2. Bundesliga

BGH vertagt Entscheidung über Martin Kinds 96-Abberufung

"Es wird kein Unentschieden geben"

BGH vertagt Entscheidung über Kinds Abberufung - und lässt Tendenz erkennen

Er muss weiter auf eine endgültige Entscheidung warten: Martin Kind.

Er muss weiter auf eine endgültige Entscheidung warten: Martin Kind. IMAGO/Maximilian Koch

War Martin Kinds Abberufung als Geschäftsführer der Management GmbH von Hannover 96 im Juli 2022 wirksam oder nicht? An dieser Frage scheiden sich seit inzwischen fast zwei Jahren die Geister. Nun beschäftigte sich der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Dienstag damit - und kam zu vorerst keinem Ergebnis.

Der Vorsitzende Richter Manfred Born vertagte die Entscheidung auf den 16. Juli um 11 Uhr. "Um im Genre zu bleiben: Es wird kein Unentschieden geben", sagte er zum Abschluss. Zuvor hatten die Verteidiger beider Seiten ihre Argumente ausführlich dargelegt. Im Kern drehte es sich um die Frage, ob der Beschluss über Kinds Abberufung nichtig ist.

Konkret ging es um den Paragraphen 241 des Aktiengesetzes und darin um die Absätze 3 und 4: Kinds Seite sieht den Beschluss des Muttervereins Hannoverscher Sportverein von 1896 e.V. aus zwei Gründen als nichtig an: wegen der Kompetenzüberschreitung des Muttervereins, die mit dem Wesen der Aktiengesellschaft nicht zu vereinbaren sei, und wegen der Sittenwidrigkeit der Abberufung.

Tendenz deutet in Richtung von Kinds Abberufung

Der Vorsitzende Richter Born, der mehrmals Unverständnis besonders für die Argumente der Kind-Seite durchblicken ließ, stellte zu Beginn fest, dass die Annahme der Nichtigkeit "zweifelhaft" sei. Für die Anwendung von Absatz 3 brauche es einen Verstoß gegen tragende Strukturprinzipien, für Absatz 4 müsse eine "besondere Verwerflichkeit" vorliegen.

Streit bei Hannover 96

Kind verfolgte die Verhandlung ebenso wie Ralf Nestler, der Aufsichtsratsvorsitzende des e.V., weitgehend regungslos. "Das Gericht hat heute rein theoretische Rechtsdiskussionen geführt", sagte der 80-Jährige hinterher, der hinsichtlich der anstehenden Entscheidung "eine Tendenz zu erkennen" vermochte.

Die angesprochene Tendenz deutete in Richtung des e.V., hätte unüberschaubare Folgen für Hannover 96 - und womöglich auch für die DFL. "Wir gehen mit einem guten Gefühl aus der Verhandlung und fühlen uns bestätigt", sagte auf der Gegenseite Nestler. Man müsse aber die letztendliche Entscheidung abwarten.

Pattsituation im Hannover-96-Vertrag

Bei Hannover 96 existiert ein kompliziertes Konstrukt aus mehreren Gesellschaften: auf der einen Seite die von den Mitgliedern gewählte Führung des Muttervereins Hannover 96 e.V., auf der anderen Seite die ausgegliederte Profiabteilung mit Kapitalgebern wie Kind.

Die Hannover 96 GmbH & Co. KGaA beherbergt die Profifußball-Abteilung und gehört wiederum zu 100 Prozent der Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG, deren Gesellschafter zu mehr als 50 Prozent Kind sowie Gregor Baum und der Drogerie-Unternehmer Dirk Roßmann sind.

Der Aufsichtsrat der Hannover 96 Management GmbH & Co. KGaA, der Komplementärgesellschaft zur Hannover 96 GmbH & Co. KGaA, ist mit je zwei Vertretern des Muttervereins und der Profisparte paritätisch besetzt: Sebastian Kramer und Ralf Nestler für den e.V., Roland Frobel und Rainer Feuerhake für die Kapitalgeber. Damit kann eine der beiden Seiten eine Entscheidung wie den Rauswurf Kinds nicht ohne Zustimmung der anderen treffen - eine Pattsituation im sogenannten Hannover-96-Vertrag.

Kind war erfolgreich gegen die Abberufung vorgegangen

Im Oktober 2022 hatte schon der Vorsitzende Richter des Landgerichts Hannover, Carsten Peter Schulze, bei der Urteilsverkündung gesagt: "Die Situation ist sehr verfahren. Wir können das Problem von Hannover 96 nicht lösen."

In einem sogenannten Eilrechtsverfahren Mitte August 2022 hatte das Landgericht Kind zunächst bis zur mündlichen Verhandlung erlaubt, weiter als Geschäftsführer zu arbeiten. Zuvor war er überraschend im Juli 2022 von der Führung des Stammvereins in der Funktion abberufen worden. Kind war anschließend erfolgreich gegen die Abberufung vorgegangen.

Er wolle das "einfach entspannt abwarten", hatte Kind noch vor der BGH-Verhandlung gesagt: "Solange eine Klage zugelassen ist, bleibt eine 50:50-Aussicht, wie das Urteil ausfällt."

Paul Bartmuß