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"Für dieses Unternehmen willst du mal arbeiten"

Fragen an die DTM-Sportchefs (Teil 1): Ulrich Fritz, Mercedes

"Für dieses Unternehmen willst du mal arbeiten"

Von Bernd Schneider fasziniert: Mercedes-DTM-Sportchef Ulrich Fritz.

Von Bernd Schneider fasziniert: Mercedes-DTM-Sportchef Ulrich Fritz. picture alliance

kicker: Was war Ihre erste Berührung mit dem großen Thema Motorsport, Herr Fritz?

Ulrich Fritz: Im Herbst 1992 nahm mich mein Onkel als völlig motorsportunbedarften 16-Jährigen mit zur DTM in Hockenheim. Mercedes-Benz und AMG wurden damals mit Klaus Ludwig erstmals Meister in der DTM. Von da an hat mich die Faszination Motorsport gepackt und bis heute nicht mehr losgelassen. Mir war schon damals klar: Für dieses Unternehmen willst du mal arbeiten.

kicker: Hatten Sie in Ihrer Jugend oder später ein Renn-Idol?

Fritz: In der Jugend, ehrlich gesagt, eher nicht - heute denke ich, dass das Bernd Schneider ist: Er hat unseren Sport geprägt wie kein Zweiter in der DTM, und sein fahrerisches Talent, sein Sieges- und Perfektionswillen, der ihn bis heute auch im GT3-Sport kennzeichnet, faszinieren mich.

kicker: Welche aktiven Erfahrungen haben Sie im Motorsport?

Fritz: Fahrerisch keine - das hat mich bisher, offen gesagt, auch nicht gereizt. Ich sehe meine Rolle und meine Stärken vielmehr darin, den aktiven Motorsportlern das passende Umfeld zur Verfügung zu stellen.

kicker: Wen in der Geschichte des Motorsports sehen Sie als herausragende Figur in der Position eines Rennstall- bzw. Sportchefs?

Fritz: Sicherlich Alfred Neubauer. Für mich ist er der erste richtige Teamchef in der Geschichte des Motorsports. Seine innovativen Ideen begleiten den Rennsport bis heute. Und die Leidenschaft, die er für den Sport hatte, ist, glaube ich, einzigartig. Er hat im Motorsport alles durchlebt: von den größten Erfolgen bis hin zum Ausstieg von Mercedes-Benz aus dem Motosport nach der Tragödie von Le Mans 1955.

kicker: Welches Rennauto hätten Sie gerne in Ihrer Garage stehen?

Fritz: Das Meisterauto von 1992 von Klaus Ludwig, den Mercedes-Benz 190 E 2.5-16 Evo 2. Damit fing, wie gesagt, alles an!

kicker: Welche Prinzipien kennzeichnen Ihren Führungsstil?

Fritz: Ich verstehe mich eher als derjenige, der für die Mitarbeiter seines Team möglichst ideale Voraussetzungen für deren Arbeit schafft, denn als derjenige, der als Mikromanager das Tun und Handeln jedes einzelnen Teammitgliedes überwacht und beeinflusst. Mir ist es wichtig, dass jedes Teammitglied selbst Verantwortung für seinen Bereich übernimmt - nur so kann man hohe Motivation sicherstellen und erreichen, dass jeder Einzelne auch über seinen Tellerrand hinausschaut. Das ist letztlich der Nährboden für ein erfolgreiches Team.

kicker: Wie viele Arbeitsstunden an wie vielen Tagen hat bei Ihnen eine durchschnittliche Arbeitswoche?

"Spaß an der Arbeit ist elementar, um erfolgreich zu sein"

Fritz: Meine Familie würde sagen: zu viele! Aber ich sehe das ein bisschen anders: Natürlich investiert man viel Zeit und Einsatz, aber der Motorsport ist ein extrem faszinierendes Feld, und die Arbeit macht mir sehr viel Spaß. Ich denke: Spaß an der Arbeit ist elementar, um erfolgreich zu sein.

kicker: Wie nehmen Sie Abstand vom Motorsport? Wie spannen Sie aus?

Fritz: Es gibt für mich nichts Entspannenderes, als die Familie ins Wohnmobil zu laden und ein paar schöne Tage in der Natur zu verbringen. Eines ist aber auch klar: Als Motorsport-Victim kann und will man nie ganz abschalten - es finden genügend Rennen weltweit statt, die man mit großem Interesse verfolgt, auch in der Freizeit.

kicker: Welches Hobby pflegen Sie?

Fritz: Neben Job und Familie bleibt aktuell leider wenig Zeit für weitere zeitintensive Hobbys. Ab und zu mal Motorradfahren im Sommer und Skifahren im Winter empfinde ich als sehr entspannend.

kicker: Geht mit dem Einzug neuer Technologien wie Elektroantrieben die Ära der klassischen Autorennen ihrem Ende entgegen? Oder kurz gefragt: Hat Motorsport noch eine Zukunft?

Der Motorsport wird in Zukunft eine noch größere Faszination ausstrahlen

Fritz: Ich denke die Faszination aus Speed, Technik und auch tollkühnen Fahrern wird noch lange Bestand haben. Mit welchem Antrieb das der Fall sein wird, ist da sekundär. Ich würde sogar einen Schritt weiter gehen und behaupten, dass der Motorsport in Zukunft auf die Menschen eine noch größere Faszination ausstrahlen wird. In den kommenden Zeiten des autonomen Fahrens wird es für viele sicher sogar ein Anreiz sein, sich selbst auf der Strecke zu beweisen und ein Auto selbst zu steuern.

Interview: Stefan Bomhard