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Tennis: Dustin Brown im Interview vor Wimbledon 2024

Serve-and-Volley-Spezialist mag Wimbledon

Brown im Interview: "Djokovic kann man nie aus dem Favoritenkreis nehmen"

"Eigentlich komme ich mit allen Spielern sehr gut klar": Dustin Brown.

"Eigentlich komme ich mit allen Spielern sehr gut klar": Dustin Brown. IMAGO/Michael Weber

Dustin Brown (39) spielt seit 2021 nur noch im Doppel auf der Tour, beendet Ende des Jahres auch wegen wiederkehrender Rückenprobleme seine Karriere. Für seinen riskanten Serve-and-Volley-Spielstil, der auch zweimal Rafael Nadal kalt erwischte, ist der Deutsch-Jamaikaner bekannt.

kicker: Herr Brown, ist Rafael Nadal eigentlich nachtragend?

Dustin Brown: Wir haben keinen persönlichen Kontakt. Man sieht sich in der Umkleide, aber das ist ja wie generell bei anderen Leuten auch auf der Arbeit: Das gibt es Leute, mit denen hat man Kontakt, und manche sieht man eben nur auf der Arbeit.

2014 schlugen Sie ihn sensationell in Halle, 2015 nochmal in Wimbledon. Ihre Karriere wird oft zuerst mit diesen beiden Siegen verbunden. Zu Recht?

Es ist vollkommen in Ordnung, wenn Leute das so sehen. Auch wenn ich seit 22 Jahren spiele und es einige andere Ergebnisse gegen sehr gute Spieler gab: In Wimbledon gegen Rafa, auf der größten Bühne der Welt, war es nun einmal einer meiner größten Siege.

Spielersteckbrief

Was ist das Besondere an Wimbledon?

Für viele Leute und auch für mich ist es eines der größten Turniere. Als ich aufgewachsen bin, wollte ich immer mal in Wimbledon spielen. Zweimal in meiner Karriere durfte ich sogar auf dem Centre Court spielen, das war schon etwas sehr Besonderes. Jetzt ein letztes Mal dort zu spielen, im Doppel, und dann zu kommentieren, ist auch toll.

Sie sind beim anstehenden Turnier in Wimbledon als Experte für Prime Video im Einsatz. Wie kam es dazu?

Viele meiner Kollegen machen das schon seit einigen Jahren. Ich hatte in der Vergangenheit auch schon Anfragen, aber wollte mich immer eher aufs Spiel konzentrieren. Dieses Jahr soll ja mein letztes auf der Tour sein, ich spiele nur Doppel und alles ist sozusagen ein bisschen entspannter. Deswegen habe ich gedacht, ich würde es gerne ausprobieren. Ich werde einiges dazulernen und ein bisschen an die Hand genommen werden müssen. Aber das wird schon klappen, ich freue mich sehr darauf.

Ich würde nicht sagen, dass es nur zwei Spieler sind, die das Turnier gewinnen können.

Dustin Brown über die Herren-Konkurrenz

Manch ein Ex-Profi lässt als TV-Experte klare Sympathien für frühere Kollegen und Landsleute durchscheinen, andere geben sich neutral. Welcher Typ sind Sie am Mikrofon?

Ich weiß es nicht, erst einmal muss ich reinfinden. Eigentlich komme ich mit allen Spielern sehr gut klar. Aber man wird schon merken, dass auch Freunde oder Bekannte von mir dabei sind. Gael Monfils beispielsweise gucke ich sehr gerne zu, alleine wegen seiner Spielweise.

Wie viel Tennis schauen Sie denn außerhalb Ihrer eigenen Spiele?

Ich schaue generell nicht viel Sport. Eher wenn ich bei einem Turnier bin, dann schaue ich abseits von meinen Matches bei guten Freunden im Einzel oder Doppel zu. Also eher live als am Fernseher.

In der Herren-Konkurrenz läuft es diesmal auf einen Zweikampf zwischen Carlos Alcaraz und Jannik Sinner hinaus. Stimmen Sie zu?

Schwer zu sagen. Ich würde nicht sagen, dass es nur zwei Spieler sind, die das Turnier gewinnen können. Es kann zwar schon sehr gut sein, dass es einer der beiden wird. Aber auch wenn Novak Djokovic Knieprobleme hat, kann man ihn nie aus dem Favoritenkreis rausnehmen. Und im Feld sind viele dabei, die früh im Turnier die Favoriten und gesetzten Spieler ärgern können.

