Beide Trainer hatten vor dem großen Endspiel denselben Einfall: Sowohl US-Coach Jill Ellis als auch Japans Norio Sasaki schickten genau die elf Akteurinnen auf den Rasen in Vancouver, die schon im Halbfinale Deutschland (2:0) beziehungsweise England (2:1) besiegt hatten. So begann bei den US-Ladies die agile Morgan im Sturm (Wambach saß wie gewohnt auf der Bank), während bei Nippon vorne Ogimi und Ohno wirbeln sollten. Mit als Unterstützerin dabei war auch Star-Spielerin Ando, die sich in der Gruppenphase beim 1:0 gegen Schweden das Sprunggelenk gebrochen hatte und zunächst nach Hause zur OP geflogen war.
USA überrollen Japan - Lloyd explodiert
Die Japanerinnen spielten nach Anpfiff allerdings nicht nur ohne Ando, sondern sie agierten auch komplett ohne Mut und ließen sich ganze 20 Minuten lang komplett von furios aufspielenden US-Ladies überrennen. Die Folge: zwei Gegentore binnen drei Minuten. Zunächst fand Rapinoes scharfe und flache Ecke Lloyd im Zentrum, die eiskalt zum 1:0 abschloss (3.). Wenig später legte die Kapitänin nach und vollendete nach schöner Hackenvorarbeit von Johnston auf 2:0 (5.).
Eine Ende der Walzmaschine USA war aber noch lange nicht erreicht - im Gegenteil: Die Elf von Trainerin Ellis legte noch weitere Scheite nach. Iwashimizu klärte eine Flanke aus dem rechten Halbfeld ungenügend mit dem Kopf und direkt in den Strafraum vor die Füße von Holiday. Die Mittelfeldfrau schloss volley und saftig ab - 3:0 (14.). Es folgte das Husarenstück von Lloyd, die damit ihren Dreierpack schnürte: Die Anführerin fasste sich direkt an der Mittellinie (!) ein Herz und feuerte den Ball in hohen Bogen ins gegnerische Tor - 4:0 nach gerade einmal 16 gespielten Minuten.
Kamen zwischenzeitlich aus dem Jubeln nicht mehr heraus: die furiosen US-Ladies. Getty Images
Ogimi beendet die USA-Serie
Verständlich, dass das Tempo fortan verloren ging. Das lag zunächst daran, dass sich Japan defensiv stabilisierte und mit zwei frischen Spielerinnen auftrat (Sawa und Sugasawa kamen in der 33. und 39. Minute). Zudem zogen sich die US-Ladies etwas mehr zurück, um den Energietank wieder aufzufüllen. Ein weiteres Tor fiel dann aber noch, allerdings für Nippon: Quasi aus dem Nichts vollstreckte Ogimi mit einem Linksschuss zum 1:4, ließ zuvor Johnston lässig stehen (27.). Damit kassierte US-Torwächterin Solo nach 540 WM-Minuten mal wieder ein Gegentor (zuletzt beim 1:3 am 1. Spieltag gegen Australien).
Das Halbfinale und Spiel um Platz 3 im Überblick
Japan hofft - Heath zerstört
Mit Wiederbeginn bauten zunächst die US-Ladies wieder Druck auf, doch ein Ungeschick brachte Japan wieder ins Spiel: Johnston, die schon beim 1:4 eine schlechte Figur abgegeben hatte, nickte einen lang getretenen Miyama-Freistoß unglücklich ins eigene Tor. Plötzlich hoffte ganz Nippon wieder, doch sie hatten alle die Rechnung ohne die USA gemacht, die prompt zurückschlugen: Eine Ecke gelangte am langen Pfosten zur positiv auffälligen Brian, die am Fünfmeterraum mit einem flachen Pass Heath fand. Die Offensivfrau vollendete humorlos zum 5:2 (54.).
Alles wartet auf Wambach und den Schlusspfiff
Fortan plätscherte die Partie nur noch vor sich hin. Mal näherte sich die USA etwas an, mal erzwang Japan ein paar Lücken im ansonsten sicher und vor allem kopfballstarken US-Abwehrgeflecht. So scheiterten zum Beispiel Sakaguchi per Fernschuss (62.) und Sugasawa mit einem zu unpräzisen Kopfball aus bester Position (76.).
Alex Morgan (links) & Co. feiern den WM-Triumph 2015. Getty Images
Dann war es soweit: US-Ikone Wambach kam herein und wurde mit äußerst lautstarkem Applaus und Standing Ovations empfangen. Es war der Start in ihr 249. und wohl wichtigstes Länderspiel. Endlich konnte sich die erfolgreiche 35-jährige Stürmerin (183 Länderspieltreffer, mit 14 WM-Toren Zweiter hinter Marta mit 15) auch zum Weltmeister krönen - die Gewissheit war nur noch Minuten entfernt. Sie herrschte um 2.51 Uhr deutscher Zeit. Mit diesem Titel stiegen die USA zum WM-Rekordsieger auf. Es wurde der dritte Titel nach 1991 (2:1 gegen Norwegen in China), 1999 (5:4 i.E. gegen China in den USA) und 2015 in Kanada - dank einer überragenden Carli Lloyd.
Lift on 3!
1...
2...
3...
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— Sports Illustrated (@SInow) 6. Juli 2015