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Wie die Rückkehr von "Beast Mode" die Seattle Seahawks beeinflusst

Running Back ist eine gefeierte Institution in Seattle

"Skittles-Alarm": Wie die Rückkehr von "Beast Mode" Lynch die Seahawks beeinflusst

"Beast Mode" reaktiviert: Running Back Marshawn Lynch ist zu den verletzungsgeplagten Seattle Seahawks zurückgekehrt.

"Beast Mode" reaktiviert: Running Back Marshawn Lynch ist zu den verletzungsgeplagten Seattle Seahawks zurückgekehrt. imago images

Sein Karriereende hatte Marshawn Lynch bis auf lose Ankündigungen von ihm selbst in der Vergangenheit nach der Spielzeit 2018/19 nie richtig offiziell gemacht, die notwendigen Papiere bis heute nicht bei der National Football League eingereicht. Doch wenngleich das eine Rückkehr des Running Backs nie komplett ausgeschlossen hatte und manch ein Fan der Seahawks womöglich insgeheim auf ein Comeback gehofft hatte, so richtig vorstellen konnte man sich einen erneuten NFL-Auftritt kaum mehr.

Und doch ist es so gekommen. Weil Seattle von massiven Verletzungssorgen heimgesucht worden ist: Starter Chris Carson (Hüfte) fällt genauso wie die beiden Vertreter C.J. Prosise (Arm gebrochen) und 2018-Erstrunden-Pick Rashaad Penny (Kreuzband) komplett aus. Weil mit Rookie Travis Homer, den die Seahwaks in der sechsten Runde des diesjährigen Drafts gezogen haben, nur noch ein "echter" Läufer zur Verfügung steht. Weil Head Coach Pete Carroll Lynch aus vergangenen Tagen bestens kennt. Und weil ein in den letzten Jahren etwas ausgeruhter Motor immer noch den "Beast Mode" in sich und "vier oder fünf Spiele im Tank" hat. Trainer Carroll dazu: "Vielleicht ist es genau das, was wir brauchen."

Ein Kraftpaket für (fast) alle Fälle

Was Lynch tatsächlich drauf hat, dürfte vielen Football-Fans noch bestens bekannt sein: Das inzwischen 33-jährige Kraftpaket, das im Draft 2007 in der erste Runde und an 12. Stelle von den Buffalo Bills gezogen worden war und nach vier Jahren schließlich 2010 nach Seattle wechselte, kommt in insgesamt 148 Regular-Season-Spielen auf 2441 Läufe, 10.379 Rushing Yards und 84 Touchdowns bei nur 20 Fumbles. Gerade für kurze Distanzen besonders bei Third Downs zeigte sich "Beast Mode" immer wieder verantwortlich - und war aufgrund seines niedrigen Körperschwerpunkts bei 1,80 Meter Größe und fast 100 Kilogramm Gewicht auch bei längeren Sprints nur schwer zu Fall zu bringen.

Mit seinen Fähigkeiten verhalf Lynch Seattle sogar einmal zum ganz großen Wurf: 2013/14 führte der Running Back das Team zusammen mit Quarterback Russell Wilson bis in den Super Bowl XLVIII. In der 48. Auflage überrollten die Hawks die Denver Broncos um Peyton Manning mit einem 43:8 und sicherten sich damit den ersten großen Titel der seit 1974 bestehenden Franchise-Geschichte.

Ein Makel, der Seattle darüber hinaus bis heute verfolgt und direkt mit Lynch zu tun hat, ereignete sich ein Jahr später. Denn wieder zog das Team in den Super Bowl ein, spielte gegen die New England Patriots und verlor am Ende mit 24:28. Und das, weil sich Head Coach Carroll damals nicht für einen 1-Yard-Rush für die eigentliche Bank Lynch entschied, sondern stattdessen Spielmacher Wilson werfen ließ - Interception! Ein wirres Wagnis.

NFC-West-Endspiel vor der Brust

Allerdings könnte sich auch diese Rückholaktion als wirres Wagnis entpuppen. Denn der 33-jährige Routinier aus Oakland spielte in den letzten Jahren wenig Snaps, stand im Oktober 2018 letztmals auf dem Feld (für die Oakland Raiders). Wie groß kann der Einfluss also sein für die Seahawks, die mit einer Bilanz von 11:4 bereits für die Play-offs ab Januar qualifiziert sind und gegen Rivale San Francisco (12:3) in der Nacht von Sonntag auf Montag (2.20 Uhr MEZ) noch um die Krone der NFC West und damit um ein Heimspiel in der Endrunde kämpfen?

Marshawn Lynch hat in der Vergangenheit bereits bei den Seattle Seahawks überragt.

Ein bestens bekanntes Bild: Marshawn Lynch hat in der Vergangenheit im Dress der Seattle Seahawks überragt. imago images

Ganz klar: Das Team aus dem Bundesstaat Washington rechnet durchaus mit Lynch, der die von Trainer Carroll präferierte Offense mit viel Laufspiel und viel Play-Action bestens kennt. Also rein als Seitenlinien-Spektakel, das reihenweise seine Lieblingssüßigkeiten (Skittles) verschlingt und die eigenen Fans anpeitscht, wollen die Seahwaks diese Rückholaktion nicht verstanden wissen.

Quarterback Wilson, mit 3877 Passing Yards und 32 Total Touchdowns (fünf Interceptions, fünf Fumbles) wieder einmal besonders stark unterwegs, dazu: "Marshawn ist definitiv einer dieser Spieler, die - egal, um was es geht - in jedem Spielzug und zu jedem Zeitpunkt alles geben. Das spürst du auch sofort in der Umkleidekabine, seine Präsenz ist da. Und das werden wir auch alle spüren, wenn er mit ins Huddle geht." Head Coach Carroll sieht das genauso, rechnet fest mit Lynch und glaubt, dass er noch einiges leisten kann: "Er hat wirklich hart gearbeitet. Er bringt weiterhin einiges mit. Er ist ein physischer Spieler und gebaut für den Wettbewerb. Wenn man so einen Spieler dann im Team aufnimmt, dann steigert das die Mentalität von allen. Und wir alle werden sehen, wie wir ihn einbauen können. In jedem Fall macht er einen guten Eindruck auf uns. Ein paar Kilogramm sind runter, er wirkt, als könne er dafür gehen. Er ist bereit, die Möglichkeit wahrzunehmen."

Lynchs Antrittsrede: "Habt einen schönen Tag"

Lynch selbst äußerte sich ebenfalls - oder anders formuliert: Lynch machte den Lynch und bewies mit einem wortkargen Auftritt bei der Pressekonferenz, dass Medientermine weiterhin nichts für ihn sind. Auf die Frage, was ihn zu seinem Comeback bewogen habe, antwortete er mit: "Frohe Feiertage, ein gutes neues Jahr und habt einen schönen Tag. Es fühlt sich schön an, zurück zu sein. Dankeschön." Dann winkte er noch kurz und verschwand nach 13 Sekunden wieder. Das erinnerte sehr an seinen legendären Auftritt vor dem Super Bowl 2015, als er damals auf jede ihm gestellte Frage mit ein und demselben Satz geantwortet hatte: "I'm just here, so I won't get fined." Für Worte ist der "Beast Mode" aber nicht aus dem vermeintlichen Ruhestand geholt worden, er soll bereits beim NFC-West-Showdown gegen die San Francisco 49ers Taten auf dem Feld folgen lassen - und wird sich natürlich am Seitenrand sicherlich die ein oder andere Packung "Skittles" gönnen.

mag

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