Handball

Sieben Gründe für den verheißungsvollen deutschen Start

Was die DHB-Auswahl zum Auftakt auszeichnete

Sieben Gründe für den verheißungsvollen deutschen Start

In Topform: Andreas Wolff, Steffen Fäth und Uwe Gensheimer.

In Topform: Andreas Wolff, Steffen Fäth und Uwe Gensheimer. imago

Aus Berlin berichtet Maximilian Schmidt

Der hungrige Wolff: Bei der Europameisterschaft vor drei Jahren parierte sich Andreas Wolff nicht nur in die Herzen der eingefleischten Handball-Fans, auch dem TV-Zuschauer war der exzentrische Keeper schnell ein Begriff. Vor der Heim-WM nahm sich der Kieler Torhüter mit den markigen Sprüchen nun vor, den Ball verbal etwas flacher zu halten. Seiner persönlichen Leistung hat das richtig gutgetan, schon in den Vorbereitungsspielen kurz vor Turnierstart zeigte er sich in Form. Die Reise nach Berlin gab ihm aber offensichtlich nochmal einen zusätzlichen Schub. Bei der DHB-Auswahl spürt er uneingeschränktes Vertrauen, Bundestrainer Christian Prokop machte Wolff im Vorfeld nicht umsonst zur Nummer eins. Der 27-Jährige zahlte das mit Leistungen zurück: Gegen Korea (15 Paraden) wurde er zum "Spieler des Spiels" gewählt, gegen Brasilien (sieben Paraden) nahm er das Publikum vom Start weg mit.

Die bärenstarke Abwehr: Gegen Korea in einigen Situationen noch nicht ganz auf der Höhe, machte die deutsche Abwehr gegen Brasilien einen bärenstarken Eindruck (nur acht Gegentore vor der Pause). Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler halten den Laden wie beim THW Kiel zusammen, mit Finn Lemke kommt noch der Emotional Leader von der Bank. Der Leitspruch "Defense wins Championships" dürfte auch für die DHB-Auswahl der Weg zum Ziel sein. Im Angriff gibt es bei diesem Turnier einige Mannschaften, die auch individuell noch deutlich stärker aufgestellt sind (z.B. Co-Gastgeber Dänemark).

Der treffsichere Kapitän: Bei den letzten Turnieren war Uwe Gensheimer eine nicht immer unumstrittene Figur, wegen seiner aus dem Verein bekannten Leistungsfähigkeit enttäuschten die Darbietungen im Nationalteam zum Teil. Speziell seine Wurfquote war immer wieder Thema, der Linksaußen von Paris Saint-Germain ging dabei auch hart mit sich selbst ins Gericht. Für das Großereignis in der Heimat hat sich der Anführer mit dem unfassbaren Handgelenk aber offensichtlich einiges vorgenommen: Gegen Korea netzte der 32-Jährige siebenmal ein (bei acht Versuchen, drei von drei vom Siebenmeterpunkt), Brasilien strafte er mit zehn Toren (bei 13 Versuchen, fünf von fünf vom Punkt) ab. Einen Gensheimer in dieser Form braucht die DHB-Auswahl, wenn sie tatsächlich ganz vorne mitmischen will.

Erste WM-Euphorie entfacht: Gegen Korea war die Stimmung in Berlin noch nicht ganz auf dem Zenit, gegen Brasilien sah das aber schon ganz anders aus: Als die Spielernachnamen den deutschen Hoffnungsträgern aus tausenden Kehlen entgegengeschmettert wurden, dürfte so manchem Nationalspieler die Gänsehaut aufgestiegen sein. Bei der Ehrenrunde nach der Partie wurde die Mannschaft frenetisch gefeiert - das dürfte dem Team Lust auf mehr machen. Zumal mit Russland, Frankreich und Serbien die ganz hohen Hürden noch warten.

Alle werden gebraucht: Bundestrainer Prokop bewies bislang ein feines Näschen für die Verteilung der Einsatzzeiten. Alle Spieler haben das Gefühl, wirklich gebraucht zu werden. Natürlich erleichterten ihm das die Auftaktgegner und die Zwischenständen in den Spielen selbst, doch so muss kein Spieler im Kader gegen die kommenden Gegner einen absoluten Kaltstart hinlegen. Und die Spieler von der Bank funktionieren: Kreisläufer Jannik Kohlbacher ist mit seinem unvergleichlichen Körper gegen langsam müde werdende Gegner zum Beispiel eine absolute Waffe. Gegen Brasilien trugen sich zudem alle 13 Feldspieler in die Torschützenliste ein.

Fäth gibt die richtige Antwort: Bei den Rhein-Neckar Löwen baute Trainer Nikolaj Jacobsen, bei der WM für die Dänen an der Seitenlinie, auf der halblinken Königsposition zuletzt fast nur noch auf Landsmann Mads Mensah Larsen. Doch Steffen Fäth gibt bei der Nationalmannschaft, wo er nach eigener Aussage das absolute Vertrauen von Prokop verspüre, die richtige Antwort. Mal mit Volldampf gerade durch die Lücke, mal mit zwei Schritten schräg zum Tor oder bislang auch sehr erfolgreich mit dem langen Weg auf halbrechts: Fäth ist gerade eine echte Stütze für den Europameister von 2016 (acht Turniertreffer).

Intaktes Verhältnis mit Prokop: Was wurde nach seinem ersten Turnier mit der Nationalmannschaft im Januar 2018 nicht alles über ihn geschrieben, viele kritische Stimmen forderten bereits Prokops Entbindung von seinen Aufgaben. Bei der Heim-WM liefert er bislang ab und zahlt das Vertrauen von DHB-Vizepräsident Bob Hanning zurück: Der 40-Jährige strahlt viel Ruhe aus, trifft in den Auszeiten den richtigen Ton und lässt die Mannschaft dabei an der langen Leine. Prokop zeigt damit, dass er sich nicht davor verschränkt, andere Ansätze an sich heranzulassen. "Was wollt ihr spielen?", fragte er während eines Timeouts gegen die Brasilianer. In der 42. Minute folgte im direkten Gespräch mit seiner Mannschaft die Aussage: "Ihr entscheidet, ob ihr in der 6:0 oder der 3:2:1 deckt."

Glamourös bis geschichtsträchtig: Die sechs WM-Spielorte