Wintersport

Sensation auf der Streif! Thomas Dreßen gewinnt Hahnenkamm-Abfahrt

Voll auf Speed und gut in Schuss

Sensation auf der Streif - Dreßen gewinnt Abfahrt!

Rockte die Streif: Thomas Dreßen.

Rockte die Streif: Thomas Dreßen. imago

Im Ziel sitzen etliche Formel-1-Rennfahrer von früher und heute. Das hat Tradition am Fuß des Hausbergs, denn nichts im Wintersport ähnelt der Formel 1 mehr als die legendäre Abfahrt in Kitzbühel. Im Prinzip ist sie das Analog zum Qualifying in den fast 1000 PS starken Boliden, sie ist der Moment der Wahrheit, jener Augenblick, in dem der schnellste Mann gesucht wird, der mit dem größten Mut.

40 beziehungsweise 39 Jahre nach den beiden Siegen von Sepp Ferstl ist es wieder ein Deutscher, der den Österreichern zumindest keine übermäßigen Schmerzen bereitet. Denn wenn schon keiner der ihren mehr für den Sieg infrage kommt, dann soll er doch wenigstens nicht an den Schweizer Nachbarn gehen. Bald 50 Minuten hat im Ziel auf dem Ledersessel eines Sponsors der Eidgenosse Beat Feuz Hof gehalten. Alle, die ins Ziel kommen, ob zuvor gestürzt oder nicht, ziehen an ihm vorbei wie an einem König. Sie drücken ihm die Hand, verbeugen sich vor ihm und huldigen mit einem tiefen Diener dem vermeintlichen Sieger auf der superharten Streif, die in den Tagen vor dem Rennen nicht unbedingt allen Ansprüchen zu genügen drohte. Am Samstag, der Stunde des Höhepunkts einen gesamten Winters, ist sie aber wieder die ultimative Piste im alpinen Rennnzirkus.

Geheimfavorit in österreichischen Medien

Thomas Dreßen

Spektakuläres Bild von der Streif: Thomas Dreßen. Getty Images

Mit Nummer 19 steht Thomas Dreßen am Start, von seiner einstigen Rennfahrerkollegin Maria Höfl-Riesch schon ungeduldig erwartet. Auch sie hat nachgelesen, dass die österreichischen Tageszeitungen am Tag des Rennens ihre Prognosen abgegeben haben und die eine oder andere einen ganz heißen Außenseiter ausgemacht hat: den 24-jährigen Dreßen. Der kommt schon zur spektakulären Mausefalle mit Vorsprung, nimmt ihn mit ins Flachstück, verteidigt ihn an der Hausbergkante, findet nicht die Ideallinie in der Traverse und geht trotzdem am Fuß des Hausbergs mit einem Zeitpolster in den Zielschuss. Es reicht. TV-Reporter Bernd Schmelzer kreischt ein langgezogenes "Jaaa" ins Mikro, Thomas Dreßen brüllt ein klares "Fuck the world" hinaus. So schnell kann kein Regisseur der Welt einen Pieps über das Zitat legen...

Ergebnis einer gewaltigen Kurskorrektur

Dreßens Sieg auf der berühmtesten Abfahrtsstrecke der Welt ist das Ergebnis einer gewaltigen Kurskorrektur. Noch vor vier Jahren wollten sie die Speedabteilung der Männer im Deutschen Ski-Verband schließen, jetzt ist sie das Aushängeschild. Weil die beiden Trainer Matthias Berthold und Christian Schwaiger voll auf Speed setzten, ist das Team auf einmal so gut in Schuss. Untermauert schon von Andreas Sander mit Startnummer 20, der den späteren Sieger sofort einmal kurz zittern lässt, als er unmittelbar nach ihm ebenfalls mit Top-Zeiten unterwegs ist und erst am Ende seiner Fahrt noch zurückfällt auf Rang 5. Zurückfallen auf Rang 5, das muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen. Am Ende wird Sander Sechster.

Vater Dreßen ist auf dem Helm dabei

Dieser 20. Januar wird für alle Zeiten ein heller Tag im Leben des Thomas Dreßen bleiben. Und es hat schon einen so tiefdunklen gegeben. Als Dreßen elf ist, verliert er auf tragische Weise seinen Vater Dirk, einen Skitrainer. Der stürzt ab mit einer Gondel im österreichischen Sölden, weil ein Hubschrauber in 200 Metern Höhe einen Kübel Beton verliert, der auf die Gondel stürzt und sie mit in die Tiefe reißt. Die beiden Anfangsbuchstaben des väterlichen Namens, die beiden "D", trägt Sohn Thomas in Form der Ziffer 44 als ständiges Andenken an seinen Papa auf dem Helm. Von ihm hat er einst das Skifahren erlernt. In der Formel 1 trägt Lewis Hamilton die 44, der schnellste Mann auf Asphalt.

Stefan Bomhard

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