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Steuerfahnder spricht von klaren Verstößen durch den DFB im WM-Jahr 2006

Verhandlungstag endet vorzeitig - Termin von Zeuge Keller wird verschoben

Steuerfahnder spricht von klaren Verstößen durch den DFB im WM-Jahr 2006

Mammutprozess: Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt vor dem Landgericht Frankfurt.

Mammutprozess: Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt vor dem Landgericht Frankfurt. picture alliance/dpa

Oberamtsrat Lutz Frank war am Montag der einzige Zeuge im Prozess gegen Theo Zwanziger, Horst R. Schmidt und Wolfgang Niersbach, die vor dem Landgericht Frankfurt am Main der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall angeklagt sind. Den ehemaligen DFB-Funktionären wird vorgeworfen, in der Steuererklärung 2006 die Zahlung für eine WM-Gala in Höhe von 6,7 Millionen Euro als Betriebsausgabe geltend gemacht zu haben, obwohl die Veranstaltung nie stattfand.

Den Ermittlungsbehörden nach habe es sich um die Rückzahlung eines Privatdarlehens von Franz Beckenbauer gehandelt, das der französische Unternehmer Robert Louis-Dreyfus 2002 dem WM-OK-Chef gewährt hatte. Das Geld war damals über Umwege nach Katar geflossen.

"Die Zahlung war nach unseren Erkenntnissen nicht betrieblich veranlasst, sondern eine verschleierte Zahlung über die Fifa zur Tilgung eines Darlehens von Franz Beckenbauer", sagte der Steuerfahnder Oberamtsrat Lutz Frank vor Gericht. Er war Montag der einzige Zeuge in dem Verfahren und soll am kommenden Montag weiter vernommen werden. Wegen des Gesundheitszustands von Zwanziger endete der heutige Verhandlungstag nach fünf Stunden inklusive Mittagspause vorzeitig. Am Donnerstag hatte Zwanziger wegen dringender internistischer Untersuchungen bei der Verhandlung gefehlt.

Künftig kürzere Verhandlungstage geplant

Die Vorsitzende Richterin Eva-Marie Distler stellt in Aussicht, dass wegen des hohen Alters von Schmidt (82), Zwanziger (78) und Niersbach (73) die Verhandlungstage künftig kürzer gestaltet werden. Deshalb soll auch für den ehemaligen DFB-Präsidenten Fritz Keller, der für den 6. Mai als Zeuge geladen war, ein neuer Termin gefunden werden. Zunächst wird ab 10 Uhr morgens die Vernehmung des Steuerfahnders fortsetzt.

Ausgangspunkt der Ermittlungen waren ein Bericht des Nachrichtenmagazins Spiegel im Oktober 2015 über einen Stimmenkauf für den Zuschlag zur deutschen WM-Bewerbung. Bei den Nachforschungen und Durchsuchungen wurden die Behörden nicht immer von DFB-Seite bei ihrer Aufklärungsarbeit unterstützt. So sagte der Oberamtsrat aus, dass das Finanzamt den zweiten Teil des Freshfields-Berichts erst lange nach dessen Fertigstellung durch die Staatsanwaltschaft erhielt.

Die Behörden vermuten hinter der Zahlung von 6,7 Millionen Euro entweder Bestechungsgelder an Mitglieder der FIFA-Finanzkommission um Mohamed bin Hammam oder den verdeckten Kauf von TV-Rechten, die später gewinnbringend weiter veräußert wurden. Dass damit entstandene Kosten für eine abgesagte WM-Gala übernommen wurden, halten sie für am wenigsten plausibel.

Michael Ebert