Nationalelf

Klinsmann schont Ballack

Kein Einsatz des Kapitäns - Borowski spielt

Klinsmann schont Ballack

Kapitän Michael Ballack

Biss vergeblich auf die Zähne: Michael Ballack. dpa

Zuletzt geriet die Diskussion über den Einsatz des ehemaligen Bayern-Akteurs immer mehr zum Verwirrspiel. Letztlich hatten die DFB-Verantwortlichen aber entschieden, dass der 29-Jährige sich nicht der Gefahr aussetzen sollte, längerfristig auszufallen. "Das Risiko ist zu groß", verlautete dazu aus der medizinischen Abteilung des DFB.

Die Rolle von Ballack wird wie erwartet der Bremer Tim Borowski übernehmen, der sich seit der Zusammenkunft der Nationalmannschaft am 16. Mai immer mehr in den Vordergrund gespielt hat. Zusammen mit seinem Werder-Teamkollegen Torsten Frings wird er die Mittelfeld-Zentrale bilden.

Am Donnerstagmittag hatte Jürgen Klinsmann zuvor auf der offiziellen Pressekonferenz des DFB den Ausfall des 29-Jährigen vermeldet: "Das Allerwichtigste ist voraus zu blicken. Wir hoffen, dass er zum zweiten Spiel zur Verfügung steht", erklärte der Bundestrainer.

Ballack wiederum hatte Klinsmann später über seine "Wunderheilung“ informiert: "Ich habe mich intensiv behandeln lassen. Ich fühle mich fit, spüre keine Schmerzen mehr. Ich bin beschwerdefrei und will spielen."

Zum Abschlusstraining in der Münchner WM-Arena hatte Ballack gefehlt und stattdessen eine spezielle Übungseinheit im Mannschaftshotel absolviert. Zuvor hatte die medizinische Abteilung des DFB noch eine Kernspin-Untersuchung der lädierten Wade veranlasst, die keine schwerwiegende Schädigung aufzeigte.

Nationalteam-Manager Oliver Bierhoff sagte: "Wir haben auch schon gezeigt, dass es ohne Michael geht. Wir haben Alternativen. Gerade wenn der Leader fehlt, wachsen die anderen oft über sich hinaus." Was statistisch sogar zu belegen ist: Sechsmal fehlte der Kapitän in der knapp zweijährigen Ära von Bundestrainer Jürgen Klinsmann, dabei gab es eine Niederlage in der Türkei (1:2), drei Siege und zwei Remis.

Ballack selbst hatte sich nach der Ankunft in München mit deutlichen Worten gegen Unterstellungen, "unprofessionell gehandelt" zu haben, gewehrt. Der Kapitän ließ über den DFB eine Stellungnahme verbreiten, in der er sich massiv gegen die Vorwürfe wehrte: "Es ist fast schon eine Rufschädigung, wie über mich gesprochen und was über mich verbreitet wird. Die WM ist das größte Ereignis meiner bisherigen Karriere." Seit Tagen unternähme er alles, um schnellstmöglich wieder fit zu werden.

Unterstützung erhielt der Kapitän diesbezüglich von Oliver Bierhoff: "Er hat sich professionell verhalten. Die Anschuldigungen sind nicht angebracht," so der Nationalmannschaftsmanager.

Klinsmann kündigte unterdessen an, dass Ballack Sonderschichten nach seiner Gesundung absolvieren müsse: "Er muss dann doppelt so viel arbeiten."

Der Kapitän hatte sich unabhängig von seiner körperlichen Verfassung in einem Interview mit dem "Tagesspiegel" über die Erwartungshaltung an die deutsche Elf geäußert, gibt sich nur verhalten optimistisch und hegt gar leise Zweifel an der Erreichbarkeit der gesteckten Ziele. Der 29-Jährige sieht das Team "noch nicht so stabil" und "schwankend".

Mannschaft "noch nicht so gefestigt"

"Ich gehe ich mit so ein bisschen Ungewissheit in das Turnier", so Ballack vor dem Eröffnungsspiel am Freitag (LIVE!-Ticker, ab 18.00 Uhr) in München gegen Costa Rica. Die deutsche Nationalelf lebe "von ihrer Begeisterung und von ihrer Unbekümmertheit. Und natürlich macht sie noch Fehler und ist noch nicht so gefestigt."

Das Team stecke laut Ballack noch in der "Entwicklung. Wir haben Spieler, die in ihren Vereinen wenige Einsatzzeiten hatten oder teilweise nicht gespielt haben". Zudem gibt der 29-Jährige zu Bedenken: "Und vergessen sie nicht: Wir haben nicht mehr die Auswahl, wie es noch 1990 bei der Weltmeisterschaft der Fall war, oder meinetwegen noch 1996 bei der EM. Da waren viel, viel mehr gestandene Spieler, international erfahrene Spieler dabei."

Es gebe zwar ganz viel, "was mir Mut macht. Sicher können wir das auch schaffen", führte Ballack weiter aus: "Aber ich sage auch: Es kann im positiven wie im negativen Sinne viel passieren. Die Ergebnisse und die Leistungen im Vorfeld der Weltmeisterschaft zeigen, dass diese Mannschaft noch schwankt und nicht so stabil ist."

Ballack erneuerte zudem seinen Appell, auch die Defensivarbeit während des Spiels nicht zu vernachlässigen. "Wir wollen vorwärts und schnell spielen. Das ist grundsätzlich richtig, aber manchmal spielen wir zu schnell nach vorn und verlieren die Bälle. Wir müssen uns klar machen, dass wir nicht alle vorwärts denken können." Auch für ihn selbst sei es schwer, "die Symbiose zu finden: zwischen defensiv gut stehen und das Spiel auch immer wieder nach vorne treiben".

Der Druck, "der von außen auf sie zukommen wird", und die eigene Erwartungshaltung, könnten der Mannschaft zum Verhängnis werden, befürchtet der künftige England-Legionär von Chelsea London. "Eine WM im eigenen Land ist ja in dieser Hinsicht mit nichts zu vergleichen. Wir müssen sehen, wer mit diesem Druck klarkommt. Wir wollen hoffen, dass der eine oder andere Spieler nicht verkrampft und die Mannschaft das abrufen kann, was sie eigentlich kann. Das ist aber ein ganz schmaler Grat, gerade als Heimmannschaft."