"Verlieren verboten", hieß es vor dem abschließenden Gruppenspiel zwischen Schottland und Ungarn für beide Mannschaften, wollte man seine Chancen aufs Achtelfinale nicht gänzlich verspielen. Schottlands Trainer Steve Clarke musste dabei nach dem Remis gegen die Schweiz auf den am Oberschenkel verletzten Tierney verzichten. An seiner Stelle startete McKenna in der Abwehr.
Es war der einzige Wechsel bei den Bravehearts, wohingegen Ungarns Coach Marco Rossi nach der 0:2-Pleite gegen Deutschland auf zwei Positionen umstellte: Botka und Styles verdrängten Fiola und Nagy auf die Bank.
Aktive Schotten, passive Ungarn
EM - 3. Spieltag, Gruppe A
Die Anfangsphase gehörte den Schotten, die viel aktiver waren und immer wieder druckvoll nach vorne spielten, ohne dabei aber zu nennenswerten Abschlüssen zu kommen. Anders die kontrolliert spielenden Ungarn, die nach einem Konter durch Bollas strammen Fernschuss den schottischen Keeper Gunn zum Eingreifen zwangen (8.).
Ungarns Strategie stellte sich durchaus als Rätsel heraus, denn die Ungarn benötigten einen hohen Sieg, wollten sie als einer der vier besten Gruppendritten noch weiterkommen. Die Magyaren aber spielten sehr kontrolliert, standen tief und ließen die Schotten mal machen - von Offensivdrang keine Spur. Bemerkenswert: Nach einer Viertelstunde hatten die Bravehearts 119 Pässe gespielt, die Magyaren lagen da erst bei 48.
Orban im Alu-Pech
Alu-Pech: Willi Orban (#6) köpft an die Latte. IMAGO/Shutterstock
Erst nach einer halben Stunde änderte sich das - und das Rossi-Team ergriff zusehends das Heft des Handelns. Zwingend wurden die Ungarn aber im Grunde auch nicht, lediglich Orbans Kopfball an die Oberkante der Latte nach überraschendem Szoboszlai-Freistoßtrick sorgte für Furore (41.).
Ergo ging es nach dem Seitenwechsel torlos weiter. Der war ebenfalls weitestgehend von intensiven Zweikämpfen und nicht vorhandenen Offensivaktionen geprägt.
In der 68. Minute stockte aber nahezu allen im Stadion der Atem: Bei einer Szoboszlai-Freistoßflanke kam Gunn heraus und rauschte in vollem Tempo mit Ralston und Varga zusammen. Der Ungar blieb zuckend am Boden liegen, rasch kamen die Ärzte. Varga wurde abgeschottet und mit einer Trage unter großem Applaus des Publikums fortgebracht. Wie es dem 30-Jährigen geht, war zunächst unklar, später meldete der ungarische Verband via Kurznachrichtendienst X, dass der Zustand des Spieler wieder stabil sei und dieser sich in einem Stuttgarter Krankenhaus befindet.
Fußball wurde aber weitergespielt - und die Partie nahm dann auch sogar Fahrt auf. Laut wurde es in der 78. Minute, als Orban mit enorm viel Risiko Armstrong im Sechzehner abräumte und Glück hatte, dass der argentinische Schiedsrichter Facundo Tello weiterlaufen ließ - Elfmeter wäre die korrekte Entscheidung gewesen.
Wilde Schlussphase in Stuttgart
In der Schlussphase wurde es dann so richtig turbulent. Zuerst scheiterte Szoboszlai an Gunn (90.+1), ehe der eingewechselte Csoboth den Außenpfosten traf (90.+2). Auf der anderen Seite bliesen die Bravehearts zur Schlussoffensive, drängten auf einmal mit Macht auf das 1:0 - McGregor wurde geblockt (90.+4), McTominay traf die Latte (90.+7) und Hanley scheiterte an Keeper Gulacsi (90.+7).
Dann aber flog den Schotten eine eigene Ecke um die Ohren, denn auf einmal lief der Konter über Sallai, der sich stark auf rechts behauptete und dann von der Grundlinie zurück zu Csoboth passte. Der konnte freistehend zum 1:0-Siegtreffer vollstrecken (90.+10). Es war das späteste Tor der EM-Historie - und gleichbedeutend mit dem Aus aller schottischen Achtelfinalträume, die Magyaren wiederum dürfen mit nunmehr drei Zähler auf der Habenseite hoffen, als einer der vier besten Gruppendritten weiterzuziehen.