DFB-Pokal

Hertha BSC: Dardai beschwört einen "Sahne-Mittwoch" im Pokal

Hertha will es gegen den HSV im Pokal besser machen als in der Liga

Dardai: "Es ist ein Sahne-Mittwoch"

Pal Dardai will sich von der deutlichen Liga-Pleite gegen den Hamburger SV nicht blenden lassen.

Pal Dardai will sich von der deutlichen Liga-Pleite gegen den Hamburger SV nicht blenden lassen. IMAGO/Jan Huebner

Die Enttäuschung über die eigene Darbietung war noch Tage danach greifbar. Er habe "nicht erwartet, dass wir gegen den HSV kollektiv so eingeschüchtert spielen, auch ich, mit 29", sagte Haris Tabakovic in einem kicker-Interview Anfang September. "Da war ich sauer auf mich selbst." Herthas 0:3-Pleite beim Hamburger SV am 3. Spieltag der laufenden Zweitliga-Saison Mitte August war ein Monument der Unterlegenheit - in allen Bereichen.

"Das war damals etwas Chaos von uns", sagt Hertha-Coach Pal Dardai. "Es war nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben. Wir sind dort nicht ganz klargekommen mit dem Ballbesitz des HSV. Wir haben nicht vernünftig gepresst und waren immer zu spät. Es war ein Klassenunterschied." Am Mittwoch, beim Wiedersehen der beiden Traditionsklubs im Pokal, "will ich das nicht haben", unterstreicht der Ungar. "Wir müssen einen besseren Plan haben und eine bessere Überzeugung. Ich will, dass wir uns wehren und gewinnen und zeigen, dass wir uns weiterentwickelt haben."

Die Vorzeichen haben sich geändert

In der Tat sind die Vorzeichen diesmal andere als vor dreieinhalb Monaten. Seinerzeit war die Drehtür im Hertha-Kader ständig in Bewegung, es war ein turbulenter Transfersommer: mit der Auflage, einen Transferüberschuss deutlich jenseits der 20 Millionen Euro erzielen zu müssen - und mit etlichen Spielern, deren Wechselwunsch größer war als der Markt für sie. Das 0:3 in Hamburg machte den Zweitliga-Fehlstart - mit drei Niederlagen in Serie und Platz 18 - perfekt.

"Das Spiel im August in Hamburg", sagt Sportdirektor Benjamin Weber, "hat uns die Grenzen aufgezeigt. Da waren wir brutal enttäuscht. Aber wir haben uns seitdem weiterentwickelt." Herthas Spiel hat seitdem fraglos deutlich an Struktur, Wucht und Produktivität gewonnen. Durch das 5:1 gegen Elversberg am Sonntag stockten die Berliner ihr Torkonto in der Liga auf 31 Treffer auf und überflügelten in dieser Hinsicht auch den HSV (30). Nur Düsseldorf (34) traf öfter als der Bundesliga-Absteiger aus der Hauptstadt.

"Einen Leistungsvergleich" - ergo: ein Duell auf Augenhöhe - kündigt Dardai für Mittwoch an, wenn der Zweitliga-Achte den -Dritten empfängt. Ein Erfolg wäre gleichbedeutend mit dem erstmaligen Einzug ins Pokal-Viertelfinale seit der Saison 2015/16 für den Klub, der mit den Profis zweimal (1977, 79) und mit seinen Amateuren einmal (1993) im Finale stand und jeweils verlor. Das Duell mit dem HSV gab es im Pokal bereits dreimal, jeweils in Berlin.

Hertha will den HSV zum dritten Mal überwinden

Im Januar 1968 schlug Hertha die Norddeutschen in der 1. Runde mit 1:0 nach Verlängerung durch ein Tor von Ivan Sangulin. Im Dezember 1982 bezwang Außenseiter Hertha den damals amtierenden (und kommenden) Deutschen Meister HSV, der am Ende jener Saison im Europacup der Landesmeister triumphierte, im Achtelfinale mit 2:1 und drehte einen 0:1-Rückstand (Tore: Blau, Rasmussen - Hartwig). Im August 1993 unterlag Zweitligist Hertha in der 2. Runde dem damaligen Bundesligisten HSV nach einer 2:0-Führung mit 3:5 nach Verlängerung (Tore: Schmöller, O. Schmidt, Gries - Ivanauskas 2, von Heesen, Bäron, Junghans/Eigentor).

Im vierten Aufeinandertreffen im DFB-Pokal will Hertha zum dritten Mal die Oberhand behalten - und die nächste Etappe gehen in diesem Wettbewerb, dessen Finale seit 1985 im Berliner Olympiastadion ausgetragen wird und der für den Klub in den vergangenen Jahrzehnten viele Enttäuschungen bereit hielt. Das Finale im eigenen Wohnzimmer, das die Bubis 1993 sensationell erreichten (0:1 gegen Leverkusen), als Endstation Sehnsucht - es ist Herthas ewiges Pokal-Narrativ.

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"Die Fans dürfen träumen", sagt Sportdirektor Benjamin Weber. "Bei uns ist es Vorfreude auf ein großes Spiel. Wir wollen eine Runde weiterkommen und im Pokal überwintern." Pal Dardai, Cheftrainer und Chefpragmatiker in Personalunion, sagt auch an dieser Stelle nichts als die Wahrheit: "Ich bin seit fast 30 Jahren hier, ich habe aufgehört mit dem Träumen." Stattdessen empfiehlt er für diese und alle weiteren Wochen: "Einfach arbeiten, so hart wie möglich - und nicht irgendwas versprechen."

Auch ihm ist die Vorfreude indes anzumerken: "Wir werden gut vorbereitet sein. Bei 55 000 Zuschauern plus vielleicht noch ein paar mehr hat das Olympiastadion seine Seele. Es wird ein richtiger Pokal-Fight. Du musst bis zur 90. Minute, vielleicht bis zur Verlängerung scharf sein und daran glauben. Es ist ein Sahne-Mittwoch, ein Top-Spiel, hopp oder top."

Steffen Rohr, hub

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