Der Rasen ist über die Jahre langsamer geworden.

Dustin Brown

An wen denken Sie da?

Chris Eubanks hat beispielsweise vergangenes Jahr in Mallorca gewonnen. Auch gegen den Belgier Zizou Bergs, gegen Lloyd Harris aus Südafrika oder Wildcard-Inhaber Paul Jubb wird in der 1. Runde wahrscheinlich niemand spielen wollen.

Und aus deutscher Sicht?

Wir haben viele deutsche Spieler, die sehr gefährlich auf Rasen sind, Jan-Lennard Struff unter anderem. Es gibt immer Überraschungen, gerade in den ersten Tagen. Und dann kommt es auch darauf an, wie viele Matches die anderen Spieler, die Gegner, schon in den Beinen haben.

Sehen Sie Alexander Zverev auf einem Niveau mit Alcaraz und Sinner?

Er hat bei den French Open das Finale erreicht und jetzt in Halle das Halbfinale. Wenn er mit ordentlich Selbstvertrauen ins Turnier geht, dann ist er auch jemand, mit dem man in Wimbledon rechnen muss. Es wird spannend bleiben.

Gibt es den Serve-and-Volley-Stil, der Sie ausmacht, überhaupt noch im Wimbledon-Teilnehmerfeld?

Wenig. Der Rasen ist über die Jahre langsamer geworden.

Woran liegt das?

Ich weiß nicht genau, ob die Bälle größer geworden sind oder der Rasen länger oder kürzer - oder wie auch immer. Auf jeden Fall ist es langsamer geworden. Man hat es schon vor einigen Jahren gemerkt: Gute Linkshänder, die Serve-and-Volley gespielt haben, wie Feliciano Lopez, Gilles Muller oder auch Mischa Zverev, haben irgendwann teilweise Aufschlag und einen Angriffsball gespielt statt nur Serve-and-Volley. Ich spiele natürlich immer noch gerne auf Rasen und bevorzuge Serve-and-Volley.

Das gehört zum Tennis dazu, es ist ja nicht Basketball oder Fußball.

Dustin Brown

Bei den Damen ist Iga Swiatek auf Sand offenbar unbesiegbar. In Wimbledon kam sie aber nie weiter als ins Viertelfinale. Wer gewinnt dieses Jahr?

Iga kommt nach ihrem French-Open-Sieg mit viel Selbstbewusstsein, zumal sie dort sehr wenige Spiele abgegeben hat. Wenn sie das abruft, was sie in Paris gezeigt hat, ist es ein guter Tipp, dass sie auch in Wimbledon triumphiert. Aber es hat hier und da auch ein bisschen was mit der Tagesleistung zu tun. Es gibt einige, die das Turnier gewinnen können.

2022 gewann Elena Rybakina, 2023 Marketa Vondrousova. Beide hatte man vorher nicht ganz oben auf dem Zettel. Wem trauen Sie einen solchen Lauf diesmal zu?

Es gibt einige ungesetzte Spielerinnen, die gefährlich sein können, Naomi Osaka zum Beispiel, gegen die bestimmt auch niemand in der 1. Runde spielen möchte.

Wimbledon ist mit dieser Stille beim Spielen verbunden - Stichwort: "quiet, please". Passt das noch ins Jahr 2024?

In Wimbledon finde ich es schon sehr gut, dass das alles so ist - auch, dass man in Weiß spielt. Das macht in der Form extrem viel Spaß. Bei anderen Turnieren sollte es ja auch ruhig sein. Das gehört zum Tennis dazu, es ist ja nicht Basketball oder Fußball. Bei den French Open in Paris gab es mit den Fans ein paar Probleme.

Alternativ hat sich das Format "Ultimate Tennis Showdown", kurz UTS, etwas etabliert.

Das UTS-Format finde ich auch sehr interessant, habe das selbst schon gespielt. Es ist alles Tennis, aber es sind verschiedene Arten davon. Manche Leute sehen das mehr so und mehr so. Ich glaube, dass verschiedene Personengruppen von verschiedenen Formaten angesprochen werden.

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