Bundesliga

"Farce": Frankfurts Hellmann hinterfragt VAR

Frankfurts Vorstandssprecher will mehr Wahrnehmungsentscheidungen

"Damit wird es zu einer Farce": Frankfurts Hellmann hinterfragt Sinnhaftigkeit des VAR

Er sieht den VAR inzwischen kritisch: Axel Hellmann.

Er sieht den VAR inzwischen kritisch: Axel Hellmann. IMAGO/Kessler-Sportfotografie

Vier knifflige Szenen gab es beim 3:3, die Schiedsrichter Robert Schröder zu entscheiden hatte - trotz Videobeweis erwies sich eine davon als klarer Fehler. Es handelt sich dabei um einen nicht gegebenen Strafstoß an Omar Marmoush in der 36. Spielminute. "Es ist doch vollkommen deutlich, dass du den pfeifen muss", sagte Frankfurts Vorstandssprecher Axel Hellmann nach dem Spiel und betonte, dass er sich "keine Erklärung vorstellen" könne, die eine andere Sichtweise rechtfertigen könne. 

Trotz VAR-Einsatz blieb der Elfmeterpfiff aber aus, was Hellmann rätseln ließ. "Warum entscheidet er es nicht?", fragte der 52-Jährige und stellte gleich mal das gesamte Konzept des Videoassistenten in Frage: "Wo liegt der Mehrwert des VAR, wenn eine auf dem Platz getroffene Entscheidung nicht wirklich besser gemacht wird?"

Hellmann gab zu, dass er selbst einst "ein großer Freund des VAR" war, weil er dachte, diese würde "mehr Gerechtigkeit" bringen. Dies sei aber nicht der Fall. "Ich sehe die Gerechtigkeit nicht." Bei Abseitsentscheidungen und Torlinientechnologie sei das zwar nicht so, dafür aber umso mehr bei Themen wie Hand- und Foulspielen. Hellmann verwies darauf, dass es häufig vorkomme, dass "wesentlich gleiche Sachverhalte von Spiel zu Spiel aus irgendwelchen Gründen anders gepfiffen" würden.

Mehr Entscheidungshoheit für Schiedsrichter

Der 52-Jährige betonte, dass "jede Situation anders" sei, von daher sei es ein Fehler, zu versuchen, individuell unterschiedliche Szenen "über die Betrachtung von Bildern gleich zu behandeln". Dieser Ansatz führe nur dazu, dass man damit denjenigen schwächt, "der es auf dem Platz zu entscheiden hat", den Schiedsrichter. Es gilt die Unparteiischen zu stärken - und das geht laut Hellmann, indem "wir ihnen die volle Entscheidungshoheit über das Spiel geben - bis auf Abseits, das leuchtet mir ein, das sind Millimeterentscheidungen."

Wir müssen akzeptieren, dass Ungerechtigkeit, Zufallsentscheidungen und Fehler Teil unseres Spielkonzepts sind.

Axel Hellmann

Hellmann selbst spricht sich für ein verstärkte Tatsachenentscheidung aus. Er glaube nicht, dass der VAR "den Fußball besser macht. Ehrlicherweise sehe ich die Gefahr, dass es den Fußball in der Form, wie wir ihn lieben, kaputtmacht. Wir schwächen die Schiedsrichter auf dem Platz." Durch den Einsatz des Videobeweises stünden die Unparteiischen noch mehr unter Druck, was auch Auswirkungen auf ihre Performance habe. "Die Schiedsrichter bringen keine bessere Leistung, weil sie immer Druck spüren."

So meinte er, dass es im Falle des nicht gegebenen Elfmeters an Marmoush eine Tatsachenentscheidung gewesen wäre. Die Zuschauer hätten zwar auf den TV-Bildern den Fehler sehen können, der Unparteiische aber wäre auf dem "Platz die uneingeschränkte Autorität" geblieben. In der Realität war es aber so, dass Schröder rausging, die Bilder sah und trotzdem eine falsche Entscheidung traf. "Damit wird es zu einer Farce", sagte Hellmann und betonte: "Ich hätte gut damit leben können, wenn er diese Szene durchlaufen hätte lassen. Ich gesagt hätte: Wahrnehmung, Haken dahinter."

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Hellmann persönlich würde den Einsatz des VAR gerne auf "wesentliche Entscheidungen reduzieren", Themen wie Foul- oder Handspiel müssten seiner Meinung nach der "Wahrnehmungsentscheidung" obliegen. "Es ist keine Frage der Quantität, sondern eine der Autorität, der Souveränität und der Qualität vom Schiedsrichter auf dem Platz." Für ihn ist klar: "Je besser die Schiedsrichter auf dem Platz sind, je mehr Autorität sie haben, desto besser werden sie entscheiden."

Ihm sei aber auch bewusst, dass es Statistiken gibt, die zeigen, dass es durch den Videobeweis durchaus gerechter zugehe. Dies sei irreführend und führe zu einer Scheindiskussion, denn das Problem sei die fehlende Vollständigkeit. Nur durch die Reduzierung der Fehler würde der "Fußball nicht gerechter", vielmehr hätten "die wenigen falschen Entscheidungen eine viel größere Relevanz".

Man müsse sich schlicht von der Illusion eines fehlerfreien Spiels verabschieden, denn Fehler seien auch das Wesen des Sports. "Fußball ist ein Sport, der wird von Spielern per Fehler entschieden - und mitunter auch von Schiedsrichtern. Damit sind wir 100 Jahre gut gefahren. Wir müssen akzeptieren, dass Ungerechtigkeit, Zufallsentscheidungen und Fehler Teil unseres Spielkonzepts sind - mit allem, was da dran hängt."

drm

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