immer wieder Überraschungen wie bei der jüngsten WM, für die sich Italien nicht qualifizieren konnte. Also das passiert auch teilweise großen Nationen. Deshalb sage ich es immer wieder, das passiert nicht nur im Nationalteam, sondern in allen Ligen und auch in der 2. Klasse im Amateurbereich. Jedes Spiel muss man einmal spielen. Aber das ist auch das Schöne am Fußball.

Wie intensiv verfolgen Sie die Entwicklungen im Nationalteam noch?

Natürlich bin ich nicht mehr so nah dran, aber ich bin noch gelegentlich mit manchen Spielern vom aktuellen Kader im Austausch und als ehemaliger Spieler sieht man, was los ist, wie die Stimmung in der Mannschaft ist und man merkt auch, welche Energie das Team hat. Das ist ganz anders als noch vor einigen Jahren. Wir haben in den vergangenen fünf bis zehn Jahren immer wieder gute Mannschaften gehabt, aber man hat auch immer wieder gesehen, dass das kein Selbstläufer ist. Wenn man an die EM 2016 zurückdenkt, da hat man sich auch viel mehr erwartet. Da wurde im Vorfeld davon gesprochen, dass wir Geheimfavorit sind und dann sind wir in der Gruppenphase sang- und klanglos ausgeschieden. Auch da hatten wir keine schlechte Mannschaft, aber ich glaube, dass wir auch von der Entwicklung weiter sind.

Was hat sich seit Ihrer Zeit im Nationalteam verändert?

Wenn man sich heute das Nationalteam ansieht, ist da einfach eine viel höhere Qualität vorhanden als damals. Nicht nur, weil wir mittlerweile Spieler haben, die fast alle in Top-Ligen spielen, teilweise sogar bei Top-Mannschaften in Europa, sondern auch, weil man jetzt mit Ralf Rangnick einen Trainer hat, der einen neuen Schwung reingebracht hat und nicht immer hundertprozentig zufrieden ist, wenn wir gewinnen. Denn selbst dann findet er Dinge, die es noch zu verbessern gilt. Wenn es um die Qualität der einzelnen Spieler und der gesamten Mannschaft geht, haben wir selten so eine gute Mannschaft gehabt wie jetzt. In den vergangenen fünf bis zehn Jahren sind wir ohnehin sehr verwöhnt in Österreich. Das hat es wahrscheinlich in dieser Form noch nie gegeben, weil wir nie diese Vielzahl an Spielern bei Top-Klubs gehabt haben. Wenn ich da an meine Zeit im Nationalteam zurückdenke: Da war ein Andi Herzog, da war ein Martin Stranzl. Die waren bei deutschen Top-Klubs, das waren die Aushängeschilder. Heute ist es normal, dass unsere Teamspieler bei solchen Vereinen spielen. Das ist dann der Unterschied und dadurch steigt auch die Qualität.

Die kicker-Elf des 6. Spieltags

Wo sehen Sie Potential im aktuellen Team?

Wo wir uns immer noch verbessern können, ist das letzte Drittel. Aber das hat Rangnick schon oft angesprochen. Der letzte Pass und der Abschluss sind etwas, das uns oft ein Stück weit fehlt. Natürlich sind wir nicht Brasilien oder Frankreich, aber am Ende des Tages geht es um die Weiterentwicklung des Teams und da ist die Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor schon etwas, das man bei uns oft vermisst. Vor allem gegen große Nationen wird man nicht in jedem Spiel zu fünf Torchancen kommen, da braucht es eben mehr Effizienz. Was uns da natürlich ein bisschen fehlt - das Problem haben jedoch viele Nationen - ist ein Goalgetter. Ein Spieler, der - wenn es einmal nicht so läuft - ein Spiel entscheiden kann. So wie ein Lewandowski bei Polen. Aber so einen hast du wahrscheinlich einmal in 100 Jahren.

Österreich steht mit zehn Punkten aus vier Spielen an der Spitze der Quali-Gruppe. Denken Sie, dass sich das Team für die EM 2024 qualifizieren wird?

