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Afrika-Cup 2024: Ein Triumph des Ungeplanten

Kommentar

Ein Triumph des Ungeplanten

Der perfekte Sieger für den Afrika-Cup 2024: Die Elfenbeinküste.

Der perfekte Sieger für den Afrika-Cup 2024: Die Elfenbeinküste. Getty Images

"Wir haben nichts drauf, aber wir sind weiter", hatten sie in der Elfenbeinküste selbstironisch seit der glücklich überstandenen Gruppenphase gesungen. Schon direkt nach dem Schlusspfiff am Sonntagabend änderte sich der Text: "Wir haben nichts drauf, aber wir haben den Cup geholt". Und das mit einem Drehbuch, wie es aus einem mittelmäßigen US-Sportfilm hätte stammen können. Nur dass die Hauptrollen nicht Ben Stiller oder Adam Sandler besetzen, sondern Sebastien Haller und Emerse Faé.

Man muss sich nur einmal vorstellen, Deutschland würde bei der Heim-EM nach einem 0:4 gegen Ungarn in der Gruppenphase vor dem Aus stehen, daraufhin Julian Nagelsmann im laufenden Turnier entlassen und bei Joachim Löw anfragen, ob der nicht übernehmen möge, sich aber eine Absage einhandeln, nur um dann unter Sandro Wagner den Titel zu holen. Ungefähr das ist gerade in der Elfenbeinküste passiert.

Das Finale am Sonntagabend war gewissermaßen ein Aufeinandertreffen zweier grundverschiedener Welten. Auf der einen Seite das Team, das im Turnierverlauf zwischen Himmel und Hölle schwankte, mit einem während des Turniers eingesetzten Interimscoach, der noch nie zuvor eine Profi-Mannschaft trainiert hatte und das zwar erst ab dem Halbfinale eine klare Spielidee erkennen ließ, aber dafür unbändigen Willen, Begeisterung und den vielbeschworenen 12. Mann hinter sich hatte.

Auf der anderen Seite die Mannschaft, die sich ohne die großen Ausschläge und ohne Spektakel durch das Turnier geplant hatte und ihre Spiele mitunter gewann, als wären es Akten auf dem Schreibtisch eines routinierten, aber gewissenhaften Beamten.

Tamtam schlägt Taktik

Am Ende ist der ivorische Triumph der Triumph des unsteten Studentenlebens über das Beamtentum. Der Triumph des Ungeplanten über das Planbare. Der Triumph des Tamtams über die Taktik.

Kurz gesagt: Die Elfenbeinküste gewann das Turnier am Ende wegen all der Dinge, die Fußball zum beliebtesten Sport dieses Planeten machen: Die Unvorhersehbarkeit der Ereignisse, die unerklärlichen Wendungen - und nicht zuletzt die unglaubliche Begeisterung der Anhänger. Da hätte es schlichtweg keinen besseren Siegtorschützen geben können als Haller, der ebenjene Begeisterung bei seinem Comeback nach Verletzung entfachte. Er, der nach Krebserkrankung zurückkam, wurde zum Symbol für ein Team, das mehrfach so gut wie raus und einfach nicht kleinzukriegen war.

Nicht immer das beste Team, aber der perfekte Sieger

Die mitreißenden und hilfsbereiten Menschen im Land, die sich als tolle Gastgeber für den Cup erwiesen und nach dem gewonnenen Titel sogar noch den unterlegenen Gegenspieler Victor Osimhen mit Sprechchören feierten, haben den Titel dabei vielleicht sogar noch mehr verdient als die Mannschaft, die in erster Linie durch Inkonstanz bestach, aber gegen Ende des Turniers ihre hohe individuelle Qualität gewinnbringend einsetzen konnte und sowohl Halbfinale als auch Finale hochverdient gewann.

In diesem Sinne war die Elfenbeinküste sicherlich nicht über den gesamten Turnierverlauf das beste Team des Afrika-Cups. Aber sie ist der perfekte Sieger für ein Turnier, das durch jede Menge Überraschungen, eine Prise Chaos und vor allem jede Menge Euphorie in Erinnerung bleiben wird.

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