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Der komplexe Versuch, realistische Transferwerte zu errechnen

Londoner Firma erzielt Erfolge mit "expected transfer value"

Der komplexe Versuch, realistische Transferwerte zu errechnen

Jude Bellingham und Harry Kane - zwei der gefragtesten Spieler der vergangenen Jahre.

Jude Bellingham und Harry Kane - zwei der gefragtesten Spieler der vergangenen Jahre. IMAGO/Newscom / GDA

Würde Jude Bellingham in diesem Sommer den Verein wechseln, wären rund 209 Millionen Euro fällig. Damit ist Englands Mittelfeldmotor der wertvollste Spieler, der bei dieser EM aufläuft. Die Experten von Transferroom haben - analog zu Werten wie "expected goals" (xG), also "erwartete Tore" - den "expected transfer value" (xTV) von Spielern errechnet. Also jenen Wert, den ein Klub mit dem Verkauf eines Profis aktuell erlösen könnte.

Wie nahe kommen Marktwerte der Realität?

Nun ist das mit den Marktwerten allerdings so eine Sache. Wie nahe kommen diese Summen wirklich der Realität? Es gibt Anbieter, die versuchen sich mit Schwarmintelligenz, andere mit Schätzungen, wieder andere konsultieren sogenannte Transferexperten. Einflussfaktoren für den xTV sind Spielerdetails (aktuelle Statistiken, Alter, Position), Finanzstärke des aktuellen Arbeitgebers, Vertragsdetails (Restlaufzeit, Ausstiegsklauseln), bis dato für den Profi gezahlte Ablösen und potenzieller Käufermarkt.

Vor allem letztgenannter Faktor ist schwer zu berechnen und volatil, weil beispielsweise eine schwere Verletzung eines Top-Stars bei einem Spitzenklub sofort Auswirkungen auf den Markt hätte. Risse sich beispielsweise Harry Kane bei der EM das Kreuzband, würde sich der FC Bayern logischerweise direkt nach einem Ersatz umsehen, was dann wiederum Gesamtmarktfolgen hätte. Stürmer würden folglich teurer, weil nicht selten eine Kettenreaktion in Gang kommt. Um im Beispiel zu bleiben: Der Klub, bei dem sich der FCB bedienen würde, würde die eingenommenen Millionen für die gleiche Position in aller Regel zumindest zum Teil reinvestieren und so weiter und so fort.

Angelehnt an Immobilien-Portale

Derartige aktuelle Entwicklungen versuchen die Analysten von Transferroom mit einem Algorithmus aufzufangen und sie entsprechend "einzupreisen". "Unsere xTV-Methode gibt den Spielern einen wirtschaftlichen Wert und ist nicht nur ein Indikator für ihre Fähigkeiten. So erhalten unsere Nutzer einen zuverlässigen Anhaltspunkt für die Kosten eines Kauf- oder Verkaufsgeschäfts, das auf ständig aktualisierten, realen Marktinformationen beruht", meint Transferroom-CEO Jonas Ankersen. Im Endeffekt lehnt sich die Methode an eine Idee aus dem Immobiliensektor an. Auch dort gibt es seit einigen Jahren Portale, die sich in realistischer Marktwertermittlung versuchen.

Mit zwei DFB-Spielern, ohne Spanier: Die "wertvollste Elf" der EM

Tatsächlich erfreut sich die in London ansässige Firma regen Zuspruchs. Sowohl Top-Klubs der Premier League wie den FC Arsenal, den FC Liverpool oder den FC Chelsea als auch große deutsche Vereine wie Bayer Leverkusen, RB Leipzig, den VfB Stuttgart oder Eintracht Frankfurt führt sie auf ihrer Webseite unter den weltweit mehr als 700 Referenzen auf. Das Hauptgeschäftsmodell stellt eine Art Online-Marktplatz dar, der Interessenten eine Übersicht bietet über zum Verkauf stehende Spieler sowie die jeweiligen Suchprofile von Vereinen. Mittlerweile können sich auch Beratungsagenturen dort zur Transferanbahnung registrieren lassen. Nach eigenen Angaben war Transferroom seit seiner Gründung 2017 in mehr als 5000 Transfers involviert.

Benni Hofmann

Die Kaderwerte bei der EM

Team Marktwert in Milliarden Euro
England 1,500
Frankreich 1,200
Portugal 1,090
Deutschland 0,869
Spanien 0,851
Niederlande 0,824
Belgien 0,616
Italien 0,607
Dänemark 0,412
Kroatien 0,381
Türkei 0,374
Serbien 0,372
Ukraine 0,360
Schweiz 0,287
Österreich 0,235
Polen 0,215
Tschechische Republik 0,196
Ungarn 0,182
Slowenien 0,175
Schottland 0,172
Georgien 0,151
Slowakei 0,148
Albanien 0,125
Rumänien 0,094