Conference League

Baumgart geschockt: "Sie haben durch mich durchgeguckt"

Köln droht eine empfindliche Strafe

Baumgart geschockt: "Sie haben durch mich durchgeguckt"

Fassungslos auf der Tribüne: Steffen Baumgart am Donnerstagabend in Nizza.

Fassungslos auf der Tribüne: Steffen Baumgart am Donnerstagabend in Nizza. IMAGO/Treese

Die Randale von Nizza wirkt nach. "Das wird mich sehr lange begleiten", schilderte Kölns Trainer Steffen Baumgart am Freitagmittag seine Gefühle angesichts der schlimmen Auseinandersetzungen im Allianz-Riviera-Stadion. Er selbst hatte - nicht weit entfernt von den Chaoten stehend - versucht, auf diese Einfluss zu nehmen: "Aber da war nichts möglich. Die Jungs, die hochgeguckt haben, haben durch mich durchgeguckt. Und danach sind wir in den VIP-Raum gegangen, um selbst geschützt zu sein." Der Trainer zeigte sich regelrecht geschockt von den Vorfällen: "Das war einfach nur nackte Gewalt. Das ist beängstigend, wenn man relativ dicht dran steht. Meine Familie saß auf den Sitzen, wo sie vorbeigelaufen sind. Da geht einiges in einem ab."

Seine Sperre verhinderte Baumgarts Kontakt zur Mannschaft

Seinem Ansinnen, aufgrund der dramatischen Situation als Trainer zu seiner Mannschaft sprechen zu dürfen, wurde von den Offiziellen der UEFA abgelehnt, Baumgarts Sperre ließe dies nicht zu. Ein Vorgang, den der Trainer nicht nachvollziehen kann: "Das wurde wegen der Gelb-Roten Karte abgelehnt, obwohl es eine Grenzsituation war. Daran sieht man, dass manche Leute nicht bereit sind, das Gehirn einzuschalten."

Favre fassungslos: "Sehr, sehr traurig"

alle Videos in der Übersicht

Froh sei er, dass die Spieler die Gewalt-Ausbrüche nicht mitbekommen hätten, sagte Baumgart, der selbst Augenzeuge wurde "als ein junger Mann die Tribüne hinunterstürzte": "Da bist du einfach nur geschockt." Die Entscheidung, das Spiel anzupfeifen, hielt Baumgart für richtig: "Wenn alle unter diesen kurzfristigen Emotionen das Stadion verlassen hätten, wissen wir nicht, was noch passiert wäre."

zum Thema

"Wut und Fassungslosigkeit" verspürte Kölns Trainer angesichts der Vorfälle, die nun unbedingt einer maximalen Aufarbeitung von allen Seiten bedürfen. Der Trainer spricht an, was bereits am Donnerstagabend die Runde machte, die Sicherheitsvorkehrungen der zuständigen französischen Behörde geraten in die Kritik. Baumgart: "Man fragt sich schon, warum die Situation so entstanden ist. Warum waren die Sektoren nicht abgegrenzt voneinander? Wir als Verein und auch die UEFA haben Nizza gesagt, dass das nicht ausreichend ist, was an Sicherheitsmaßnahmen getroffen wurde. Und das hat man dann auch gesehen. Wie kann das möglich sein, dass Zugänge einfach so betreten werden können? Es ging auch schon vor dem Stadion los. Ich glaube, man hätte es verhindern können, wenn man die Dinge richtig angegangen wäre. Es haben genug Leute darauf aufmerksam gemacht, dass so etwas passieren kann."

Köln droht eine empfindliche Strafe

Auf keinen Fall ginge es nun um Schuldzuweisungen. "Es geht", so Baumgart, "um eine klare Aufarbeitung." Die soll nun möglichst schnell erfolgen, was sich wegen der unsicheren Lage nicht einfach gestaltet. So halten sich hartnäckig Hinweise auf eine aktive Beteiligung einer Gruppe gewaltbereiter Chaoten aus Paris, deren Gruppierung bereits vor zwölf Jahren aufgelöst und von PSG aus dem Verein entfernt wurde. Möglicherweise erklärt sich die UEFA bereits heute am Nachmittag, dem FC droht auf jeden Fall eine empfindliche Strafe, wobei ein Auswärtsverbot für Fans ebenso im Katalog auftauchen dürfte wie ein Geisterspiel in Müngersdorf. Womit die Kriminellen es geschafft hätten, dem klammen Verein einen Verlust in siebenstelliger Höhe zu bescheren.

Frank Lußem