Ich bin überzeugt, dass sie die Qualifikation für die EM ganz sicher schaffen werden, weil sie einfach die nötige Qualität haben und es auch schon bewiesen haben. Ich denke, dass sie es in Schweden klarmachen werden. Wenn sie dort gewinnen, wird es erledigt sein. Ich bin zwar immer sehr positiv eingestellt, aber ich bin auch Realist. Bei uns in Österreich gibt es entweder hoch oben oder ganz unten, aber nichts dazwischen. Das habe ich selbst 20 Jahre miterlebt, das ist so ein bisschen die österreichische Mentalität. Ich versuche, da immer auch realistisch zu bleiben und das ist etwas, das mir bei unserem Teamchef sehr gut gefällt. Ralf Rangnick ist immer realistisch, ganz gleich, ob nach einem Sieg oder einer Niederlage, der kann das sehr trocken analysieren.

Wenn die Hymne ertönt, da kriegst du eine Gänsehaut, von der kleinen Zehe bis in die letzte Haarspitze.

Ernst Dospel erinnert sich an seine Nationalteam-Karriere.

Gegen Schweden haben Sie im März 2000 Ihr rot-weiß-rotes Debüt gegeben. Wie fühlt es sich an, das erste Mal für sein Heimatland zu spielen?

Was soll ich sagen? Für mich war auch schon die erste Einberufung im Jahr 1999 ein Highlight. Ich kann mich erinnern, damals hat sich das Team in Illmitz getroffen. Es war eines der allergrößten Dinge für mich, ins Nationalteam einberufen zu werden. Im März kam ich dann eben auch zu meinem ersten Einsatz. An das Spiel in Graz gegen Schweden kann ich mich noch gut erinnern. Das war eine Regenschlacht, da hat es wie aus Kübeln geschüttet und der Platz war fast unbespielbar. Ich bin dann in der zweiten Halbzeit eingewechselt worden. Mit Fußball hat das aber wenig zu tun gehabt, aufgrund der Verhältnisse. Nichtsdestotrotz werde ich mich mein Leben lang an dieses Spiel zurückerinnern. Wir haben am Ende 1:1 gespielt gegen die Schweden, weil wir sehr spät ein Tor bekommen haben. Aber es war eines der größten Highlights für mich und ein großes Privileg, für mein Land zu spielen. Wenn die Hymne ertönt, da kriegst du eine Gänsehaut, von der kleinen Zehe bis in die letzte Haarspitze. Ich hatte auch das Glück, dass ich einige Male in einem ausverkauften Happel-Stadion spielen durfte. Das ist noch einmal anders, als wenn du mit deinem Klub vor vollem Haus spielst.

Ihr Karriereende liegt nun mehr als zehn Jahre zurück. Was machen Sie heute? Sind Sie dem Fußball erhalten geblieben?

Es ist so, dass ich eigentlich immer vorhatte, dem Fußball erhalten zu bleiben, in welcher Form auch immer. Dann ist aber ein Zeitpunkt gekommen - gegen Ende meiner Karriere habe ich noch bei der Vienna gespielt - wo ich gemerkt habe, dass es nicht mein Weg ist und dass ich im Fußball zu wenig bewegen kann. Man ist von sehr vielen Dingen abhängig in einem Vereinssport und es gibt sehr viele Einflüsse, ganz gleich ob als Trainer oder Sportlicher Leiter oder in welcher Form auch immer. Und dann habe ich gemerkt, dass ich etwas anderes machen möchte und auch so viele Ideen habe. Ich war gegen Ende meiner Karriere lange in Behandlung wegen Verletzungen, habe dabei gute Erfahrungen gemacht. Deshalb wollte ich in diese Richtung gehen, habe verschiedene Ausbildungen gemacht, bin seit 2016 selbstständig und mache jetzt Akupunkturmassagen. Das kommt ganz gut an, ich habe viele Leute bei mir in der Praxis, von klein bis groß, von Profisportlern bis Leuten, die mit Sport gar nichts am Hut haben.

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