Bundesliga

FC Köln: Reicht die Qualität? Kellers Tanz um die Kaderfrage

Der Geschäftsführer des 1. FC Köln kritisiert seine Mannschaft

Reicht die Qualität oder nicht? Kellers Tanz um die Kaderfrage

Das liegt der Hase im Pfeffer: Kölns Sportdirektor Christian Keller tröstet nach dem 0:2 gegen Darmstadt Steffen Tigges, Timo Hübers und Jeff Chabot (von links).

Das liegt der Hase im Pfeffer: Kölns Sportdirektor Christian Keller tröstet nach dem 0:2 gegen Darmstadt Steffen Tigges, Timo Hübers und Jeff Chabot (von links). picture alliance/dpa

Eines muss man Christian Keller lassen: Der Geschäftsführer Sport des 1. FC Köln versteckt sich nicht. Wo in der Krise so manch anderer Verantwortliche im Klub gerne auf Tauchstation geht, stellt sich Keller. So auch nach dem desolaten 0:2 gegen Darmstadt 98 am Samstagnachmittag: Nachdem die FC-Profis die Hoffnungen auf den Klassenerhalt mit ihrer Vorstellung im Rhein-Energie-Stadion fast komplett zunichte gemacht hatten, beantwortete Keller in der Mixed-Zone die Fragen der Journalisten.

Was da von ihm kam, ging über bloße Kritik hinaus. "Was wir qualitativ auf den Platz gebracht haben, hatte kein Bundesliga-Niveau", wetterte Keller äußerlich gefasst und innerlich kochend. Lediglich die beiden Innenverteidiger Jeff Chabot und Timo Hübers hätten "relativ solide" gespielt, andere akzeptable Leistungen fielen ihm nicht ein. "Angst vor dem Verlieren anstatt Freude, dass wir spielen dürfen", hatte Keller gesehen, auf den sich der größte Teil der Fan-Wut entlud. Im Raum stand zum wiederholten Mal in dieser Saison die Qualitäts-Frage: Reicht das Können dieses Kaders einfach nicht für den Klassenverbleib aus?

Kellers Fehleinschätzung wird offensichtlich

Die Tabelle ist sich da sicher: Jämmerliche 23 Tore bedeuten die schlechteste Offensive der Liga. Auch die nur 22 Punkte nach 30 Spieltagen lassen keinen anderen Schluss zu. Was schlicht und einfach auch bedeutet, dass Keller einen untauglichen Kader zusammengestellt hat. Das sieht der FC-Boss naturgemäß anders, doch auch seine Sicht auf die Dinge ändert sich Stück für Stück. Nach dem heftigen 1:5 gegen RB Leipzig vor fünf Wochen hatte Keller sein Team verbal bereits ähnlich hart angefasst, die Frage nach der Qualität aber entscheiden zurückgewiesen.

Nun gestand er vor dem Darmstadt-Spiel bereits im Interview mit der Kölnischen Rundschau: "Ich war jedoch der Meinung, dass es mindestens drei Mannschaften geben würde, die wir bis zum aktuellen Saisonzeitpunkt auf jeden Fall hinter uns lassen. Das war eine Fehleinschätzung von mir. Da muss ich mir an die eigene Nase fassen." Nach der Partie wehrte Keller nur noch halbherzig ab: Viele Spieler hätten "nicht das auf den Platz gebracht, was sie können." Womit Keller in einigen Punkten sicherlich Recht hat. In vielen aber auch nicht.

Schultz gelingt der Umgang mit dem Druck nicht

Der Sportchef tanzt damit weiter um die zentrale Frage der Krise, die den FC so nah an die 2. Liga bringt wie letztmals beim Abstieg 2018: Taugt der Kader, oder taugt er nicht? Die Antwort auf diese Frage ist für Viele längst klar, doch Keller steckt in der Zwickmühle. Einerseits darf er über seinen Spielern noch nicht den Stab brechen. Denn theoretisch ist ja noch nichts verloren und im Sommer wird Keller viele der Protagonisten dieser Saison erneut brauchen: Die vom internationalen Sportgerichtshof bestätigte Transfersperre der FIFA gegen den FC unterbindet einen Umbruch im Sommer, der wohl bitter nötig wäre.

Andererseits sind die Defizite des Teams offensichtlich. Es fehlt ein tauglicher Angreifer, aus dem Mittelfeld kommen viel zu wenig Impulse nach vorne. Dass zu Beginn gegen die Lilien vor allem der 22 Jahre alte Jacob Christensen bei seinem zweiten Startelfeinsatz und der 20 Jahre alte Max Finkgräfe, der seine erste Profisaison bestreitet, vorneweg gingen, spricht Bände. Dem Team fehlt ein Kopf und dem zum Jahresbeginn installierten Trainer Timo Schultz gelingt es offenbar trotz aller Bemühungen nicht, den Druck vom Team zu nehmen und in Energie umzuwandeln.

Das Präsidium hält die Köpfe unten

Das alles sieht auch Keller, der sich aber mit dem Aussprechen des Offensichtlichen nur selbst beschädigen würde - und deswegen einen kommunikativen Eiertanz um die Thematik vollführt. "Generell würde ich sagen, dass es beim FC im Innenverhältnis sehr ruhig ist, sehr nach vorne gerichtet und auf die Sache bezogen", sagte der 47-Jährige der Kölnischen Rundschau. Das dürfte sich nun aber ändern. Die Fans sehen Keller in der Verantwortung und auch das Präsidium um Werner Wolf. Das übrigens ganz anders als Keller die Köpfe lieber unten hält und die sich anbahnende Katastrophe aussitzt.

Die kommenden Kölner Aufgaben

Denn das sportliche Malheur wird auch Auswirkungen auf den Rest des Vereins haben. "Im Sommer 2025 werden wir ligaunabhängig den Großteil der Verbindlichkeiten abgetragen haben. Dann ist der 1. FC Köln so gesund, wie seit ganz vielen Jahren nicht mehr", prognostizierte Keller bei der Kölnischen Rundschau. Eine Rechnung, die angesichts der einbrechenden Einnahmen nach einem Abstieg ganz anders ausgehen könnte.

Auch das ist Keller bewusst. In der Mixed-Zone von Köln-Müngersdorf bereitete er sich gedanklich wohl schon auf herausfordernde Wochen vor: "Jetzt wird es noch unangenehmer."

Jim Decker