Auf seinem linken Unterarm sind drei Pfeile mit einem Feuerschweif tätowiert, er nennt sich "The Cube", der "Würfel". Und tatsächlich ist Eidams von einer sehr kompakten Statur. Doch das ist beim Darts verzeihbar, es kommt auf den Kopf und natürlich auf die Fingerfertigkeit an. Und mit seinen Fähigkeiten hätte dieser Rene Eidams beinahe einen Champion vom Thron gestürzt.
Eidams hatte in der Qualifikation den Thailänder Thanawat Gaweenuntawong geschlagen und sich damit das große Duell mit dem Weltmeister von 2014 verdient. Van Gerwen wirkte zunächst locker und souverän, gewann nach Anfangsschwierigkeiten sechs Legs in Folge und führte nach Sätzen schnell mit 2:0. Die Halle setzte keinen Pfifferling mehr auf den Außenseiter aus Deutschland.
Ich hatte null Druck. Er ist der Star, er muss mich schlagen.
Rene Eidams
So wollte sich der Debütant nicht verbschieden. Nach und nach holte er auf, legte unter anderem ein 122-er Finish auf die Scheibe und gewann Satz drei. Auch der vierte Durchgang ging an Eidams, der sich selbst immer wieder pushte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Stimmung gedreht. Der legendäre "Ally Pally" witterte die Mega-Sensation, "Eidams, Eidams"-Rufe in der Halle! "Ich habe es erst nicht verstanden", sagte der Deutsche zu den Sprechchören. "Aber irgendwann hat es sich herauskristallisiert. Ich kann's immer noch nicht glauben. Das ist der Hammer."
Van Gerwen, dessen Gesichtsausdruck tatsächlich Bände sprach, riss sich zusammen. Beim Stand von 2:2 nach Legs ging es in die Verlängerung, sprich: Man musste nun mit zwei Legs Abstand gewinnen, um das Match für sich zu entscheiden. Das gelang van Gerwen, mit 4:2 triumphierte er im Entscheidungssatz. Doch nach dem Spiel gratulierte eher van Gerwen Eidams als Eidams van Gerwen. "Ich habe gemerkt, dass er nervös wird, das wollte ich ausnutzen", sagte der 26-jährige Eidams nach der Partie. So richtig hatte sich "Mighty Mike" auch weit nach Ende des Spiels nicht beruhigt. "Das war ein enges Spiel. Das habe ich nicht erwartet", sagte er verwundert.
Wenn Kermit mit Super Mario feiert: Die verrückten Fans im Alexandra Palace feierten diesmal Rene Eidams. Getty Images
Eidams, der als Kiosklieferant im Betrieb seiner Eltern arbeitet, hatte im Sport1-Interview vor der WM angekündigt, vielleicht noch einmal bei lauter Musik und aufgedrehter Heizung zu üben, um für die Stimmung in London gewappnet zu sein. Am Ende war er quasi selber schuld, dass der "Ally Pally" zum Tollhaus wurde.