Bundesliga

Zerreißprobe wegen Ralf Rangnick: Schalkes Machtkampf um die Zukunft

Aufsichtsrat der Königsblauen fühlt sich hintergangen

Zerreißprobe wegen Rangnick: Schalkes Machtkampf um die Zukunft

Auf Schalke hat sich eine hochexplosive Lage entwickelt: Aufsichtsratsvorsitzender Jens Buchta (li.) und Sportvorstand-Kandidat Ralf Rangnick.

Auf Schalke hat sich eine hochexplosive Lage entwickelt: Aufsichtsratsvorsitzender Jens Buchta (li.) und Sportvorstand-Kandidat Ralf Rangnick. imago images

Der Abstieg des FC Schalke 04 in die Zweitklassigkeit ist nur noch eine Frage der Zeit, das Sportliche steht mittlerweile aber gar nicht mehr im Fokus. Auf Schalke ist ein Machtkampf um die Zukunft des Vereins entbrannt. Gegenüber stehen sich der aktuelle Aufsichtsrat sowie eine Gruppe einflussreicher Personen, die Ralf Rangnick zum Sportvorstand machen wollen. Die hochexplosive Lage ist kompliziert, der kicker erläutert die Gemengelage in Gelsenkirchen.

Was will die Gruppe?

Der Plan der Gruppierung umfasst nach kicker-Informationen drei wesentliche Punkte. Erstens: die Verpflichtung einer starken Persönlichkeit auf dem Posten des Sportvorstands, namentlich geht es um Ralf Rangnick. Zweitens: die Ausgliederung der Profiabteilung, und zwar schnellstmöglich. Drittens: Es soll eine komplette Neubesetzung der Schalker Führungsebene erfolgen.

Wie agierte die Gruppe?

Im Januar soll sie den Kontakt zum Aufsichtsratsvorsitzenden Jens Buchta gesucht - und auch gefunden - haben. Von Rangnick war damals noch nicht die Rede, zu diesem Zeitpunkt soll es noch um Erik Stoffelshaus, der zuletzt Sportdirektor bei Lokomotive Moskau war, als Sportvorstand gegangen sein. Hauptsächlich thematisiert wurden die Notwendigkeit der Ausgliederung sowie personelle Veränderungen in der Führungsebene. Es blieb bei dieser einen digitalen Unterredung, für weitere Kontakte signalisierte Buchta später keine Bereitschaft mehr. Das animierte die derzeit aus 14 Personen bestehende Gruppe erst recht dazu, selbst tätig zu werden und eigene Wege zu gehen. Der Rangnick-Plan nahm Gestalt an, auch Sponsoren wurden angesprochen. Eine Legitimation dafür hatten sie nicht, sie traten überwiegend als Privatpersonen auf. Bei drei von ihnen soll es sich um Männer handeln, die gerne für die Aufsichtsratswahlen am 13. Juni kandidieren würden.

Was will der Aufsichtsrat?

Von dem Rangnick-Thema wurde das Gremium am Freitag völlig überrascht. Und das kam so: In der Sitzung meldete sich plötzlich Aufsichtsrat Stefan Gesenhues zu Wort und stellte den Rangnick-Plan vor. Daraufhin knallte es mächtig in der Runde, Gesenhues' Gremiumskollegen fühlten sich hintergangen: Gesenhues, Mitglied des Sportausschusses, habe hinter ihrem Rücken mit den Oppositionellen gekungelt. "Man muss sich das einfach mal vorstellen: Da hat eine nicht-legitimierte Gruppe mit Rangnick gesprochen und ihm im Namen des Vereins ein Angebot gemacht", sagte der empörte Rechtsanwalt am Montag der Süddeutschen Zeitung. "Das ist ein klarer Verstoß gegen ordnungs- und satzungsgemäße Abläufe und gegen die Absprachen, die wir im Aufsichtsrat haben."

Denkbar ist aber dennoch, dass der aktuelle Aufsichtsrat auf den Rangnick-Zug aufspringt. Nach kicker-Informationen hält dies in dem Gremium niemand grundsätzlich für einen schlechten Gedanken - am Montag hat der Aufsichtsrat Kontakt zum Rangnick-Berater aufgenommen, wie der Klub der dpa bestätigte. Noch gibt es in diesem Kontrollgremium Vorbehalte gegen die "Königslösung", denn: Der FC Schalke 04 und Rangnick passen nur dann zusammen, wenn die Strukturen des Klubs stimmen. Und das tun sie eben aktuell nicht. Rangnicks Visionen benötigen für die Umsetzung finanzielle Mittel, die die Königsblauen angesichts von Verbindlichkeiten in Höhe von rund 240 Millionen Euro nicht haben. Bei einem kaum noch zu verhindernden Abstieg in die 2. Liga trifft dies umso mehr zu. Wenn Rangnick Schalke als Klub-Entwickler auf links drehen will, dann macht das langfristig nur Sinn mit einer Ausgliederung der Profisparte.

Was will Rangnick?

Abgeneigt ist der 62-Jährige nicht - ein drittes Engagement auf Schalke nach 2004/05 sowie 2011, damals jeweils als Trainer, empfindet er als reizvoll. Schalke wäre für ihn eine Herzensangelegenheit. Es kann keine Rede sein von einer Vor-Einigung mit jenem Mann, der auch noch zum engeren Kreis der Kandidaten für die Nachfolge von Bundestrainer Joachim Löw zählt.

Toni Lieto

Bilder zur Partie VfL Wolfsburg - FC Schalke 04